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„Familiendörfern“ als Basis des sprachlichen Ausgleichs gänzlich anders strukturiert.<br />

Der tiefe Einschnitt des „Estado Novo“ führte zur künstlichen „Fossilisierung“<br />

der Sprachinseln im Dialekt. Jedoch stellt die „Diffusion“ des Hunsrückischen, das<br />

andere Varietäten verdrängt oder zum Teil sogar überdacht, unter diesen Umständen<br />

eine hochinteressante Entwicklung dar. Die sprachlichen Ausgleichsmechanismen,<br />

die diesem Prozeß zugrunde liegen, sind in den „Neuen Kolonien“ ein ebenso ergiebiger<br />

Untersuchungsgegenstand, wie sie es in den rußlanddeutschen Tochterkolonien<br />

in Sibirien und Mittelasien waren - mit einem entscheidenden Unterschied: Dialektale<br />

Ausgleichsprozesse sind in der Sowjetunion immer wieder gewaltsam abgebrochen<br />

worden. Zur Herausbildung einer echten Koine bzw. eines Ausgleichsdialekts konnte<br />

es nicht kommen. Heute sind die rußlanddeutschen Sprachinseln so labil, daß dialektale<br />

Heterogenität zum Sprachwechsel führt, da keine (deutsche) Überdachung<br />

und auch keine Verkehrsvarietät existiert. Was die deutschbrasilianischen Sprachinseln<br />

überdies spannend macht, ist die Tatsache, daß die Verbreitung des Hunsrückischen<br />

nach wie vor anhält, z.B. im brasilianisch-paraguayischen Grenzgebiet.<br />

Die Ausgleichsvorgänge laufen unter unseren Augen ab. Nach welchen<br />

Regularitäten vollziehen sie sich? Es wird von besonderem Interesse sein, zu verfolgen,<br />

welche Mischungsprozesse, aber auch welche koexistierenden Formen aus<br />

dem Zusammentreffen kompakter Sprechergemeinschaften resultieren: Dabei treten<br />

Prozesse der dialektalen Variation, des dialektalen Ausgleichs, des Dialektwandels<br />

und der sprachlichen Interferenz (mit dem Portugiesischen) auf, die analytisch<br />

von einander zu unterscheiden sind. Für die Untersuchung des Sprachkontakts<br />

mit dem (brasilianischen) Portugiesischen bestehen mit den von VARSUL<br />

bereitgestellten Daten, aber auch den dialektgeographischen Ergebnissen von<br />

Walter Koch und Cléo Altenhofen ausgezeichnete Voraussetzungen. Ein<br />

Forschungsdesiderat liegt in einem soziolinguistischen Vergleich der Entwicklung<br />

der drei wichtigsten Immigrantensprachen: des Deutschen, des Italienischen und<br />

des Japanischen.<br />

Argentinien hat seine Immigrantensprachen stärker assimiliert, vor allem im Zuge<br />

des wirtschaftlichen Aufschwungs seit der Zwischenkriegszeit. Die Verstädterung<br />

des Landes ist früher vorangeschritten als in allen anderen hier behandelten Staaten.<br />

Dies gilt besonders für das Gebiet am Rio de la Plata. Die erhaltenen wolgadeutschen<br />

Kolonien stellen ein besonders interessantes Untersuchungsfeld dar.<br />

Die eigenständige Weiterentwicklung der aus Rußland mitgebrachten Varietäten<br />

und ihr rußlanddeutsches „Pendant“ bieten sich zum Vergleich an. Das Projekt<br />

eines dialektorientierten Deutschunterrichts in den Kolonien bei Coronel Suárez<br />

könnte ein „Schule machendes“ Beispiel dafür sein, wie eine „dachlose Außenmundart“<br />

unter starkem Assimilationsdruck stabilisiert werden kann.<br />

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