Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
wie auch für Brasilien festzustellen ist, ist in Argentinien zunächst nicht zu beobachten.<br />
Das Deutsche bleibt eine prestigereiche, statushohe Einwanderersprache.<br />
In den 1930er Jahren ändern sich die Bedingungen: Bereits vor der Machtergreifung<br />
Hitlers war es zur Gründung von NS-Gruppen in mehreren lateinamerikanischen<br />
Ländern gekommen, so u.a. 1929 in Paraguay, 1931 in Brasilien, Chile,<br />
Mexiko und Argentinien. Ihre unverhohlene Propaganda für die Ziele des Nationalsozialismus<br />
führte innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung Argentiniens<br />
zu einer tiefgehenden Spaltung. Das ARGENTINISCHE TAGEBLATT bezog für die Weimarer<br />
Republik Stellung, während sich Konservative und Monarchisten um die DEUTSCHE<br />
LA-PLATA-ZEITUNG sammelten, die - wie die meisten deutschen Vereine - im Rahmen<br />
der NS-Gleichschaltungspolitik von der NSDAP-Auslandsorganisation vereinnahmt<br />
wurde. Nach Boykottaufforderungen von seiten der deutschen Gesandtschaft<br />
Buenos Aires wurde das ARGENTINISCHE TAGEBLATT 1933 von der NS-Reichsregierung<br />
für Deutschland verboten. Die Verlegerfamilie Alemann erhielt 1939 zum fünfzigjährigen<br />
Jubiläum der Zeitung zahlreiche Glückwünsche aus deutschsprachigen<br />
Exilkreisen, z.B. von Sigmund Freud, Lion Feuchtwanger, Thomas Mann und Stefan<br />
Zweig. Mit Unterstützung der Verleger wurde 1934 die Pestalozzi-Schule als<br />
Gegenpol zu der zunehmend unter NS-Einfluß geratenen Goethe-Schule gegründet.<br />
Die Aktivitäten der NS-Auslandsorganisation stießen auf heftige Kritik seitens<br />
der argentinischen Regierung und führten 1939 zu einem Dekret, demzufolge es<br />
allen ausländischen Vereinigungen untersagt war, sich politisch zu betätigen. Dies<br />
rief selbst beim deutschen Auswärtigen Amt Beunruhigung hervor, legte man doch<br />
großen Wert darauf, daß Argentinien „dem Druck Nordamerikas und Englands<br />
nicht nachgeben, also im Ernstfall nicht auf der Seite unserer Gegner stehen“ dürfe<br />
(aus einer Rede Ribbentrops 1939; vgl. Bergmann 1994: 52). Dies war um so bedeutender,<br />
als Brasilien im Verlauf der Politik des „Estado Novo“ unter Getúlio Vargas<br />
bereits in Gegensatz zur NS-Politik gerückt war. Ein Aufruf zur Mäßigung an die NS-<br />
Landesgruppe in Argentinien und eine Umstrukturierung der Auslandsorganisation<br />
waren die Folge. Der Anteil von NSDAP-Parteimitgliedern an der Zahl deutscher<br />
Staatsbürger betrug 1939 2,4% in Argentinien, 3,3% in Brasilien, in Chile allerdings<br />
11,1%. Unter den Mennoniten in Paraguay führten die Aktivitäten des nationalsozialistisch<br />
gleichgeschalteten „Deutschen Volksbundes für Paraguay“ (DVP) zu einer<br />
tiefen Spaltung, die in dem Beitritt des 1937 gegründeten „Bundes Deutscher Mennoniten<br />
in Paraguay“ (BDMP) zum DVP ihren Ausdruck fand. Die Nationalsozialisten<br />
nutzten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in einigen mennonitischen Kolonien,<br />
die z. B. zur Abwanderung eines Drittels der Einwohner von Fernheim in die Tochterkolonie<br />
Friesland führten, sowie die Unzufriedenheit der Jugend für ihre Ziele aus.<br />
Überlegungen von einigen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen, lösten<br />
17