NATION UND SPRACHE
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Verb und Aussage: Elemente eines integrierten Valenzmodells<br />
a) Eine explizite Kopfmarkierung in Form einer Personalendung ist universal nicht nötig.<br />
Ostasiatische Sprachen sind trotz fehlender Verbflexion pro-drop:<br />
16 zh Zhangsan kanjian Lisi le ma? (Roberts 1997: 154)<br />
Zhangsan see Lisi ASP Q ASP: Aspektmarkierung<br />
‘Did Zhansan see Lisi? Q: Fragemarkierung<br />
kanjian le (eine mögliche Antwort)<br />
see ASP<br />
‘He saw him’<br />
Pro-drop-Sprachen scheinen entweder eine reiche Verbmorphologie zu haben oder gar<br />
keine (Zushi 2003). Wenn man mit Tesnière ide. Personalendungen zum Subjekt rechnet, sind<br />
ostasiatische Sprachen die eigentlichen pro-drop-Sprachen.<br />
a) Auch eine Sprache wie das Deutsche, die im Konstativsatz obligatorische Makrorealisierung<br />
eines valenziell vorgesehenen Subjektelementes besitzt, ist umgangssprachlich<br />
pro-drop:<br />
17 Bin gleich wieder da.<br />
Die beiden Punkte unterminieren m.E. die syntaktische Relevanz von pro-drop und lassen es<br />
als ein pragmatisches, wenn auch in pro-drop-Sprachen stark normiertes, Phänomen erscheinen.<br />
4.2 Weitere Mikrorealisierungen<br />
Nicht nur das Subjekt kann mikrovalenziell realisiert werden. Betrachten wir kurz ein Beispiel<br />
der oben angesprochenen Verdopplungen von Dativ- und Akkusativergänzungen in Form<br />
von unbetonten Pronomen im Rumänischen (Engel & Savin et al. 1983: 33):<br />
18 Petre l-a salutat pe profesor.<br />
‘Peter hat den Lehrer gegrüßt.’<br />
Im Valenzlexikon deutsch-rumänisch heisst es dazu „Die Verdopplung hat mit der Valenz des<br />
Verbs überhaupt nichts zu tun.“ (ebd.: 33) Tatsächlich ist es dieselbe E, die zweimal realisiert<br />
wird: Am makrovalenziellen Satzbauplan ändert sich deshalb nichts. Die klitische Realisierung<br />
der E am Kopf der Phrase, dem Verb, ist vielmehr ein Phänomen der strukturellen Valenzrealisierung,<br />
hier als markierte, an gewisse Bedingungen gebundene Struktur. Zu beachten ist,<br />
dass Mikrovalenz verschiedene Formen besitzen kann: Klitika sind natürlich weniger eng an das<br />
Verb gebunden als Flexive.<br />
Nichols und Ágel fassen auch adverbiale Präfixe als Kopfmarkierungen bzw. mikrovalenzielle<br />
Realisierungen auf:<br />
19 Wir montieren die Reifen (an das Auto) an.<br />
An sei eine Mikrorealisierung der Direktivergänzung. Adverbiale Verbpartikel sind aber nicht<br />
mit Personalendungen gleichzusetzen:<br />
20 Wir montieren die Reifen an es an.<br />
ist keine emphatische Realisierung wie 12 und 13, obwohl die Direktivergänzung zweimal<br />
phorisch verwirklicht wäre. Die Lösung könnte darin gesehen werden, dass die Partikel an nur<br />
ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />
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