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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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322 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

er riesenhafter Thürme und man erkennt auch wohl noch e<strong>in</strong>en Theil<br />

der ehemaligen zierlichen Mauerkrönung, sowie e<strong>in</strong> paar zugemauerte<br />

arabische Fenster. Um den Fuß dieser Thürme hat irgend e<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>wohner<br />

der Stadt Schutt und Trümmer weggeräumt und dort e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />

reizenden Garten angelegt. Wie uns der Führer sagte, fand er nicht<br />

nur e<strong>in</strong>en Theil der arabischen Wasserleitung, sondern sogar die Spuren<br />

großer Marmorbass<strong>in</strong>s, die er re<strong>in</strong>igen und herstellen ließ; und wie sie<br />

heute da stehen <strong>in</strong> zu großen Verhältnissen für den kle<strong>in</strong>en Garten, <strong>in</strong><br />

länglich viereckiger Form, aus mächtigen Marmorquadern erbaut, alle<br />

kunstreich unter e<strong>in</strong>ander verbunden, so erkennt man wohl, daß es <strong>in</strong><br />

der That Überreste der ehemaligen Gärten des Alcazars s<strong>in</strong>d.<br />

Dieser Garten ist lieblich und mit vielem Geschmack angelegt, überall<br />

von den großen Bass<strong>in</strong>s gespeist, plätschert das Wasser hervor und<br />

befeuchtet die Citronenspaliere und Orangenbäume, die hier von allen<br />

rauhen W<strong>in</strong>den geschützt <strong>in</strong> seltener Üppigkeit gedeihen. Der freundliche<br />

Gärtner zeigte uns e<strong>in</strong>en eigenthümlichen Kohl, der <strong>in</strong> Stauden oder<br />

Bäumchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Jahren vier und fünf Fuß hoch gewachsen war. Er<br />

stand vertheilt zwischen Geranienbüschen und dunkellaubigen Granaten<br />

und stach mit se<strong>in</strong>en krausen Blättern von den verschiedensten blendenden<br />

Farben, gelb, roth, grün, blau, violett, prächtig von ihnen ab. Der<br />

Gärtner schenkte mir Samen davon, den ich später zu Hause pflanzte,<br />

aber nur kle<strong>in</strong>e Kohlstauden, freilich mit gefärbten Blättern, erzielte, die<br />

der erste kalte deutsche <strong>W<strong>in</strong>ter</strong> unerbittlich wieder h<strong>in</strong>wegraffte.<br />

Vom ehemaligen Walle, der den Alcazar umgab, ist noch e<strong>in</strong> Brocken<br />

stehen geblieben, von dem man auf den Guadalquivir niedersehen kann<br />

und auf die Gegend jenseits des Flusses. Auch dort entdeckt man zwischen<br />

dem Grün der Bäume arabische Ru<strong>in</strong>en aller Art, Reste von Thürmen,<br />

von Mauern, ja von verfallenen Gebäuden, an denen man noch<br />

die Spitzbogenform der Fenster erkennt. L<strong>in</strong>ks von uns sahen wir die<br />

geneigte Ebene, auf der wir von Granada herüber geritten waren, gerade<br />

aus führt e<strong>in</strong> ziemlich schlechter Weg die Höhe h<strong>in</strong>auf mit Umgehung<br />

von Granada nach Malaga. Zu unserer Rechten aber haben wir<br />

die prachtvolle Brücke, welche der zweite Kalif, Hirem I., <strong>in</strong> sechszehn<br />

Bogen über den Guadalquivir bauen ließ mit ihrem stark befestigten<br />

Brückenkopf, la callahorra, unter dessen Thorbogen gerade die spani-<br />

KAPITEL 19. NACH CORDOVA 323<br />

sche Diligence dah<strong>in</strong> rollte auf der schönen, aber staubigen Straße nach<br />

Sevilla, auf dem Wege, den auch wir wahrsche<strong>in</strong>lich morgen Abend machen<br />

werden, wenn wir nämlich das Glück haben, drei Plätze zu f<strong>in</strong>den.<br />

Der freundliche Wirth unseres Gasthofs, der uns liebgewonnen hatte<br />

und sich viel mit uns beschäftigte, namentlich mit unserem Baumeister,<br />

der ihm e<strong>in</strong>ige höchst wichtige Rathschläge über e<strong>in</strong> neu zu errichtendes<br />

Pumpenwerk ertheilte, hatte uns auf den Nachmittag und Abend<br />

zu e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Tertulla e<strong>in</strong>geladen, wo wir auf se<strong>in</strong>em Landhause, la<br />

arizafa genannt, Ort des Ergötzens, am Fuße der Sierra Morena, e<strong>in</strong>ige<br />

se<strong>in</strong>er Bekannten und auch sehr schöne Bekannt<strong>in</strong>nen, wie er lächelnd<br />

versicherte, kennen lernen sollten. Gegen drei Uhr g<strong>in</strong>gen wir zu Fuß<br />

h<strong>in</strong>aus, lange Zeit durch die stillen Straßen der Stadt, bei dem schönen<br />

Stierplatze vorbei.<br />

H<strong>in</strong>ter demselben fängt die Alameda an, die sich, mit zwei Reihen<br />

Bäumen bepflanzt, mit Bänken zum Ausruhen längs e<strong>in</strong>em Theil der<br />

alten Stadtmauer h<strong>in</strong>zieht, aber ohne große Bedeutung ist. Von ihr betraten<br />

wir die Ebene, welche Cordova umgibt und g<strong>in</strong>gen unter riesigen<br />

hundertjährigen Olivenbäumen auf e<strong>in</strong>em breiten, geschlängelten,<br />

sanft ansteigenden Sandwege gegen die niederen Ausläufer des Gebirges<br />

zu. Es war uns <strong>in</strong>teressant, seitwärts von unserm Wege den Pr<strong>in</strong>zen<br />

von Jo<strong>in</strong>ville mit se<strong>in</strong>er Familie zu sehen, welche zu Esel h<strong>in</strong>ausgeritten<br />

waren. Der Pr<strong>in</strong>z saß vor e<strong>in</strong>er Baumgruppe, welche e<strong>in</strong>en alten maurischen<br />

Thurm beschattete und zeichnete denselben. <strong>E<strong>in</strong></strong>e etwas traurige<br />

Beschäftigung für e<strong>in</strong>en Fürsten, der e<strong>in</strong> so bewegtes Leben geführt und<br />

der seit langen Jahren gewohnt war, auf se<strong>in</strong>er schnellen Fregatte das<br />

Weltmeer zu durchfurchen! Der Pr<strong>in</strong>z von Jo<strong>in</strong>ville war mit se<strong>in</strong>er Familie<br />

bei se<strong>in</strong>em Bruder, dem Herzog von Montpensier, <strong>in</strong> Sevilla gewesen<br />

und hielt sich jetzt schon vierzehn Tage hier <strong>in</strong> Cordova auf, dessen<br />

Stille und Ruhe ihm behagte.<br />

Wir erreichten das Landgut unseres Wirths <strong>in</strong> ungefähr e<strong>in</strong>er Stunde.<br />

Unterwegs erzählte er uns, es sei auf dem Platze erbaut, wo sich<br />

ehedem die unermeßlichen Gebäude und Gartenanlagen befanden, welche<br />

König Abderrhaman III. erbaute und nach e<strong>in</strong>er geliebten Gemahl<strong>in</strong><br />

Azara, Blume der Schönheit, benannte. Nach alten Beschreibungen<br />

mußte es e<strong>in</strong> wahrer Feenpalast gewesen se<strong>in</strong>, der selbst den Alcazar an

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