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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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230 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

Vielleicht war es Profanation von uns, daß wir uns längere Zeit hier aufhielten,<br />

als <strong>in</strong> der Kirche, daß wir das Glas mit weißem We<strong>in</strong> kreisen<br />

ließen und ben Saken zuhörten, der uns e<strong>in</strong>e spanische Romanze sang,<br />

die vom Falle Granadas erzählte. Vielleicht; – doch kann ich versichern,<br />

daß der blaue Himmel über uns und das wuchernde Rosengesträuch<br />

zwischen den Ste<strong>in</strong>en und an den Wänden uns zu dankbareren Gefühlen<br />

gegen den aufforderte, der alles das werden ließ, als die seltsamen<br />

Marmorverzierungen <strong>in</strong> der Kirche, bei deren Anblicke nur e<strong>in</strong> Gefühl<br />

des Mitleids rege wird über den menschlichen Geist, der solches schaffen<br />

konnte.<br />

Von der Kathedrale kamen wir durch mehrere w<strong>in</strong>kelige Straßen auf<br />

den berühmten Platz von Vivarrambla, der <strong>in</strong> der alten Geschichte Granada’s<br />

e<strong>in</strong>e so bedeutende Rolle spielt.<br />

Sich erg<strong>in</strong>g der Maurenkönig<br />

Durch die Straßen von Granada<br />

Von den Thoren von Elvira<br />

Bis zum Thore Bivarrambla’s.<br />

Hier wurden von der Blüthe der maurischen Ritterschaft <strong>in</strong> Scherz<br />

und Ernst große Feste gefeiert, der Stier mit der Lanze gehetzt, auf raschen<br />

Pferden das Rohrspiel getrieben, oder man traf sich hier zum scharfen<br />

Kampfe auf Leben und Tod. Dann waren, wie uns die alten Geschichtschreiber<br />

erzählen, die Häuser des Platzes aufs Glänzendste verziert,<br />

mit Devisen und bunten Fahnen, vor Allem aber mit e<strong>in</strong>em Kranze<br />

schöner Damen, die sich r<strong>in</strong>gs auf den Balconen befanden und durch ihre<br />

feurigen Blicke die Kämpfer aufmunterten. Damals gab es unter dem<br />

obgleich schwachen, aber prachtliebenden König Boabdil noch mächtige<br />

Geschlechter <strong>in</strong> der Königsstadt, die aber statt geme<strong>in</strong>sam den andr<strong>in</strong>genden<br />

Christen entgegenzutreten, untere<strong>in</strong>ander hartnäckige Fehde<br />

hielten wie die Capuletti und Montecchi <strong>in</strong> Verona, und sich fast bei<br />

jedem öffentlichen Zusammentreffen reizten und dann blutig an e<strong>in</strong>ander<br />

geriethen. Es waren zwei mächtige Geschlechter, die Abencerragen<br />

und Zegri, die seit langen Zeiten sich gegenseitig haßten und welchen<br />

die andern berühmten Ritter Granada’s, die Alhamaren, Alabezen, Abenamaren,<br />

Gomelen und Gazulen anh<strong>in</strong>gen. Auch an Pracht der Waffen,<br />

KAPITEL 18. GRANADA. 231<br />

Pferde und Gewänder suchten sich diese Geschlechter zu überbieten,<br />

woher es denn auch wohl kam, daß bei den Kampfspielen und Stiergefechten<br />

hier auf der Vivarrambla e<strong>in</strong>e fabelhafte Pracht zur Schau<br />

getragen wurde. Von den Fahnen und Devisen, mit denen der Platz<br />

ausgeschmückt waren, hatten erstere die Farben der verschiedenen Geschlechter,<br />

letztere galten der Tapferkeit, dem Ruhme und der Schönheit<br />

und Herrlichkeit Granada’s.<br />

oder:<br />

Das ist nicht der Tod, durch welchen<br />

Hohen Namens Ruhm erlangt wird,<br />

Sondern e<strong>in</strong> glorreiches Leben,<br />

Fama soll den Ruf verkünden<br />

Von Granada, der so groß ist,<br />

Daß es sie unsterblich machet.<br />

auch hieß es an e<strong>in</strong>em andern Orte:<br />

Wahrer Adel nur bestehet<br />

In dem Trachten nach der Tugend;<br />

Wenn ihn Rechtlichkeit begleitet<br />

So gew<strong>in</strong>nt er Ruhm der Hoheit.<br />

Von der Pracht der Feste selbst sagte e<strong>in</strong>e andere Devise:<br />

Töne laut, des Ruhms Posaune,<br />

Und sie breche jedes Schweigen,<br />

Weit verkündigend die Große<br />

Dieser unsrer schönen Feste,<br />

Die mit solchem Glanz hervortritt.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong> arabischer Geschichtschreiber, Haben-Ham<strong>in</strong>, der <strong>in</strong> Granada geboren<br />

war und e<strong>in</strong>e Chronik se<strong>in</strong>er Vaterstadt bis zur Eroberung durch<br />

König Ferd<strong>in</strong>and schrieb, gibt die Beschreibung e<strong>in</strong>es großen Festes auf<br />

der Vivarrambla, welche nicht un<strong>in</strong>teressant für den Leser se<strong>in</strong> wird;

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