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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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204 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

die Hügel waren verschwunden, und der Gebirgszug, den wir heute<br />

Morgen schon gesehen, lag, wenn auch noch fernh<strong>in</strong>, im weiten Halbkreise<br />

vor uns, während wir auf e<strong>in</strong>er Hochebene ritten. – Der Alcazar<br />

von Jaen, sagte e<strong>in</strong>er unserer Begleiter, während er geradeaus zeigte.<br />

Dort konnte ich aber nichts entdecken, als e<strong>in</strong>en eigenthümlich geformten<br />

Höhenzug, und selbst das scharfe Auge unseres Malers war noch<br />

nicht im Stande, dort e<strong>in</strong> Mauerwerk von den Felsen zu unterscheiden.<br />

Um mich vor den Sonnenstrahlen zu schützen, befestigte ich me<strong>in</strong> Taschentuch<br />

nach Art der Bedu<strong>in</strong>en unter der Reisemütze auf dem Kopf,<br />

wie Los Moros, sagte der Arriero lachend. Hatte uns aber der unbewölkte<br />

Himmel und die heiße Sonne e<strong>in</strong>en beschwerlichen Tag gemacht, so<br />

färbte die letztere auch dafür, als es nun Abend wurde, die Bergketten,<br />

welche die alte Maurenstadt Jaen umgaben, auf wahrhaft entzückende<br />

Art. Da lagen sie vor uns <strong>in</strong> den prächtigsten malerischen Formen, <strong>in</strong><br />

Farben, wie man sie sich nur denken kann, aber nicht wiedergeben. Unten<br />

<strong>in</strong> den Schluchten tiefer Schatten, nur hie und da, wo Geste<strong>in</strong> zu<br />

Tage trat, gelbliche oder röthliche Flecken zeigend, höher h<strong>in</strong>auf e<strong>in</strong> tiefes<br />

Blau, das allmälig <strong>in</strong>s Violette überg<strong>in</strong>g, e<strong>in</strong>e prächtige Farbenmasse,<br />

nur zerrissen und malerisch gestört durch Schlagschatten vorliegender<br />

Hügel und Berge. Weiter h<strong>in</strong>auf aber wurde Alles heller, glänzender,<br />

brennender, und entzückt folgten die Blicke dieser Pracht, bis h<strong>in</strong>auf zu<br />

den Gipfeln der Bergkette, die uns das schönste Alpenglühen zeigten –<br />

Jaen im H<strong>in</strong>tergrunde des Kreises, welchen der Gebirgszug bildete, etwas<br />

erhöht am nördlichen Abhang desselben gelegen, mußte durch se<strong>in</strong>e<br />

Lage e<strong>in</strong>e schöne Aussicht haben auf die Hochebene und die Thäler,<br />

durch welche wir heranritten, sowie, vor der Mittagssonne geschützt,<br />

kühl und behaglich se<strong>in</strong>. Ja, sie haben es verstanden, die Alten, die Lage<br />

ihrer Städte zu wählen, und die e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genden klugen Mauren erkannten<br />

die Schönheit dieser Ansiedlung, bauten hier nach ihren Begriffen<br />

e<strong>in</strong>e königliche Residenz, und schmückten sie, sowie die umliegenden<br />

Höhen mit ihren zierlichen, phantastischen, reizenden Bauwerken.<br />

Wie müßte e<strong>in</strong> Nachkomme jenes verständigen, fleißigen Volkes trauern<br />

über den Verlust dieser herrlichen Stätten; wie müßte er se<strong>in</strong> Haupt<br />

verhüllen beim Anblick des zerstörten, e<strong>in</strong>st so prachtvollen Schlosses,<br />

das hoch über der Stadt auf dem Berge thront; über den Anblick der<br />

KAPITEL 17. JAEN. 205<br />

vielen zierlichen arabischen Brunnen am Wege, die größtentheils zerfallen<br />

s<strong>in</strong>d, auf sie, welche ehemals geheiligt waren und jetzt kle<strong>in</strong>en,<br />

halbnackten spanischen K<strong>in</strong>dern dazu dienen, mit Ste<strong>in</strong>en angefüllt zu<br />

werden.<br />

Über Jaen lag Rauch und Duft, und e<strong>in</strong> Strahl der s<strong>in</strong>kenden Sonne<br />

durch e<strong>in</strong> Seitenthal dr<strong>in</strong>gend warf e<strong>in</strong> gewaltiges Lichtmeer darüber<br />

h<strong>in</strong>. Bald darauf verblaßte dieses, ebenso wie das Alpenglühen, was uns<br />

so sehr entzückt. Die wie <strong>in</strong> Freude und Lust da stehenden Berge wurden<br />

plötzlich kalt und nüchtern; ihr lachender Anblick ernst, ja traurig.<br />

Angenehm für uns war es, daß die Nacht hier schon fast ohne Dämmerung<br />

here<strong>in</strong>bricht; denn kaum war auch der goldene Sonnenglanz am<br />

Himmel verblaßt, so zeigten sich schon hie und da glitzernde Sterne,<br />

vor allen aber Frau Venus grade über dem mächtigen Thurm des Alcazar’s<br />

stehend wie e<strong>in</strong>e treue Liebe, welche sich gleich bleibt, und auch<br />

den im Unglücke nicht verläßt, welchem sie <strong>in</strong> den Tagen des Glückes<br />

geleuchtet und gelächelt. Ach! und welch herrliche Zeiten mochte der<br />

schöne Stern da oben gesehen haben, wenn er niederblickte <strong>in</strong> die Räume<br />

des Schlosses, wo Musik erschallte, und die von Lichterglanz erhellt<br />

waren, und wenn er se<strong>in</strong> weißes Licht niederströmen ließ <strong>in</strong> die Gärten,<br />

wo des Königs Tochter wandelte, wo<br />

Tausend weiße Blüthenflocken<br />

Haben ihren Duft ergossen,<br />

während<br />

Pauken- und Drommetenjubel<br />

Kl<strong>in</strong>gt herunter von dem Schlosse.<br />

Ach! da war es herrlich <strong>in</strong> der Burg des stolzen, gewaltigen Mauren,<br />

und so kühl und e<strong>in</strong>sam an dem murmelnden Brunnen zwischen den<br />

Lorbeer- und Granatbäumen!<br />

Mit den weichen Liebesnetzen<br />

Hat er heimlich sie umflochten!<br />

Kurze Worte, lange Küsse,<br />

Und die Herzen überflossen.

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