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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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Kapitel 21<br />

Nach Gibraltar.<br />

Fahrt auf dem Guadalquivir. Anblick von Cadiz. Das Innere der Stadt. Puerto de Santa<br />

Maria. Das Schlachtfeld von Xerez de la Frontera. Ende des Königs Roderich. Xerez<br />

und se<strong>in</strong>e We<strong>in</strong>lager. Verpflanzung von Palmbäumen. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Morgenstunde <strong>in</strong> Santa<br />

Maria. Cette petite bateau. Der Schraubendampfer Don Manuel. Das Schlachtfeld von<br />

Trafalgar. Sturm und Regen. Tarifa. Durch die Säulen des Herkules. Anblick von Gibraltar.<br />

Englische Physiognomie der Stadt. Die Alameda. Der Garten des Schusters.<br />

Ritt durch die Felsgallerien und Batterien. Liebhabertheater.<br />

Wenn ich Tage lang und ganze Nächte auf spanischen Landstraßen<br />

auf die erbärmlichste Art zusammengestoßen wurde, mich freuend auf<br />

die elendeste Station, wo man doch e<strong>in</strong>e halbe Stunde lang, während<br />

umgespannt wird, als freier Mensch auf se<strong>in</strong>en eigenen Füßen herumlaufen<br />

darf, dabei wehmüthig den Lichtschimmer irgend e<strong>in</strong>es Hauses<br />

betrachtete und die wahrsche<strong>in</strong>lich ruhig und behaglich Schlafenden<br />

dort oben beneidete, so dachte ich mit wahrer Lust an das Ende dieser<br />

Mühen und Leiden im spanischen Eilwagen, an Sevilla nämlich, wo<br />

nicht nur die letzten Häuser stehen, sondern bis woh<strong>in</strong> auch für uns die<br />

letzten Eilwagen gehen, da von hier aus der Guadalquivir so freundlich<br />

ist, die Reisenden, die nach Cadiz wollen, auf se<strong>in</strong>em breiten Rücken zu<br />

befördern. Obgleich ich <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> bei so vielem, das ich verließ, traurig<br />

dachte: das ist auf Nimmerwiedersehen, so hatte mich doch, endlich<br />

<strong>in</strong> Sevilla angekommen, e<strong>in</strong> ganz anderes Gefühl beherrscht, und als<br />

ich die Thüre des für mich letzten spanischen Eilwagens zuwarf, dachte<br />

ich: Gott sei Dank, denen s<strong>in</strong>d wir entronnen! Jetzt freilich, nachdem<br />

schon e<strong>in</strong>e Zeit zwischen jenem Tage und heute liegt, kann ich selbst die<br />

Zeichnung e<strong>in</strong>es spanischen Eilwagens, wie er, im tollen Galopp von<br />

KAPITEL 21. NACH GIBRALTAR. 363<br />

acht Maulthieren gezogen, e<strong>in</strong>e Anhöhe h<strong>in</strong>abrast, mit e<strong>in</strong>er Art wehmüthiger<br />

Freude betrachten. So ist nun e<strong>in</strong>mal der Mensch, während<br />

die Er<strong>in</strong>nerung an Mühen und Leiden verblaßt, tritt das Andenken an<br />

heitere und glückliche Stunden immer leuchtender hervor.<br />

Um sechs Uhr fuhr das Dampfboot ab, das uns nach Cadiz br<strong>in</strong>gen<br />

sollte. Das Boot war eben so groß und auch fast so elegant wie die Rhe<strong>in</strong>dampfer.<br />

Ja, wenn man den Guadalquivir abwärts schaute, so konnte<br />

man sich lebhaft an die Heimath er<strong>in</strong>nert fühlen. War es doch gerade,<br />

als blicke man unterhalb Wesel gegen Holland h<strong>in</strong>ab; wie auch dort der<br />

deutsche Strom se<strong>in</strong>e klare grüne Farbe verloren hat, mit der er oben<br />

zwischen den Felsen des Rhe<strong>in</strong>gaues so freundlich prangt, so war auch<br />

se<strong>in</strong> spanischer Kollege nicht mehr derselbe klare Guadalquivir, über<br />

den wir bei Cordova <strong>in</strong> elender Fähre gesetzt, und wo wir nicht versäumt,<br />

unsere Hand durch die kühle, klare Flut rauschen zu lassen.<br />

Die Abfahrt des Dampfbootes g<strong>in</strong>g mit denselben Geschichten vor<br />

sich, wie wir das bei uns tausendmal gesehen haben, und das hatte wieder<br />

soviel an die Heimath Er<strong>in</strong>nerndes: das mit Koffern und Hutschachteln,<br />

Herren und Damen, Soldaten und Guardias civiles besetzte Verdeck,<br />

der stämmige Kapitän <strong>in</strong> blauer Jacke mit dem gewichsten Hute<br />

auf dem H<strong>in</strong>terkopf, der Schiffsjunge, der vorne die Glocke anschlug,<br />

sich vorher aber schnäuzte, wie ich dies <strong>in</strong> Köln am Rhe<strong>in</strong> so oft gesehen.<br />

Nachdem mehrere rührende Abschiede genommen waren, wobei<br />

e<strong>in</strong>ige Damen sehr laut schallende Küsse austheilten, wurde der Dampfer<br />

vom Ufer gelöst, die Masch<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>g an zu arbeiten, und nachdem wir<br />

<strong>in</strong> die Mitte des Stroms gelenkt, schwammen wir rüstig abwärts.<br />

Lebewohl Sevilla!<br />

Die spanischen Eilwagen blieben freilich h<strong>in</strong>ter uns, aber damit schien<br />

auch das ganze, liebe, herrliche Land hier <strong>in</strong> Sevilla se<strong>in</strong> Ende erreicht<br />

zu haben. Schlammgelb und trübe fließt der Guadalquivir dem<br />

Meere entgegen. Die Hügel, welche Sevilla umgeben, lassen wir bald<br />

h<strong>in</strong>ter uns, zu gleicher Zeit verschw<strong>in</strong>den die hellen, freundlichen Dörfer,<br />

und als wir an e<strong>in</strong>er Biegung bei den Orangenwäldern vorbeigefahren<br />

s<strong>in</strong>d, die uns noch vor e<strong>in</strong>igen Tagen mit saftiger Frucht und<br />

süßem Duft gelabt, wird die Gegend vor uns immer flacher und langweiliger.<br />

Rechts und l<strong>in</strong>ks sieht man fast nichts, wie Sand, Stoppelfelder

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