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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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390 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

<strong>in</strong> der That der Hort se<strong>in</strong>er deutschen Landsleute ist. Seit längeren Jahren<br />

<strong>in</strong> Gibraltar, verheirathet mit der liebenswürdigen Tochter e<strong>in</strong>es reichen<br />

spanischen Hauses, f<strong>in</strong>det man bei ihm und ebenso im Hause se<strong>in</strong>er<br />

Schwiegereltern, der Familie L., die vollste spanische Gastfreundschaft,<br />

wie sie, fern von Zwang und beengender Etikette, nur eben diese<br />

noble prächtige Nation zu bieten vermag. Mitten <strong>in</strong> dem nüchternen Gibraltar<br />

ist das Haus des Herrn L. wie e<strong>in</strong>e Oase <strong>in</strong> der Wüste, e<strong>in</strong> Stück<br />

andalusisches Leben. Hier f<strong>in</strong>det man auch wieder den kle<strong>in</strong>en reizenden<br />

Patio mit frischem Wasser und blühenden Blumen, und <strong>in</strong> den gastlich<br />

geöffneten Sälen e<strong>in</strong>en Kreis blühender Töchter, die so freundlich<br />

waren, uns, die wir so schmerzlich an das für uns verlorene spanische<br />

Paradies dachten, durch vortrefflich vorgetragene andalusische Lieder<br />

das schöne Land wieder herbeizuzaubern.<br />

Herr Schott war so freundlich, uns zur Alameda von Gibraltar zu geleiten,<br />

<strong>in</strong>dem er uns lächelnd versicherte, die Schönheit derselben würde<br />

uns gewiß mit dem kalten Anblick der Stadt versöhnen, und dar<strong>in</strong><br />

hatte er vollkommen Recht. An den Festungsthoren, durch welche<br />

wir die Stadt auf der südlichen Seite erstiegen, sieht man noch deutlich<br />

den kaiserlichen Adler Karls des Fünften. In kurzer Zeit befanden<br />

wir uns außerhalb der eigentlichen Gräben und Wälle, an welche sich<br />

die Hafendämme mit ihren furchtbaren Batterien zu unserer Rechten<br />

anschließen, so e<strong>in</strong>e drohende Kette Geschütze des schwersten Kalibers<br />

bis zur Ostspitze bildend. Zwischen diesem Hafendamme und der<br />

rechts aufsteigenden Felsenwand bef<strong>in</strong>det sich nun die Fläche, welche<br />

der Paseo von Gibraltar e<strong>in</strong>nimmt. Der eigentliche Garten ist kle<strong>in</strong>, aber<br />

von wunderbarer Schönheit; e<strong>in</strong> sehr geschickter Gärtner hat das unten<br />

sanft gegen den Felsen ansteigende Terra<strong>in</strong> meisterhaft zu benutzen<br />

verstanden, überall verschlungene Wege angebracht, die jetzt durch<br />

Lorbeergebüsch, dann durch ungeheure Rosenlauben, deren e<strong>in</strong>e sich<br />

seltsamerweise über die weißen Rippen e<strong>in</strong>es Wallfisches wölbt, über<br />

zierliche Brücken h<strong>in</strong>weg von Terrasse zu Terrasse steigen, überall e<strong>in</strong>e<br />

neue herrliche Aussicht gewährend. Der untere Theil ist muldenförmig<br />

und e<strong>in</strong>e wahre Schale voll prachtvoller Pflanzen; Geranien, die wir bei<br />

uns ja nur <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Exemplaren haben, bildeten hier mannshohe Gruppen<br />

und lange Hecken, bedeckt mit blendenden purpurrothen Blumen;<br />

KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 391<br />

wie wild aus dem Grase wachsend, treiben Gladiolus ihre großen schönen<br />

Blüthenkolben <strong>in</strong> die Höhe, e<strong>in</strong>en glühenden Kranz um riesenhafte<br />

Aloen bildend, die mit dem Blaugrün ihrer Stachelblätter so angenehm<br />

zwischen der saftigen Farbe der Geranien und Lorbeeren hervorbrechen.<br />

Gegen die Ostspitze zu setzt sich die Alameda <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breiten<br />

Fahrwege fort, und das Eigenthümliche der ganzen Anlage hier am<br />

Ufer des Meeres wird noch erhöht durch die unzähligen Batterien, welche<br />

man an allen Orten zwischen dem blendenden Grün hervorblicken<br />

sieht. Der Gärtner hat die Kriegswerkzeuge auf die lieblichste und zierlichste<br />

Art mit <strong>in</strong> den Bereich der Anlagen gezogen. Wir betreten e<strong>in</strong>en<br />

sanft geschlängelten Pfad, der uns vielleicht zu e<strong>in</strong>er Rosenlaube führen<br />

kann, und treten plötzlich auf e<strong>in</strong>e Plateforme, mit blankgeputzten<br />

Achtundvierzigpfündern bedeckt. Dort durch’s Gebüsch schimmert auf<br />

weißem Kiesgrunde etwas, das wir für Ruhesitze halten; wir kommen<br />

näher und f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e Mörserbatterie, deren weite Mündungen uns drohend<br />

anschauen, vielleicht erschrecken könnten, wenn nicht Schl<strong>in</strong>gpflanzen<br />

und Geranien, die am Fuße der Lafetten wachsen, zierliche<br />

Ranken h<strong>in</strong>aufsendeten und mit ihren rothen und blauen Blüthen das<br />

kalte Eisen zu liebkosen schienen, ja es durch ihren Anblick freundlich<br />

stimmten.<br />

Die Alameda von Gibraltar ist e<strong>in</strong> völliger Geschützgarten, und mir<br />

kam häufig die Idee, als habe sie irgend e<strong>in</strong> alter General, e<strong>in</strong> eifriger<br />

Blumenliebhaber, so angelegt und die Batterien damit verwoben, weil<br />

er nun e<strong>in</strong>mal ohne den Anblick derselben nicht leben kann. Auf e<strong>in</strong>er<br />

kle<strong>in</strong>en Anhöhe im Garten steht das von Matrosen grotesk aus Holz geschnitzte<br />

lebensgroße Bildniß des Lord Wiot, des tapfern Vertheidigers<br />

von Gibraltar. Der Fahrweg durch den Pasto, dem starren Felsen abgerungen,<br />

zieht sich zwischen reizenden Landhäusern, meistens Wohnungen<br />

der englischen Offiziere, bald hie und da von grünen Gärten<br />

begränzt, bis zur östlichen äußersten Spitze des Felsens, wo man e<strong>in</strong>e<br />

prachtvolle Aussicht genießt, l<strong>in</strong>ks und rechts die gewaltige Meeresflut,<br />

vor sich die malerischen Berge der afrikanischen Küste <strong>in</strong> dunkel violetter<br />

Färbung.<br />

Auf dem Rückwege stieg Herr Consul Schott mit uns e<strong>in</strong> paar hundert<br />

Schritte den Felsen h<strong>in</strong>an und brachte uns zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en höchst

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