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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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178 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

tation. Vor uns und zur Rechten war die Landschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiten<br />

Bogen durch die Anfänge der Sierra Morena begränzt, die nach e<strong>in</strong>em<br />

duftigen Morgen nun vom hellsten Sonnenlichte bestrahlt, <strong>in</strong> prächtigen<br />

dunklen Farben glänzten. Dabei war die Kälte des frühen Morgens<br />

verschwunden, Frühl<strong>in</strong>gslüfte umspielten uns, so daß wir bald unsere<br />

Manta’s ablegten. Am Fuße des Berges, den wir eben passirt, lag e<strong>in</strong><br />

freundliches Dorf, Moral de Calatrava, mit breiten, re<strong>in</strong>lichen Straßen,<br />

hübschen Häusern und spitzem Kirchthurm mit röthlichem Dache, der<br />

allerlei heimathliche Er<strong>in</strong>nerungen <strong>in</strong> uns erweckte. Felipe schlug vor,<br />

sich nach der harten Tour, die wir schon gemacht, hier durch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />

Frühstück zu restauriren und führte uns zu diesem Zwecke vor e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Posada, wo wir e<strong>in</strong>en vortrefflichen We<strong>in</strong>, sehr gutes Brod und<br />

e<strong>in</strong>e erträgliche Wurst fanden.<br />

Munter g<strong>in</strong>g es dann weiter <strong>in</strong> die Ebene h<strong>in</strong>aus, auf e<strong>in</strong>em breiten,<br />

sandigen Wege, der den Hufen unserer armen Thiere sehr wohl zu thun<br />

schien; wenigstens trabten sie lustig darauf los, h<strong>in</strong>ter dem unermüdlichen<br />

Felipe dre<strong>in</strong>, der uns mehr und mehr zur Eile antrieb. Die Straße<br />

führte über Wiesen, bei gut angebauten Fruchtfeldern vorbei, und hie<br />

und da zur Abwechslung am Rande e<strong>in</strong>es Baches, dessen Ufer mit Erlen<br />

und Weiden besetzt waren, und dabei lief der Weg immer <strong>in</strong> der sanftesten<br />

Wellenl<strong>in</strong>ie auf und ab, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Hügel befand sich am andern,<br />

was der ganzen Ebene e<strong>in</strong> eigenthümlich bewegtes, aber auch ziemlich<br />

langweiliges Ansehen gab. Übrigens ist dieß e<strong>in</strong>e bemerkenswerthe Fläche,<br />

reich an gutem We<strong>in</strong> und Getreide, namentlich <strong>in</strong> regnerischen Jahren<br />

und mit den ausgedehntesten und futterreichsten Weiden, welche<br />

zahlreiche Viehheerden nähren. Unfern von Moral el Calatrava fließt<br />

der Javallon der Guadiana entgegen, den Pl<strong>in</strong>ius schon als e<strong>in</strong> Wunder<br />

bespricht. Zwischen Alcaraz und Ossa de Montiel nämlich hat er se<strong>in</strong>en<br />

Ursprung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von Teichen, und ist dann, der hohen Berge<br />

wegen, wodurch er sich se<strong>in</strong> Bett gebrochen, e<strong>in</strong>e Stunde lang nicht<br />

mehr sichtbar, um plötzlich bei San Juan wieder zum Vorsche<strong>in</strong> zu kommen,<br />

weßhalb die Spanier sagen, er habe e<strong>in</strong>e so große Brücke, daß ganze<br />

Schafheerden auf derselben weiden könnten. Durch dieß weite, bald<br />

sandige, bald sumpfige Thal ritten wir nun fort, Stunde um Stunde, bis<br />

um Mittag, wo wir <strong>in</strong> weiter Ferne die Kirchthurmspitze von Val de Pen-<br />

KAPITEL 16. EIN RITT NACH ANDALUSIEN. 179<br />

as erblickten, nach dreitägigem, mühevollem Marsche das langersehnte<br />

Ziel unserer kle<strong>in</strong>en Tour, wo uns die Freunde vielleicht schon seit mehreren<br />

Stunden erwarteten.<br />

Hatje, Hatje! schrie Felipe immerfort und trieb zur Eile. – Noch e<strong>in</strong>e<br />

weitere Stunde und die Häuser von Val de Penas traten deutlich hervor,<br />

ebenso wie zu unserer Rechten die schönen Formen der Sierra Morena.<br />

Bald sahen wir auch die Landstraße l<strong>in</strong>ks auf den Höhen und konnten<br />

ihren breiten Streifen verfolgen, bis er <strong>in</strong> den Gassen von Val de Penas<br />

verschwand. Abermals e<strong>in</strong>e Stunde, da hatten wir die ersten Häuser des<br />

Ortes erreicht und unser edler Felipe, stolz auf die glücklich vollbrachte<br />

Reise, ritt nun im Schritt, den rechten Arm <strong>in</strong> die Seite gestemmt, der<br />

Hauptstraße zu, die – es war gerade e<strong>in</strong> Festtag – ziemlich belebt war.<br />

Val de Penas hat zwei anständige Fonda’s, <strong>in</strong> welchen die beiden L<strong>in</strong>ien<br />

der von Madrid kommenden Diligencen anhalten, weßhalb wir ungewiß<br />

waren, wo wir unsere Freunde f<strong>in</strong>den sollten. Als wir durch die<br />

Straßen ritten, betrachteten wir aufmerksam die Häuser und hofften immer,<br />

das lachende Gesicht unseres Baumeister Le<strong>in</strong>s irgendwo zu entdecken,<br />

der ja versprochen hatte, uns als pünktlichster Reisemarschall<br />

zu erwarten. – Vergebens. Wir erreichten die erste Fonda, ritten <strong>in</strong> den<br />

Hof und forschten zugleich, ob nicht gestern Abend oder heute Morgen<br />

e<strong>in</strong>ige Fremde angekommen seien. Es war Niemand da. Wir g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong><br />

die andere Fonda, die gegenüberlag – auch da Niemand. Man wird begreiflich<br />

f<strong>in</strong>den, daß uns das ziemlich verdrießlich machte, um so mehr,<br />

als man uns sagte, die Eilwagen von Madrid passirten Val de Penas gegen<br />

e<strong>in</strong>, zwei oder drei Uhr <strong>in</strong> der Nacht. So waren denn die sehnlichst<br />

erwarteten Freunde nicht e<strong>in</strong>getroffen und konnten im besten Falle erst<br />

morgen Früh ankommen. Wir kehrten <strong>in</strong> den ersten Gasthof zurück, wo<br />

wir unsere Pferde gelassen, und da wir dieselben nur bis hieher gemiethet<br />

hatten, wir auch auf alle Fälle warten mußten, so zahlten wir unsern<br />

Führer aus, beschenkten ihn aufs Beste, worauf der edle Felipe e<strong>in</strong>en<br />

herzlichen Abschied von uns nahm, um sogleich wieder nach Moral de<br />

Calatrava zurückzukehren.<br />

Unser Gasthof an der großen Straße nach dem Süden gelegen und<br />

zugleich Stationsort der hier sich kreuzenden Eilwagen hatte e<strong>in</strong>e fast<br />

großstädtische <strong>E<strong>in</strong></strong>richtung. <strong>E<strong>in</strong></strong> Kellner <strong>in</strong> runder Jacke, die Serviette auf

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