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Die meisten deutschen Minderheiten Lateinamerikas verzeichnen - wie nahezu<br />
überall auf der Welt - einen Rückgang der deutschen Sprache. Ursache dieses<br />
Rückgangs ist meist die Integration der - ehemals oft abgeschieden lebenden -<br />
Gruppen in die Mehrheitsgesellschaft, eine der Modernisierung des Landes folgende<br />
Assimilation, mit der sich alle Einwanderergruppen konfrontiert sahen.<br />
Spezifische Gründe für den Sprachwechsel der Deutschen zur Mehrheitssprache<br />
lagen bei den meisten Gruppen im Statusverlust des Deutschen in der<br />
Folge des Zweiten Weltkrieges. Dies vereint die deutschen Minderheiten in Lateinamerika<br />
mit denen in Ost- und Ostmitteleuropa: Die meisten Staaten, in denen<br />
Deutsche leben, sind Kriegsgegner Deutschlands gewesen - oder zumindest<br />
kurz vor Kriegsende noch geworden. Damit verbunden wurden die deutschen<br />
Minderheitenangehörigen von einer oft statushohen und prestigereichen Gruppe<br />
zu einer - zumindest phasenweise - subalternen Minderheit. Für viele deutsche<br />
Minderheiten stellte dies die entscheidende Zäsur ihrer Entwicklung dar. In einigen<br />
südamerikanischen Ländern war überdies die Kriegs- und Nachkriegszeit<br />
eine Zeit der „Nationalisierung“ (etwa unter Getúlio Vargas in Brasilien). Dies<br />
führte oft zu einem beträchtlichen Assimilationsdruck auf die Minderheiten. In<br />
anderen Ländern setzte während der Kriegszeit ein „Boom“ deutscher Vereine<br />
und Organisationen ein, der das Zugehörigkeitsbewußtsein zur deutschen Sprachgemeinschaft<br />
erhöhte und den Sprachwechsel vorübergehend noch einmal hinausschob.<br />
Die „Abrechnung“ mit dem Kriegsgegner Deutschland in der Nachkriegszeit,<br />
mit dem die Auslandsdeutschen berechtigt oder unberechtigt identifiziert<br />
wurden und die auch gelegentliche „Sprachverbote“ nach sich zog, leitete<br />
einen Niedergang deutscher Sprache und Kultur ein. Ein Rückgang der deutschen<br />
Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg ist bei den Deutschen in Chile, in Argentinien,<br />
zum Teil auch in Brasilien zu beobachten. Hiervon ausgenommen blieben lediglich<br />
die abgeschieden siedelnden Gruppen im Süden Brasiliens, die noch für eine<br />
längere Zeit fast homogen unter sich lebten, etwa vergleichbar den rußlanddeutschen<br />
Siedlungen in Westsibirien. Weitgehend „resistent“ gegen den äußeren<br />
sprachlichen Einfluß der Mehrheitssprache blieben auch die Mennonitenkolonien<br />
in Paraguay, in Mexiko und Belize. Die Grundlage ihrer Gruppenidentität war stets<br />
weniger die ethnische Zugehörigkeit als die religiös und kulturell bedingte Eigenständigkeit,<br />
die sich in lokaler Selbstverwaltung, eigenen Kirchengemeinden, eigenen<br />
Schulen zeigte. So wenig diese Glaubensgemeinschaften „von dieser Welt“<br />
sind, so wenig berührte sie die Statuspolitik des Staats.<br />
Ein Kennzeichen der Lage deutschsprachiger Gruppen in Lateinamerika ist - im<br />
krassen Gegensatz zu den meisten Minderheitengruppen in Osteuropa - die ständig<br />
aufrechterhaltene wirtschaftliche und sonstige Verbindung nach Deutschland. Diese<br />
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