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NATION UND SPRACHE

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Nation und Sprache<br />

Brot bei den Phrygern bedeutete, räumte man den Phrygern den ersten Platz als ältestes Volk<br />

ein. 22 Man wußte damals noch nicht, daß die ersten Sprachübungen der Kinder auf Nachahmung<br />

beruhen und das beginnend mit den ersten Lebenswochen.<br />

Spracherwerb und Sprachbarrieren bestimmen weitgehend das intellektuelle und soziale<br />

Schicksal jedes Einzelnen, wie es heute mit der wieder aufgenommenen Diskussion um Integration<br />

und Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit auch als Problem in der öffentlichen Diskussion<br />

neu thematisiert wird. In fast allen Staaten ist der Erwerb der Staatsangehörigkeit mit<br />

dem Erlernen der Landessprache verknüpft (so müssen z.B. Deutsche, die in die Schweiz einwandern<br />

eine Prüfung in Schweizerdeutsch machen). Leider sind in der Bundesrepublik bis jetzt<br />

keine bindenden Standards erarbeitet worden. Die Beherrschung der Landessprache ist aber<br />

notwendig, will man keine Unterklasse schaffen, die von dem sozialen und kulturellen Leben<br />

eines Staates ausgeschlossen ist. 23<br />

In Europa erfolgte die Identifizierung mit der eigenen Nationalsprache über die Ablösung<br />

des Lateinischen und Französischen, vor allem in öffentlichen und wissenschaftlichen Texten. 24<br />

Heute läßt sich gerade bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Texte wiederum eine Veränderung<br />

beobachten. Diese erscheinen meist in Englisch. Deutsche Wissenschaftler veröffentlichen<br />

50-30% ihrer Texte generell in Englisch, vorherrschend auf den Gebieten der Naturwissenschaft<br />

und Wirtschaft. Aber auch in den Geisteswissenschaften wird das Englische zur<br />

vorherrschenden Wissenschaftssprache. Das mag viele Gründe haben, einer liegt bestimmt in<br />

dem Fortschritt der Informationstechnologie in den USA, so daß die Präsenz in weltweit angebotenen<br />

Datenbanken und auch im Netz sehr oft einen Text in Englisch oder Amerikanisch<br />

erfordert. 25<br />

Im 19. Jahrhundert gab es keinen Zweifel darüber, daß die Sprache der Briten ein Herrschaftsinstrument<br />

weltweit wurde, ob sie nun durch Kaufleute, Missionare, Verwalter oder die<br />

Armee vertreten wurde. 26 Das Englische breitete sich durch die Kolonialmacht Großbritanniens<br />

und die Politik des Dominiums weltweit aus, so daß sie auch außerhalb des angelsächsischen<br />

Raumes - USA, Australien Kanada - zur Staatssprache wurde, so z.B. in Singapur oder zur vorherrschenden<br />

Sprache der Oberschicht, der Kaufleute, der Wirtschaft und der Banken wurde.<br />

Englisch ist heute die Lingua Franca vieler Länder und Gebiete. Der Vergleich der Sprachen auf<br />

Grund einer hohen Anzahl von Menschen, die diese Sprache sprechen, verstellt den Blick. Sowohl<br />

Chinesisch als auch Spanisch werden von einer größeren Anzahl von Menschen gesprochen<br />

als Englisch. Deutsch ist die auf dem europäischen Kontinent am meisten verbreitete<br />

Sprache. Trotzdem erreichen diese Sprachen keine dem Englischen vergleichbare kulturelle und<br />

wirtschaftliche Stellung.<br />

22<br />

Herodot: Historien. Deutsche Gesamtausgabe. Übersetzt von A. Horneffer. Neu hrsg. und erl. von H. W. Haussig mit<br />

einer Einl. von W. F. Otto. 3. Aufl. Stuttgart 1963, S. 99f.<br />

23<br />

Großbritannien und die angelsächsischen Länder haben zu diesem Problem ein entspanntes Verhältnis. Das zeigt sich<br />

zum Beispiel auch daran, daß der British Concil alle offiziellen Besucher, die auf Grund des Kulturabkommens nach<br />

England eingeladen wurden, einer informellen Sprachüberprüfung unterzogen wurden.<br />

24<br />

Manfred Görlach, a.a.O., S. 615.<br />

25<br />

Die erste Veröffentlichung meiner Tochter Ruth Simon erfolgte in den USA im Rahmen einer renommierten historischen<br />

Zeitschrift der University of Virginia, die mit Hilfe eines von der Bundesregierung geförderten Projekts elektronisch<br />

angeboten wird.<br />

26<br />

Vgl. dazu Görlach, a.a.O., S. 616.<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />

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