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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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294 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

lich waren und sich abwärts <strong>in</strong> die Schluchten h<strong>in</strong>ab bis zu tiefdunklem<br />

Blau färbten. Dabei wurde der Blick höchst selten erfreut durch etwas<br />

Grünes, e<strong>in</strong> paar magere Buchsbaumsträuche oder e<strong>in</strong>ige von den fe<strong>in</strong>gezackten<br />

Palmito’s. <strong>E<strong>in</strong></strong> freundliches Wasser sahen wir nirgends <strong>in</strong> der<br />

Tiefe; nur e<strong>in</strong>mal kamen wir an e<strong>in</strong>em Brunnen vorbei, der <strong>in</strong> den Felsen<br />

gehauen war, und sich <strong>in</strong> der Nähe e<strong>in</strong>iger elenden Lehmhütten befand.<br />

Unser Hombre tigre war heute nicht so lustig und redselig als gestern;<br />

besonders war se<strong>in</strong>e gute Laune gleich schon <strong>in</strong> der Frühe dadurch gestört<br />

worden, daß se<strong>in</strong> Maulthier e<strong>in</strong>en Fehltritt that, und obgleich es<br />

nicht selbst h<strong>in</strong>stürzte, doch unsere Nachtsäcke sammt Alonzo, der oben<br />

darauf saß, herabwarf. Von da an g<strong>in</strong>g der tapfere Andalusier häufig zu<br />

Fuß und spähte sorgsam auf den kahlen Berghöhen und <strong>in</strong> den tiefen<br />

Schluchten umher. Hier, zwischen Alcalà und Baena sei e<strong>in</strong> absonderlich<br />

verrufenes Stück Weges. In e<strong>in</strong> paar Stunden, erzählte er, kommen<br />

wir an die Stelle, wo sich Jose Maria häufig aufhielt, und wo noch vor e<strong>in</strong><br />

paar Jahren Caparota se<strong>in</strong> Wesen trieb. Das war auch e<strong>in</strong> famoser Kerl,<br />

me<strong>in</strong>te er. Den habe ich gesehen; aber nur, als er todt war, setzte er h<strong>in</strong>zu,<br />

da er unsere verwunderten Blicke sah. Er wurde von e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er<br />

Buben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Landhause bei Cordova im Schlafe erschossen.<br />

Ich war mit me<strong>in</strong>em Vater dort, und da alles Volk h<strong>in</strong>lief, so haben wir<br />

ihn uns auch betrachtet. Auf me<strong>in</strong>e Fragen gab er freilich zu, daß letztere<br />

Zeit hier <strong>in</strong> den Bergen ke<strong>in</strong> berühmter Name mehr aufgetaucht sei;<br />

doch erwiderte er mir achselzuckend: »Ihr habt allerd<strong>in</strong>gs Fl<strong>in</strong>ten und<br />

Messer bei Euch. Aber was wollt Ihr machen, wenn plötzlich so e<strong>in</strong> paar<br />

elende Rateros dort h<strong>in</strong>ter jenem großen Ste<strong>in</strong> hervorschauten und uns<br />

zuriefen: ›faz en tierra!‹ – Und was würdet Ihr thun, Alonzo? – Me<strong>in</strong>er<br />

Seel, erwiderte der Hombre tigre, ich würde mich nicht e<strong>in</strong>en Augenblick<br />

bes<strong>in</strong>nen, ihrem Wunsche zu willfahren; denn ehe Ihr das Gewehr<br />

vom Sattelhaken losreißt, hätte ich, der das Gepäck führt, schon e<strong>in</strong> paar<br />

Loth Blei im Leibe. Ne<strong>in</strong>, mit den Kerlen ist nicht zu spassen.<br />

Und er hatte nicht ganz Unrecht, der gute Alonzo. Bei e<strong>in</strong>em Terra<strong>in</strong>,<br />

wie das, durch welches wir ritten, wo man öfters nicht e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong><br />

Pferd wenden konnte, wäre es für e<strong>in</strong> paar Kerle e<strong>in</strong> Leichtes gewesen,<br />

uns vollständig auszurauben. Doch erlebten wir dieses Abenteuer nicht,<br />

wogegen sich unsere Straße jetzt mit jedem Schritte verschlimmerte. Zu-<br />

KAPITEL 19. NACH CORDOVA 295<br />

weilen kamen wir an Schluchten, wo es Wahns<strong>in</strong>n gewesen wäre, auf<br />

den Pferden sitzen zu bleiben, wo sich e<strong>in</strong> fast staffelförmiger Weg hier<br />

an der steilen Felsenwand h<strong>in</strong>ab und gegenüber ebenso wieder h<strong>in</strong>aufzog.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>mal mußten wir am Rande e<strong>in</strong>es solchen Défilé’s warten, bis<br />

e<strong>in</strong>e Eselheerde, die uns entgegenkam, zu uns h<strong>in</strong>aufgeklettert war. An<br />

e<strong>in</strong> Ausweichen war nicht zu denken.<br />

Gegen Mittag erreichten wir auf der Höhe e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Dörfchen, wo<br />

wir vom mitgenommenen Proviant unser D<strong>in</strong>er halten wollten. Doch<br />

ersuchte uns Alonzo, noch e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Stunde weiter zu reiten, bis zum<br />

Ufer des Pliego, der unten <strong>in</strong> der Tiefe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schattigen Schlucht fließe,<br />

wo es angenehm kühl sei und vortreffliches Wasser für die Thiere<br />

gebe. Wir ritten also weiter, und dort h<strong>in</strong>ab führte der Weg im wahren<br />

S<strong>in</strong>n des Wortes dachjähe. Ich ritt voraus und als ich an den wirklich<br />

sehr klaren und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schattigen Schlucht dah<strong>in</strong> ziehenden Fluß kam,<br />

trat me<strong>in</strong> Pferd so sicher h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, daß ich ihm unbed<strong>in</strong>gt den Zügel ließ.<br />

Obgleich ihm das Wasser bis an die Satteltaschen g<strong>in</strong>g, so hatte es doch<br />

e<strong>in</strong>e Furt gefunden, und ich wäre ohne allen Anstand h<strong>in</strong>über gekommen,<br />

wenn nicht das Thier <strong>in</strong> der Mitte des Flusses, angelockt von dem<br />

frischen fließenden Wasser, von welchem ich es saufen ließ, plötzlich<br />

den tollen Versuch gemacht hätte, sich niederzulegen. Glücklicherweise<br />

riß ich es noch empor und kam mit durchnäßten Stiefeln davon. Unser<br />

Baumeister hatte aber e<strong>in</strong> anderes, eigentlich komisches Unglück. Horschelt,<br />

Alonzo und ich waren schon auf der andern Seite des Flusses, als<br />

Le<strong>in</strong>s am Ufer ankam, neben se<strong>in</strong>em Pferde gehend. Auch hatte er den<br />

Zügel desselben nicht erfaßt und so lief das durstige Thier eilig <strong>in</strong> den<br />

Strom h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>en unglücklichen Reiter am Ufer stehen lassend. Horschelt,<br />

der noch im Sattel war, ritt wieder zurück, f<strong>in</strong>g das Pferd auf, und<br />

brachte den Reiter nach e<strong>in</strong>igen kle<strong>in</strong>en Schwierigkeiten mit herüber.<br />

Alonzo hatte unterdessen am aufsteigenden Ufer unsere kle<strong>in</strong>en Vorräthe<br />

ausgepackt, und so tafelten wir <strong>in</strong> angenehmer Kühle bei dem<br />

murmelnden Wasser, <strong>in</strong> welchem der vortreffliche Andalusier die Bota<br />

abgekühlt hatte. Hier gab er uns auch wieder Räubergeschichten zum<br />

Besten, und me<strong>in</strong>te, vor so und so viel Jahren würde es Niemand gewagt<br />

haben, sich an dieser Stelle ruhig nieder zu lassen. Hier nämlich sei<br />

der Liebl<strong>in</strong>gsplatz Jose Maria’s gewesen und hier hätte er die Maulthier-

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