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NATION UND SPRACHE

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Frauensprache - Männersprache. Fragebogenuntersuchung<br />

Die meisten Studenten verstanden darunter Schimpfwörter, Vorurteile gegenüber den Frauen<br />

(z.B. Alle Frauen sind…, Frauen gehören hinter dem Kochtopf, Sie sind nur hinter dem Geld<br />

her usw.), eine Sprechweise, die Frauen als dem Mann untergestellte, niedrig entwickelte Wesen<br />

darstellen würde, dumme Witze, grobe Bemerkungen über die Frauen, unterdrückende, demütigende<br />

Bemerkungen (z.B. ich habe dich nicht gefragt, du weißt das sowieso nicht, warum<br />

mischst du dich ein, das hier ist Männersache, nichts für dich, usw.). Das könnte auch die Sprache<br />

der Männer sein, wodurch sie ihre Erstrangigkeit betonen und die Frauen wegen ihrer Mutlosigkeit<br />

oder Dummheit verspotten würden (z.B. Witze: der Typ der blonden Frau). Eine<br />

Studentin betrachtet diesen Sprachgebrauch nicht frauenfeindlich sondern eher männerorientiert.<br />

4 der Befragten haben auf diese Frage nichts geantwortet.<br />

Peter Braun 9 unterscheidet vier Arten frauenfeindlichen Sprachgebrauchs:<br />

1. „Sprache, die Frauen ignoriert und ausschließt“ (sie werden nur mitgemeint), zum Beispiel:<br />

Sehr geehrte Herren, Liebe Kollegen<br />

2. „Sprache, die Frauen immer in Abhängigkeit vom Mann darstellt, als zweitrangig und<br />

untergeordnet“, zum Beispiel Thomas Mann und Frau Katja, Herr Meier mit Frau (statt<br />

Frau M. und Herr M.)<br />

3. „Sprache, die Frauen nur in traditionellen Rollen mit den sogenannten weiblichen Eigenschaften<br />

und Verhaltensweisen darstellt“ (Hausfrauen, Ehefrauen, Mütter), zum<br />

Beispiel: Fräulein Sell, Hausfrauenpflicht<br />

4. „Abwertende Sprache, durch die, Frauen degradiert werden“, zum Beispiel: das schwache<br />

Geschlecht, Dienstmädchen.<br />

508<br />

Schlussfolgerungen<br />

1. Die Auswertung der Fragebögen hat ergeben, daß die Frauensprache- Männersprache<br />

eine starke Reaktion in den Studenten hervorgerufen hat, da die meisten gestanden haben, daß<br />

sie sich nur wenig oder überhaupt keine Gedanken bisher darüber gemacht haben, daß die<br />

Frauen anders als die Männer sprächen, was sie auch in vielen Bereichen benachteilige und<br />

diskriminiere. Sehr gut empfand ich auch die Tatsache, daß 20 Männer an dieser Fragebogenuntersuchung<br />

beteiligt waren und somit ihre Meinungen dazu schreiben konnten, so daß die<br />

Ergebnisse objektiv und ausschlaggebend ausgewertet werden konnten. Auch die Tatsache, daß<br />

unter den Befragten 26 Studenten der ungarischen Minderheit waren, half mir sie zu<br />

provozieren eine Parallele zu ihrer Muttersprache zu machen und ihre Meinungen zu sagen, wie<br />

das in der ungarischen Sprache aussieht, ob man auch dort von einer Frauensprache- Männersprache<br />

überhaupt reden kann.<br />

2. Vom Standpunkt der Fachliteratur und ausgehend von den Meinungen der Studenten<br />

kann ich behaupten, daß sich die Benachteiligung von Frauen in den meisten sozialen Bereichen<br />

auch in der Sprache spiegelt. Sie ist aber schwer zu erfassen, weil das Sprachverhalten<br />

durch die Sozialisation tief verinnerlicht ist und erst bewußt gemacht werden muß. Diesbezüglich<br />

wird nicht selten von Gewalt, Macht, Kontrolle und Herrschaft gesprochen. Zwischen Frauen<br />

und (Unter-)Schichtensprache wird oft eine Analogie gesehen, die weder soziologisch noch<br />

linguistisch haltbar ist. Daß Frauen anders sprechen als Männer ist ein Indiz für die gesellschaftliche<br />

Privilegiertheit der Männer. Es geht also darum, die Privilegiertheit der Männer<br />

und damit auch den Sexismus in der Sprache aufzudecken, und eine Emanzipation in Richtung<br />

auf eine „weibliche“ Sprache zu erreichen. Das Geschlecht stellt also eine der wichtigsten<br />

soziolinguistischen Variablen in allen Sprachen dar.<br />

9 P. Braun 1993: Tendenzen der deutschen Gegenwartssprache, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, Berlin, Köln, S. 58.<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003

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