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Imigrante konkrete Pläne für die Digitalisierung und elektronische Speicherung<br />
sämtlicher seit Ende des 19. Jahrhunderts in den Einwanderungslisten des Museums<br />
registrierter Daten zu deutschstämmigen Einwanderern, 375.000 an der Zahl<br />
(die Realisierung des Projekts würde beide Institutionen, das Martius-Staden Institut<br />
und das Memorial do Imigrante, zu wahrhaften “ Centros de Memória”, also<br />
Zentralarchiven, machen, in welchen die kompletten Daten der nach São Paulo<br />
eingewanderten Immigranten deutscher Sprache zu finden wären).<br />
Um solch ambitionierte Projekte in der erwünschten Größenordnung zu verwirklichen,<br />
braucht man natürlich mehr als nur gute Kontakte und kooperationsbereite<br />
Partner. Die Finanzierung kann von der Fundação Visconde de Porto Seguro<br />
nicht allein geleistet werden. Letztere griff ohnehin bei der Mikroverfilmung des<br />
Zeitungsarchivs (vgl. Teil 1) und der Konzertreihe “ Cantos do Som” schon äußerst<br />
großzügig in die Tasche.<br />
Ohne potente Sponsoren aus der Wirtschaft oder dementsprechende Ressourcen<br />
aus der deutschen Bundeskasse wird es, daran besteht wohl kein Zweifel, bei<br />
vielen Projekten nicht gehen. Das Institut versucht daher, sich bei den deutschen<br />
Großfirmen in São Paulo und andernorts die nötigen Mittel zu verschaffen. Wichtige<br />
Hilfestellung leistet hier die brasilianische Gesetzgebung, die für Kulturprojekte<br />
mit hohem öffentlichen Nutzen die Möglichkeit steuerlicher Abschreibung vorsieht.<br />
Trotz dieser sehr günstigen Voraussetzungen, die den Firmen im Grunde ein<br />
kostenloses Marketing ermöglichen, ist die Zahl derer, die als Sponsoren aktiv sind,<br />
äußerst gering. Zuverlässige Schätzungen gehen davon aus, dass unter dem Strich<br />
bestenfalls 1% der Betriebe, die die gesetzlich garantierten Vergünstigungen in Anspruch<br />
nehmen könnten, tatsächlich als Kultursponsoren aktiv sind. Leider handelt<br />
es sich bei der Mehrzahl der Projekte um ausgesprochene Großveranstaltungen<br />
mit rein kommerzieller Ausrichtung.<br />
Für das Martius-Staden Institut tut sich hier ein offensichtliches Problem auf.<br />
Das Institut hat, wie bereits weiter oben erwähnt, nicht den Namen oder die “<br />
Marke”, um investitionsfreudigen Sponsoren die erwünschte Visibilität in den Medien<br />
zu garantieren. Ohne “ Marke” wird es nur schwerlich Sponsoren für seine<br />
Projekte anziehen. Ohne diese aus der Privatwirtschaft kommenden Zuschüsse<br />
sind allerdings auch die Projekte nicht zu realisieren. Und ohne diese Projekte, hier<br />
schließt sich der Kreis, wird das Institut nicht die nötige Visibilität erzielen, sprich,<br />
nicht in der Lage sein, seine “ Marke” fest zu verankern.<br />
Es wird nicht leicht sein, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Andererseits darf<br />
sich das Institut durch die hier skizzierten Probleme nicht entmutigen lassen. Man<br />
muss auf die Karten “ Konstanz”, “ Kontinuität” und “ Kohärenz” setzen, den Kontakt<br />
zu anderen Kulturzentren vertiefen, mit diesen gemeinsame Projekte ange-