Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer
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150 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />
e<strong>in</strong>igen Stühlen, e<strong>in</strong>em Tische und zwei großen hölzernen Truhen; an<br />
der Decke befanden sich Schnüre, von welchen e<strong>in</strong>e Unzahl We<strong>in</strong>trauben<br />
herabh<strong>in</strong>gen.<br />
Da Yvenes nicht an der Hauptstraße liegt, auch die Zeit des Reiseverkehrs<br />
für <strong>Spanien</strong> noch nicht gekommen war, so befand sich der<br />
große Raum vor der Küche ziemlich leer; und zwei oder drei Maulthiere<br />
und vielleicht e<strong>in</strong> Dutzend Esel standen vor den Krippen, letztere<br />
träumend oder <strong>in</strong> stille Selbstbeschaulichkeit verloren, den Kopf tief<br />
herabhängend, e<strong>in</strong>s der langen Ohren abwechselnd gesenkt. Von den<br />
dazu gehörigen Arrieros, schönen, kräftigen Burschen, wie die <strong>in</strong> Orgaz<br />
beschriebenen, waren e<strong>in</strong>ige beschäftigt, Päcke abzuladen und die<br />
Sättel auf e<strong>in</strong>en Haufen zu werfen, andere aber hatten es sich an dem<br />
lodernden Herdfeuer schon bequem gemacht, rauchten Papiercigarren,<br />
und e<strong>in</strong>er trällerte e<strong>in</strong> Lied, wozu er auf e<strong>in</strong>er verstimmten Guitarre<br />
herumgriff. Der Ausdruck Herdfeuer ist eigentlich e<strong>in</strong>e unrichtige Bezeichnung,<br />
<strong>in</strong>dem sich <strong>in</strong> diesen Posaden nirgends e<strong>in</strong> Herd bef<strong>in</strong>det,<br />
vielmehr brennt das Feuer auf dem gepflasterten Boden, öfter aber auf<br />
e<strong>in</strong>em abgenützten Mühlste<strong>in</strong>e, der <strong>in</strong> die Erde e<strong>in</strong>gestampft ist.<br />
Unsere Wirth<strong>in</strong>, die Padrona, e<strong>in</strong>e wohlbeleibte Frau mit freundlichem,<br />
gutmüthigem Gesichtsausdruck – sie stemmte gerne ihre Arme <strong>in</strong><br />
die Seite – führte uns <strong>in</strong> das Schlafzimmer, und als wir uns dort unserer<br />
Manta’s und Gewehre entledigt hatten, ersuchte sie uns, die Disposition<br />
für unser Abendessen zu treffen, d. h. ihr unsere Wünsche hierüber<br />
mitzutheilen. Da aber immer noch e<strong>in</strong>e spanische Konversation außerordentlich<br />
schwierig für uns war, wir namentlich von den Benennungen<br />
der eßbaren Gegenstände nur sehr dunkle Begriffe hatten, so führte ich<br />
die Padrona <strong>in</strong> den Raum vor der Küche, wo ich beim <strong>E<strong>in</strong></strong>reiten e<strong>in</strong>ige<br />
sehr schätzenswerte Gegenstände erblickt; hier h<strong>in</strong>gen nämlich an<br />
der Wand e<strong>in</strong>e lange Reihe von rothen Feldhühnern, auch Hasen und<br />
e<strong>in</strong> ausgeweidetes Reh. Nachdem ich an dieser Stelle der Hauswirth<strong>in</strong><br />
unsern großen Hunger pantomimisch dargestellt, zeigte ich auf e<strong>in</strong>ige<br />
der Wildsorten, dann auf den Kessel am Feuer und gab ihr zu verstehen,<br />
me<strong>in</strong> Wunsch sei, daß e<strong>in</strong>ige dieser vortrefflichen Sachen ihren Weg<br />
dorth<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den möchten. Dazu wußten wir Eier, Chokolade, We<strong>in</strong> und<br />
Brod bei ihrem wahren Namen zu benennen, verwahrten uns feierlich<br />
KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 151<br />
gegen allen Ajo, d. i. Knoblauch, und wurden von der guten Padrona<br />
bestens verstanden.<br />
Da es draußen noch ganz hell war, so machten wir e<strong>in</strong>en Spaziergang<br />
durch das Dorf; es hat e<strong>in</strong> besseres Aussehen, als die meisten <strong>in</strong><br />
der großen Mancha; die Straßen waren mit kle<strong>in</strong>en Kieselste<strong>in</strong>en gepflastert<br />
und die niedrigen Häuser, welche flache Dächer hatten, mit weißer<br />
Farbe sauber angestrichene Glasfenster schienen hier als e<strong>in</strong> überflüssiger<br />
Artikel betrachtet zu werden, nur an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Gebäude,<br />
e<strong>in</strong>er Zeugwaarenhandlung, vor deren Thüre Manta’s und rothe Schärpen<br />
im W<strong>in</strong>de flatterten, sahen wir dergleichen; im Übrigen wurden die<br />
überaus kle<strong>in</strong>en Fensteröffnungen zur Nachtzeit e<strong>in</strong>fach mit hölzernen<br />
Läden verschlossen, blieben es auch wohl während des Tages, – und<br />
bei manchen Häusern sahen wir dies, – wo dann Licht und Luft durch<br />
die weit offenstehende Hausthüre <strong>in</strong>’s Innere drang. Von der <strong>E<strong>in</strong></strong>wohnerschaft<br />
von Yvenes bemerkten wir wenig, nur hie und da stand e<strong>in</strong>e<br />
Gruppe von Männern, alle <strong>in</strong> langen, meistens braunen Mänteln, Cigarren<br />
rauchend und plaudernd bei e<strong>in</strong>ander; K<strong>in</strong>der spielten frühjährlich<br />
auf der Gasse mit Ste<strong>in</strong>en und kle<strong>in</strong>en Hölzchen, und die Weiber und<br />
Mädchen schienen sich <strong>in</strong> die Wohnung zurückgezogen zu haben; nur<br />
zuweilen erschienen e<strong>in</strong> paar unter den Hausthüren, um uns neugierig<br />
nachzuschauen. Im Allgeme<strong>in</strong>en nahm sich Yvenes sehr still und öde<br />
aus, namentlich der Platz vor der Kirche, wo das Gras zwischen den<br />
Ste<strong>in</strong>en wucherte. Von dieser Kirche selbst ist nichts zu sagen, es war<br />
e<strong>in</strong> ziemlich großes Gebäude aus grauen Ste<strong>in</strong>en und <strong>in</strong> gar ke<strong>in</strong>em Style<br />
erbaut.<br />
Nach Hause zurückgekehrt, fanden wir unser Schlafgemach bestens<br />
hergerichtet, den Tisch mit e<strong>in</strong>em weißen Tuche gedeckt und die beiden<br />
großen Truhen, um ihnen e<strong>in</strong> Ansehen zu geben, mit farbigen Schürzen<br />
verhängt. Unser Abendessen war recht gelungen und hätte man es<br />
selbst unter andern Umständen vortrefflich nennen können; Feldhühner<br />
mit Reis, e<strong>in</strong>en geschmorten Hasen, Eier mit Sch<strong>in</strong>ken, dazu schneeweißes<br />
Brod und fast schwarzer We<strong>in</strong>, nicht zu vergessen die herrlichste<br />
Chokolade der Welt, wir tafelten königlich, und zu unserer vollkommenen<br />
Restauration von den Mühseligkeiten des Rittes fehlte nichts als e<strong>in</strong><br />
guter Schlaf, der aber auch so freundlich war, uns alsbald <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Ar-