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Aufgrund dieser relativen Untätigkeit wird der Name des Instituts heutzutage von<br />
einem breiten Publikum nicht mehr mit dem eines renommierten Kulturveranstalters<br />
assoziiert. Die Namen “ Martius” und “ Staden” sind ohnehin nur einer kleinen<br />
Minderheit geläufig, und bei “ deutschem Kulturinstitut” fällt den meisten Befragten<br />
– wenn überhaupt – nur das Goethe-Institut ein.<br />
Genau so klar wurde es der neuen Direktion alsbald, dass eine “ Marke”<br />
Martius-Staden sich nur durch eine konsequente und kontinuierliche Politik<br />
etablieren ließe, die sich in ihrem Marketing auf marktstrategische Prinzipien<br />
stützen würde. Dass dieses Unterfangen kein kurzfristig zu erreichendes Ziel<br />
sein würde, war selbstredender Konsens unter den an der Formulierung dieser<br />
neuen Politik Beteiligten.<br />
Bezüglich der Positionierung wurde zunächst eine klare Segmentierung und<br />
Definition des Zielpublikums vorgenommen. Dabei stellten sich recht schnell und<br />
eindeutig die für die Kulturverantaltungen des Instituts wesentlichen Segmente<br />
heraus: Die “ deutsche” Gemeinde São Paulos; die bereits erwähnten Schulgemeinden<br />
an den Begegnungsschulen; deutsche Firmen bzw. Firmen mit deutscher<br />
Kapitalbeteiligung; Universitäten (besonders solche mit einer speziell künstlerisch-musikalischen<br />
Ausrichtung); andere, nicht unbedingt deutsch-brasilianische<br />
Schulen, die im unmittelbaren Einzugsbereich der Veranstaltungsorte liegen;<br />
sowie allgemein die Bewohner derjenigen Stadtteile, die einen leichten Zugang<br />
zu den Veranstaltungsorten haben (in einer Riesenstadt wie São Paulo ein<br />
stets zu beachtender Faktor).<br />
Einem solch buntscheckigen, heterogenen Zielpublikum kann selbstverständlich<br />
keine deutsche Kultur “ von anno dazumal” präsentiert werden. Vielmehr<br />
müssen die Akzente auf zeitgemäße Kultur gesetzt werden, und hierbei sollte<br />
besonders der Gedanke des kulturellen Austausches im Vordergrund stehen.<br />
Oberstes Kriterium für die Zusammenstellung eines Veranstaltungskalenders sollte<br />
daher nicht, oder zumindest nicht in erster Linie, die Frage sein, ob der jeweilige<br />
Künstler, Musiker, Redner oder Wissenschaftler irgendetwas spezifisch “ Deutsches”<br />
anzubieten hat.<br />
Entscheidend für das Konzept des Veranstaltungskalenders ist der Gedanke<br />
oder, besser ausgedrückt, das Faktum der Plurikulturalität, wie es sich heute im<br />
Gefolge eindeutiger Globalisierungstendenzen weltweit äussert. Wenn schon<br />
die deutsche Gesellschaft einen Großteil ihrer einstmals homogenen Struktur<br />
verloren hat, war “ Homogenität” in einem Land wie Brasilien oder gar einer<br />
Stadt wie São Paulo nie ein Faktor. Genau so wie es müßig ist, darüber zu diskutieren,<br />
welche ethnische Gruppe nun das Gesicht São Paulos am stärksten geprägt<br />
hat (im Schmelztiegel der “ Dazugewanderten” sind im Grunde alle “ Mi-