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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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296 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

treiber ausgeraubt, die ohne großes Geleite des Weges zogen. Vom Ufer<br />

des Guadajoz wurde die Gegend etwas freundlicher. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Zeit lang ritten<br />

wir auf e<strong>in</strong>er Hochebene und sahen rechts und l<strong>in</strong>ks grüne Wiesen,<br />

vor uns ebenso, dort auch nach e<strong>in</strong>iger Zeit Olivenpflanzungen, umgepflügte<br />

Äcker, und endlich, nachdem wir uns auf e<strong>in</strong>en sanften grünen<br />

Hügel stark östlich gewandt, die Stadt Baena vor uns liegen. Hier wurde<br />

König Boabdil nach se<strong>in</strong>em verunglückten Angriff auf Lucena 1483<br />

gefangen genommen. Baena nahm sich nicht m<strong>in</strong>der stattlich aus, wie<br />

Alcalà, war ebenfalls an den Berg h<strong>in</strong>an gebaut, und auf der Höhe, über<br />

den Häusern empor, ragte e<strong>in</strong>e stattliche Kirche. Gern hätte unser Führer<br />

hier Nachtquartier gemacht, doch war es erst vier Uhr Nachmittags,<br />

die Sonne stand noch ziemlich hoch, und so konnten wir hoffen, nicht<br />

gar zu spät nach dem noch drei Leguas weiter entfernten Castro del rio<br />

zu gelangen, von wo dann unsere morgige Tagreise nach Cordova nicht<br />

gar zu lange und ermüdend wäre. In Baena hielten wir nur e<strong>in</strong>en Augenblick,<br />

und zwar so lange, bis die Bota wieder mit We<strong>in</strong> gefüllt war,<br />

denn das hatte sich der Hombre valiente, weil er nicht hier bleiben solle,<br />

ausbedungen.<br />

H<strong>in</strong>ter Baena behielt die Gegend den freundlichen Charakter bei, den<br />

sie auch schon vor diesem Orte hatte. Fruchtfelder, Wiesen, Olivenpflanzungen<br />

und lange Streifen saftiger grüner Gesträuche, die Stelle anzeigend,<br />

wo irgend <strong>in</strong> der Tiefe e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Wasser floß, wechselten mit<br />

e<strong>in</strong>ander ab. Da wir auf der Hochebene ritten, auf welcher Baena lag,<br />

so konnten wir Alles das auf dem sanft und lange, lange abfallenden<br />

Terra<strong>in</strong> weit h<strong>in</strong>aus übersehen. Ja, dort l<strong>in</strong>ks vor uns <strong>in</strong> der Tiefe, wo<br />

sich die blauen Berge ause<strong>in</strong>ander schoben, machte uns Alonzo auf die<br />

mit dem H<strong>in</strong>tergrunde fast verschwimmende Silhouette e<strong>in</strong>es Schlosses<br />

oder e<strong>in</strong>er Stadt, die auf e<strong>in</strong>em vere<strong>in</strong>zelten Bergkegel lag, aufmerksam.<br />

Es war wirklich e<strong>in</strong>e Stadt und zwar unser Nachtquartier, Castro del rio.<br />

Das sah von Weitem recht malerisch aus, hatte abar von hier aus gesehen<br />

e<strong>in</strong>e Ähnlichkeit mit Toledo und wir konnten hoffen, dort gut aufgehoben<br />

zu se<strong>in</strong>. Aber weit war es noch dorth<strong>in</strong>, recht weit. Wir kannten<br />

die trügerischen Entfernungen hier <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> und die Berghalde, auf<br />

der wir abwärts ritten, dehnt sich gewiß viele Stunden lang aus, denn<br />

sie zeigte <strong>in</strong> unzähligen Abstufungen unendlich viel Gegenstände h<strong>in</strong>-<br />

KAPITEL 19. NACH CORDOVA 297<br />

ter e<strong>in</strong>ander. Die Wiesen, die Äcker, die Waldungen, die grünen Streifen,<br />

kle<strong>in</strong>en Thäler und kle<strong>in</strong>en Hügel, mit dem sie bedeckt war, sowie die<br />

Olivenwaldungen und Buchsbaumgehölze, Alles das wiederholte sich<br />

abwechselnd immer fort und fort. Wenigstens konnte man diese Gegenstände<br />

ziemlich weit h<strong>in</strong>aus erkennen. Dann aber verblaßten die Farben<br />

und die Gränzen wurden undeutlicher. Feld und Wald floßen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ander<br />

und gaben Anfangs e<strong>in</strong>e unbestimmte grünliche Farbe; dann aber<br />

färbten sich dieselben violett, dann dunkelgrau, und nahmen weit, weit<br />

am Horizonte da erst e<strong>in</strong>e tiefblaue Farbe an, wo sich der Bergkegel erhob,<br />

auf dem sich die ebenfalls dunkelblaue Silhouette von Castro del<br />

rio erhob, <strong>in</strong> prächtiger satter Farbe, hie aber nur darum so erschien,<br />

weil der den Horizont begränzende Gebirgszug fast hell schieferfarbig<br />

war.<br />

Alonzo hatte bei dem wunderschönen Abend se<strong>in</strong>e frühere Munterkeit<br />

wieder erlangt, rauchte Papiercigarren, plauderte und sang <strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>em<br />

fort. Nachdem wir aber e<strong>in</strong>e halbe Stunde h<strong>in</strong>ter Baena waren, wurde<br />

er mit e<strong>in</strong>em Male auffallend still und zeigte auf drei Reiter, die vor<br />

uns herzogen. Den Kerlen traue ich nicht recht, me<strong>in</strong>te er. Wir müssen<br />

ihnen auf jeden Fall beweisen, daß wir gute Waffen führen und mit denselben<br />

umzugehen wissen. – »Und wie das, Hombre valiente? – Wenn<br />

wir sie erreicht, erwiderte er, so muß Jeder se<strong>in</strong> Gewehr vom Sattelhaken<br />

nehmen und es langsam laden, das sollen sie nur sehen. – Aber die<br />

Gewehre s<strong>in</strong>d ja geladen, erwiderten wir. – Thut nichts, sagte er, dann<br />

läßt man den sich den Ladstock h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>fallen, daß es tüchtig klappert,<br />

und sieht, ob der Hahn recht gut spielt. – Lachend thaten wir nach se<strong>in</strong>em<br />

Wunsche, nachdem wir die Vorreitenden erreicht. Das waren allerd<strong>in</strong>gs<br />

wild aussehende Bursche, ihre Pferde, das Sattelzeug mit der langen<br />

Fl<strong>in</strong>te schienen sich <strong>in</strong> gutem Zustande zu bef<strong>in</strong>den, die Kleidung<br />

der Reiter aber war e<strong>in</strong> Bischen abgerissen, die langen braunen Capa’s<br />

verblichen und fadensche<strong>in</strong>ig, und unter den keck aufgestülpten Hüten<br />

schauten uns trotzige, sonnverbrannte Gesichter an. Wir wünschten<br />

ihnen guten Abend, was sie erwiderten. Dann zogen wir bei ihnen vorüber<br />

und da sie viel langsamer ritten, ließen wir sie bald weit h<strong>in</strong>ter uns;<br />

dann erst athmete Alonzo sichtlich wieder auf und se<strong>in</strong> unerschöpfliches<br />

Mundwerk kam wieder frisch <strong>in</strong> Schwung. Das waren schlimme

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