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Ein Winter in Spanien Zweiter Band - Friedrich Wilhelm Hackländer

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26 HACKLÄNDER: EIN WINTER IN SPANIEN<br />

verkäufer herum, der mehrere dieser Thiere an Stricken führte, während<br />

er e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Bulldogge aufrecht sitzend auf dem Arm trug; nun war<br />

aber die Physiognomie des letzteren se<strong>in</strong>em eigenen Gesicht auf e<strong>in</strong>e<br />

wahrhaft komische Art ähnlich; und so schritt er gravitätisch e<strong>in</strong>her mit<br />

dem ebenso ernst aussehenden Thiere. Grauenhafte Bilder der Armuth<br />

und des Elends bieten die alten Weiber, die an den Kirchthüren betteln.<br />

So reizend e<strong>in</strong>e jugendliche Spanier<strong>in</strong> ist, so ist hier das Alter häßlicher<br />

als irgendwo. Man hat oft Mühe, durch die Schaar dieser Weiber durchzukommen,<br />

und muß sich diese Passage jedesmal mit e<strong>in</strong> paar kle<strong>in</strong>en<br />

Geldstücken erkaufen.<br />

Am Prado liegt e<strong>in</strong> Palast, den Carl III. erbaute, den die Franzosen <strong>in</strong><br />

Trümmern zurückließen und der von König Ferd<strong>in</strong>and VII. mit e<strong>in</strong>em<br />

Kostenaufwand von sieben Millionen Realen wiederhergestellt und damit<br />

das neue Madrider Museum gegründet wurde, wo die Meisterwerke<br />

der Malerei, welche sich zerstreut <strong>in</strong> vielen königlichen Schlössern,<br />

namentlich aber im Escurial befanden, zusammengebracht wurden und<br />

nun die jetzige große Gallerie bilden. Der Palast, anfangs zu e<strong>in</strong>em naturhistorischen<br />

Museum bestimmt und demgemäß e<strong>in</strong>gerichtet, ist e<strong>in</strong><br />

langes, zweistöckiges Gebäude, so an den Bergabhang angelehnt, daß<br />

man durch den Portikus der schmalen Seite von der großen Rampe aus<br />

<strong>in</strong> das obere und eigentliche Hauptstockwerk gelangen kann.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>e weite Rotunde mit Oberlicht, deren Kuppel auf acht Granitsäulen<br />

ruht, liegt h<strong>in</strong>ter diesem Portikus und dann folgt e<strong>in</strong>e lange Gallerie<br />

mit Deckenbeleuchtung, um die her nach Außen vier große Säle mit Seitenlicht<br />

liegen.<br />

Im Erdgeschoß wiederholen sich diese vier von der Seite beleuchteten<br />

Säle. Den übrigen Raum nimmt die Treppe und die Antikensammlung<br />

e<strong>in</strong>, und wenn auch <strong>in</strong> Folge der früheren Bestimmung dieses Gebäude<br />

für se<strong>in</strong>en heutigen Zweck e<strong>in</strong>ige Wünsche übrig läßt, so ist es <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er ganzen Anlage und Ausstattung doch großartig und würdig, die<br />

reichen Schätze aufzubewahren, die man <strong>in</strong> dem Madrider Museum beisammen<br />

f<strong>in</strong>det. Die hiesige Gallerie ist allerd<strong>in</strong>gs nicht die zahlreichste<br />

der ganzen Welt, doch obgleich manche große Namen ganz fehlen, so<br />

ist sie jedenfalls die vorzüglichste. Fast jede Nummer ist e<strong>in</strong> Meisterwerk<br />

und da man wenig Mittelmäßiges und Schlechtes f<strong>in</strong>det, so bleibt<br />

KAPITEL 12. MADRID. 27<br />

man bewundernd bei jedem Schritte stehen. Welcher Reichthum ist hier<br />

<strong>in</strong> diesem Gebäude vere<strong>in</strong>igt! Die ersten Namen der Italiener, Spanier<br />

und Niederländer <strong>in</strong> ihren besten Werken. Leider aber ist die Madrider<br />

Gallerie, wie so vieles <strong>in</strong> diesem schönen Lande, nur für die genießbar,<br />

welche es möglich machen können, all das Schöne an Ort und Stelle<br />

aufzusuchen; denn von den wenigsten dieser wunderherrlichen Bilder<br />

s<strong>in</strong>d, mit Ausnahme der Publikation des verdienten Directors Madrazo,<br />

gute Abbildungen, sei es <strong>in</strong> Kupferstichen oder gemalten Copien im Inund<br />

Auslande vorhanden.<br />

Es ist durchaus nicht me<strong>in</strong>e Absicht, mich hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Beschreibung<br />

dieser Gallerie e<strong>in</strong>zulassen; ich b<strong>in</strong> dafür nicht Kenner genug und es bedürfte<br />

e<strong>in</strong>es eigenen Buches, um den Leser nur e<strong>in</strong>en Theil dieser Schätze<br />

kennen zu lehren. Im Ganzen hat die Sammlung jetzt über zweitausend<br />

Nummern, unter denen, was die spanische Schule anbelangt, von<br />

Murillo fünfzig, von Ribera dreiundfünfzig, von Zurbaran vierzehn, von<br />

Juanes achtzehn, von Velasquez zweiundsechzig. Ebenfalls reich vertreten<br />

ist Morales, Rizzi, Ribalda. Die großen Italiener repräsentirt Raphael<br />

mit zehn, Giordano mit fünfundfünfzig, Tizian mit dreiundfünfzig, und<br />

T<strong>in</strong>toretto mit siebenundzwanzig Nummern. Obgleich viele Bilder des<br />

Museums, die man zur Franzosenzeit nach Paris geschleppt, wieder zurückgegeben<br />

werden mußten, so sche<strong>in</strong>t man doch von den Landsleuten<br />

noch e<strong>in</strong>ige zurückbehalten zu haben, denn die französische Malerei ist<br />

am schwächsten <strong>in</strong> der Zahl. Freilich s<strong>in</strong>d immer noch e<strong>in</strong>undzwanzig<br />

Pouss<strong>in</strong>’s da, sowie fünf Bilder von I. Vernet und herrliche Claude Lorra<strong>in</strong>s.<br />

Von Deutschen begrüßen wir Albrecht Dürer mit zehn und Lucas<br />

Kranach mit zwei Bildern, auch an e<strong>in</strong>igen vortrefflichen Holbe<strong>in</strong>s erfreut<br />

sich das Auge; am zahlreichsten s<strong>in</strong>d die Gemälde der flämischen<br />

und holländischen Schule. Im Erdgeschosse s<strong>in</strong>d lange Säle damit angefüllt.<br />

Dort hängen alle<strong>in</strong> zweiundsechzig Bilder von Rubens und zweiundfünfzig<br />

von Teniers.<br />

In dem länglichrunden Mittelsaal des oberen Stockwerks, der rückwärts<br />

an die lange Gallerie angefügt und dessen Fußboden <strong>in</strong> der Mitte<br />

ausgeschnitten ist, um den im Erdgeschoße bef<strong>in</strong>dlichen Sculpturwerken<br />

Helle zuzuführen, bef<strong>in</strong>den sich, wie <strong>in</strong> der Tribuna der Florent<strong>in</strong>er<br />

Gemäldesammlung im Palazzo Degli Uffici, die Meisterwerke der be-

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