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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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280 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

endigen konnten, und wir blieben gerne so lange wie thunlich an dem<br />

Fenster, um auf die schöne Stadt bis zum Augenblick der Abreise h<strong>in</strong>abzublicken.<br />

Ja Granada ist herrlich, das Paradies der Erde, und man gew<strong>in</strong>nt<br />

es lieb, wenn man, wie wir, auch nur e<strong>in</strong> paar Wochen und noch<br />

dazu <strong>in</strong> der ungünstigen Jahreszeit hier verweilt. Auf dem Berge vor<br />

unsern Augen, der die Alhambra trägt, wird es heller und immer heller,<br />

so daß wir die Bergformen, die Bäume und endlich die stolzen rothen<br />

Thürme erkennen, und die alten prächtigen Mauern, zwischen denen<br />

wir so gerne umhergewandelt und wo wir manche kostbare Stunde verbrachten.<br />

Lebe wohl, Granada!<br />

Unten auf der Straße klirrten jetzt Pferdehufe auf dem Pflaster und<br />

gleich darauf öffnete unser getreuer ben Saken die Thüre, um von uns<br />

Abschied zu nehmen. Er brachte Jedem noch e<strong>in</strong>e Portion Papiercigarren,<br />

die wir zu se<strong>in</strong>em Andenken rauchen sollten. Dann übergaben wir<br />

ihm die zurückbleibenden Koffer, die er pünktlich zu besorgen versprach,<br />

und traten vor das Haus, um nach unsern Thieren zu sehen. Alles schien<br />

hier <strong>in</strong> Ordnung zu se<strong>in</strong> bis auf den Schimmel, den ich mir ausgesucht,<br />

und statt dessen man mir e<strong>in</strong>en Falben gebracht, von dem der Pferdevermiether<br />

und unser Begleiter, der uns <strong>in</strong> der Dunkelheit vorgestellt<br />

wurde, versicherte, es sei das erste Pferd der Christenheit, und gegen<br />

den Schimmel ausgetauscht worden, weil dieser heute Morgen etwas<br />

gelahmt. Am Ende war das auch gleichgültig und der Falbe sah ganz<br />

respektabel aus, doch hatte man ihm noch e<strong>in</strong>en andern Sattel aufgelegt,<br />

als den ich mir gestern ausgesucht, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es D<strong>in</strong>g, ungefähr die<br />

Mitte haltend zwischen e<strong>in</strong>em türkischen Sattel und e<strong>in</strong>em ungarischen<br />

Bocke und dabei so enge, daß ich mich auch mit dem besten Willen nicht<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zwängen konnte. Glücklicher Weise lag der Stall des Vermiethers<br />

auf unserem Wege, weßhalb wir ohne Zeitverlust e<strong>in</strong>en Umtausch bewerkstelligen<br />

konnten. Ben Saken gab uns bis hieher das Geleit und<br />

schaute noch e<strong>in</strong>mal nach, ob unsere Provision, bestehend <strong>in</strong> hartgesottenen<br />

Eiern, Sch<strong>in</strong>kenschnitten, Würsten, Brod und e<strong>in</strong>em Kruge We<strong>in</strong>,<br />

auch gehörig auf unseren Packthieren befestigt sei; dann reichte er uns<br />

schweigend die Hand und wir werden ihn wohl nie wieder sehen.<br />

Es ist auf den Landreisen <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong> äußerst nothwendig, sich mit<br />

KAPITEL 19. NACH CORDOVA 281<br />

e<strong>in</strong>igem Proviant zu versehen, wenn man nicht von Morgens früh bis<br />

Abends spät, d. h. von e<strong>in</strong>em Nachtquartier zum andern fasten will.<br />

Auf unserem Ritte durch die Mancha hatten wir schon die über alle Beschreibung<br />

ärmlichen Venta’s kennen gelernt, und da wir hier ebenso<br />

große Tagereisen hatten, so sahen wir uns vor.<br />

So ritten wir durch die noch immer stillen Straßen Granada’s, nur<br />

hier und da bemerkten wir e<strong>in</strong>en der Bewohner <strong>in</strong> Mantel und Hut an<br />

der Hausthüre stehend und aufmerksam den Himmel betrachtend. Nur<br />

wenige kle<strong>in</strong>e Laden, Kaffeeschenken oder Barbierstuben waren geöffnet,<br />

und man sah durch die offenstehende Thüre das Herdfeuer brennen<br />

oder die Leute ihr Tagewerk beg<strong>in</strong>nen. Von e<strong>in</strong>er Mantille oder von blitzenden<br />

Augen u. dergl. war noch ke<strong>in</strong>e Spur zu entdecken und so war<br />

es uns unmöglich, e<strong>in</strong>e der schönen Andalusier<strong>in</strong>nen mit e<strong>in</strong>em Gruß<br />

an das ganze reizende Geschlecht zu beauftragen.<br />

Durch die uralte maurische Puerta Elvira zogen wir <strong>in</strong>’s Freie; durch<br />

dasselbe Thor, zu welchem auch meistens die Mauren h<strong>in</strong>auszogen, um<br />

entweder im Zweikampfe oder <strong>in</strong> größern Gefechten den christlichen<br />

Rittern zu begegnen. Durch dieses Thor zog auch zuletzt der König von<br />

Granada, der schwache unglückliche Muley Boabdil, als das Volk bei<br />

se<strong>in</strong>er Unthätigkeit sich fast empörte und ihn so zwang, den Versuch<br />

zu machen, um Lucena wieder zu erobern, welches die Christen den<br />

Mauren abgenommen. Ja er zog h<strong>in</strong>aus, aber nicht um zu siegen, wurde<br />

vielmehr geschlagen, von Alonzo de Aguilar gefangen und vor den König<br />

Ferd<strong>in</strong>and gebracht, der ihn wohl wieder frei nach Granada entließ,<br />

aber unter Bed<strong>in</strong>gungen, die später den Untergang des Königreichs herbeiführten.<br />

Damals zogen die tapferen glänzenden Mauren durch dieselbe Puerta<br />

Elvira, unter der auch wir <strong>in</strong> diesem Augenblick ritten. Ich konnte<br />

mich nicht enthalten, aufwärts an das Gewölbe zu schauen, wo sich e<strong>in</strong><br />

hervorragender Ste<strong>in</strong> befand, gegen den die Lanze des Königs so heftig<br />

anstieß, daß sie abbrach, – e<strong>in</strong>e schlimme Vorbedeutung, die sich auch<br />

durch den unglücklichen Ausgang des Kampfes erfüllte.<br />

Das war vor so viel hundert Jahren und jetzt klirrten die Hufeisen<br />

unserer Pferde auf demselben Pflaster und es hallte der Thorbogen, wie<br />

er damals gethan. So gibt jeder Schritt <strong>in</strong> Granada, jede Straße, fast je-

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