NATION UND SPRACHE
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Forum Sonderaspekte verbaler Kommunikation Doina Sandu / Doris Sava<br />
Kommunikationseinheiten verdeutlicht werden, indem das Augenmerk auch auf die Beschreibung<br />
von Satzphraseologismen gerichtet wird. Verbale Stereotype oder satzwertige<br />
Phraseologismen/Satzphraseologismen auch Satzidiome (in der Fachliteratur auch unter<br />
folgenden Termini angeführt: kommunikative Formeln, Routineformeln, kommunikative<br />
Phraseologismen, pragmatische Idiome, situationelle Redewendungen, situationsgebundene<br />
Stereotype)(Lüger 1998, Wotjak 1996; Wotjak./Richter 1993; Fleischer 1982; Sandu 1993;<br />
Heller 1980; Burger 1973; Hessky/Ettinger 1997, Lüger 1989) sind weitverbreitete standardisierte<br />
fest stehende Formeln, Bemerkungen, Ausrufe, mit oder ohne Satzstruktur, die uns<br />
die Sprache für bestimmte Situationen gebrauchsfertig zur Verfügung stellt und die als Signale<br />
in bestimmten pragmatischen Situationen fungieren. Sie sind nach Kühn (1992, 415) “funktionsbezogen”<br />
zu beschreiben und werden als ‘festgeprägte Sätze’ in verschiedenen Kommunikationssituationen<br />
geäußert. Das Definitionskriterium für diese Erscheinungen, das alle Autoren<br />
benutzen, ist ihre Bindung an einen bestimmten Typ von Situation. Es handelt sich folglich um<br />
komplexe Ausdrücke, die eine starke kontextuelle Bindung aufweisen und deren Gebrauch<br />
weitgehend aus den gegebenen Kommunikationsbedingungen erklärbar ist. Ebenfalls als vorgeprägte<br />
Einheiten der Kommunikation sind hier Konstruktionen anzuführen, die sich als<br />
Phraseoschablonen, Aphorismen, Sentenzen, Maximen, Sinn- und Sittensprüche, Zitate, geflügelte<br />
Worte, Sprichwörter, Sprüche, Gemeinplätze, Wellerismen bezeichnen lassen. Als intentional<br />
verwendbare Einheiten sind sie funktional vollständig. Das Kriterium der funktionalen<br />
Vollständigkeit ist nach Lüger (1989) bei der Klassifizierung der Erscheinung „Stereotypie“ relevant.<br />
Gesprächsanalytisch untersucht werden zunächst feste nichtsatzwertige Wortverbindungen,<br />
die das sprachliche Miteinander-Umgehen, das Sprachverhalten der Kommunikationsteilhaber<br />
thematisieren, auf Strategien der Gesprächsführung und der Rollenübernahme hinweisen, die<br />
darauf hindeuten, wie Gesprächspartner ihre verbalen Reaktionen gegenseitig interpretieren.<br />
Hier müssen z.B. die zahlreichen Phraseologismen mit den Komponenten sprechen/Sprechen,<br />
Sprache, reden/Rede/Gerede, sagen/Sagen, sowie Wort, Mund, Mundwerk, Maul, Maulwerk,<br />
Mühle/Mühlwerk, Schnabewel, Zunge, Lippe angeführt werden. Andererseits werden satzwertige<br />
Phraseologismen präsentiert, mit deren Verwendung unterschiedliche Handlungen vollziehbar<br />
sind. Allgemein betrachtet, handelt es sich um Beschreibungen der Vorgehensweisen der Gesprächsbeteiligten<br />
bei der Gesprächssteuerung und -gestaltung. Dabei kann der Aussagewert<br />
von Phraseologismen festgelegt werden, ihre Wirkung im Sprachgebrauch.<br />
Der Sprachgebrauch stellt den Sprachteilhabern eine Anzahl von variablen Ausdrucksmöglichkeiten<br />
zur Verfügung. Gemäß der Absicht des Sprechers werden durch die Sprache<br />
Inhalte vermittelt mit dem Ziel, etwas zu bewirken, zu verändern, zu erreichen, zu veranlassen.<br />
Dieselbe sprachliche Mitteilung lässt sich auf verschiedene Weise in Worte kleiden. Sprechen<br />
als soziales Handeln erfolgt in einem sozialen Kontext und impliziert eine Reihe von Faktoren.<br />
Im Verlauf des Gesprächs wechseln die Beteiligten ihre Rolle untereinander, d.h. die Initiative in<br />
der Entwicklung und im Verlauf eines Gesprächs geht von einem Kommunikationspartner zum<br />
anderen über. Die wechselnde Rollenübernahme ist Teil der Gesprächsdynamik. Auf einen<br />
Initiativenwechsel/-austausch und damit auf die Rederechtübernahme weisen u. a. folgende<br />
Phraseologismen hin: jmdm. das Wort geben/erteilen, sich zu Wort melden, jmdm. das Wort aus<br />
dem Mund(e) nehmen, jmdm. ins Wort/in die Rede fallen, jmdm. das Wort entziehen/verbieten,<br />
jmdm. das Wort abschneiden, um das Wort bitten, das Sagen haben, den Takt angeben. Der<br />
Rollenwechsel im Gespräch wird von unterschiedlichen Faktoren mitbestimmt. Er geht auch<br />
davon aus, je nachdem ob die Kommunikationsteilnehmer gleichberechtigt, sozial gleichgestellt<br />
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ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003