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Neuland im Chaco und Volendam nördlich von Asunción. 1967 bis 1969 kamen sehr<br />
konservative Mennoniten (und Amische) aus den USA hinzu und gründeten drei<br />
Kolonien in Ostparaguay. Es handelt sich bei ihnen um zu Beginn des 18. Jahrhunderts<br />
aus der Schweiz und dem Elsaß in die USA ausgewanderte Englischsprachige<br />
(vgl. Ratzlaff 1989: 13). Bis in die 1980er Jahre sind weitere Gruppen von Mennoniten<br />
aus den USA, aus Mexiko und Belize und einzelne aus Brasilien eingewandert. Auch<br />
in der Hauptstadt haben sich zahlreiche Mennoniten niedergelassen.<br />
Siedlungsschwerpunkte sind jedoch vor allem der Chaco, in dem etwa die Hälfte<br />
der Mennoniten in 118 Dörfern leben, sowie Ostparaguay (die andere Hälfte der<br />
Mennoniten).<br />
Die Mennoniten haben die Kolonien nach Anfangsschwierigkeiten, besonders<br />
im Chaco, zu einer erstaunlichen wirtschaftlichen und kulturellen Prosperität geführt.<br />
Die Mehrzahl der Mennoniten Paraguays (57%) gehört heute zu den sogenannten<br />
„fortschrittlichen“ Mennoniten. Sie verfügen über ein ausgebautes Bildungswesen,<br />
das Primar- und Sekundarschulen und ein zweisprachiges Lehrerbildungsseminar,<br />
eine Landwirtschaftsschule sowie eine Behindertenwerkstätte<br />
und Kindergärten einschließt. Die Kolonien besitzen Krankenhäuser, Altenheime,<br />
Sozialstationen, Gästehäuser und Supermärkte. Die Kooperativen sind wirtschaftlich<br />
sehr erfolgreich und durch ein Vermarktungsnetz mit Filialbetrieben in Asunción<br />
verbunden: 50% aller Milchprodukte Paraguays werden von den Molkereien der<br />
Kolonien produziert (vgl. Ratzlaff 1996: 2ff). In den Kolonien existiert ein Wegenetz<br />
von 2.500 km Sandpisten. Es wird die Zeitung MENNO-BLATT herausgegeben und der<br />
Sender „La Voz del Chaco Paraguayo“ in Filadelfia (Fernheim) betrieben, der in<br />
neun Sprachen sendet (1996: 22% der wöchentlichen Sendezeit auf Deutsch, 65%<br />
auf Spanisch, 13% in mehreren Indianersprachen sowie auf Englisch).<br />
Bereits 1935 begannen die Mennoniten mit der Missionierung der Indianer. In<br />
der Umgebung leben zahlreiche indigene Gruppen, die neben Guarani verschiedene<br />
Indianersprachen sprechen, darunter am häufigsten Lengua, Chulupí (Nivaclé)<br />
und Ayoreo. Guarani ist heute zweite Landessprache in Paraguay und wird auch in<br />
der Schule, zumindest mit zwei Stunden in den ersten drei Klassen, unterrichtet. Die<br />
Mennoniten haben die indigene Bevölkerung in ihren Kooperativen angestellt; damit<br />
war zugleich ein Seßhaftwerdungsprozeß verbunden. Nachdem die Lager der<br />
Arbeiter sich in den 1970er Jahren zu regelrechten „Slums“ entwickelt hatten, wurde<br />
beschlossen, Land für die Indianer anzukaufen: 1995 lebten etwa 10.000 Indianer in<br />
zwölf Siedlungen auf etwa 150.000 ha. Land mit rund 1.400 eigenen Höfen (vgl.<br />
Klassen 1991: 187 u. 190). Heute gibt es 7.000 indigene und 4.000 „latein-paraguayische“<br />
Mennoniten. Unter den Indianern, die bei Mennoniten gearbeitet oder gelebt<br />
haben, gibt es mitunter „Plautdietsch“ -Sprecher.<br />
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