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NATION UND SPRACHE

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MALTRÄTIEREN DER ZIEL<strong>SPRACHE</strong>:<br />

Kreativität in der Übersetzung relativer Aausgangssprachkenntnisse<br />

(L. N. Tolstoi, Die Kindheit)<br />

Petru Forna / Misiriantu Sanda<br />

„Kreativität” in der Übersetzung ist, obwohl von einigen Autoren verwendet, ein fremdes<br />

Wort in der Übersetzungswissenschaft. Derart fremd, daß das Stichwort „Kreativität” in der<br />

Arbeitsbibliographie Übersetzen (D. LEHMANN 1982) fehlt. Aber auch heute noch gilt dieser<br />

Begriff als „terra incognita”, so wie die Stichwörter „Problemlösung”, „Entscheidungsprozeß”<br />

und „Intuition” (W. WILSS 1988). GUILFORD, der als Begründer der Kreativitätsforschung gilt<br />

(1950), hat darauf aufmerksam gemacht (1968), daß die Kreativitätsforschung noch immer ein<br />

problematisches Gebiet der Psychologie mit einer Vielzahl verschiedener Forschungsmethoden,<br />

Forschungsperspektiven und Forschungsziele sei. Inzwischen hat sich an dieser Situation nichts<br />

Entscheidendes geändert. Kreativität ist noch immer ein smoke-screen-Begriff; dies hängt u.a.<br />

auch damit zusammen, daß klare begriffliche und definitorische Unterscheidungen zwischen<br />

Kreativität, Produktivität, Originalität und Imagination fehlen (SCHOTTLAENDER 1972; McFAR-<br />

LAND 1985). W. WILSS (1988), führt in diesem Zusammenhang aus:<br />

1. Wenn wir unser gegenwätiges Wissen über Kreativität zusammenfassen, können wir, vereinfacht<br />

formuliert, folgende Feststellungen treffen: Kreativität hat etwas mit Intelligenz zu<br />

tun, aber daraus die Gleichung „höherer Intelligenzquotient = höherer Kreativitäts-Quotient“<br />

abzuleiten ist nach den Erkenntnissen der Kreativitätsforschung falsch.<br />

2. Eine „creatio ex nihilo“ gibt es nicht; Kreativität ist, wie Intuition, immer wissens- und<br />

erfahrungsbasiert; sie setzt ein bestimmtes Maß an Problemverständnis voraus und artikuliert<br />

sich im Entwurf und in der Durchführung von Verhaltensplänen. Augenfällig ist die Wissens-<br />

und Erfahrungsbasiertheit kreativer Handlungsweisen in sog. „brain storming“-Diskussionen.<br />

3. Kreativität ist immer zielgerichtet und wertorientiert; Kreativität ist also nicht identisch<br />

mit einer ziellosen, wertindiffernten Originalität. Kreativität ist so etwas wie eine irrationelle,<br />

nicht mechanisierbare Form der Rationalität. Aber sie ist nicht identisch mit einem „ungesteuerten<br />

Luxurieren“ der Phantasie.<br />

4. Es gibt ganz unterschiedliche Manifestationen der Kreativität, z.B. künstlerische, wissenschaftliche,<br />

technische, organisatorische, didaktische, theoretische und praktische Kreativität.<br />

Ein „kreativitätsübergreifendes“ Merkmal ist die Fähigkeit zur „innovatorischen“, „nichtbehavioristischen“<br />

Kombination von bislang unverbundenen Ideen und Sachverhalten. Nicht<br />

einmal Chomsky ist es geglückt, einen kohärenten, überzeugenden Begriff sprachlicher<br />

Kreativität zu entwickeln. Es ist deshalb kein Zufall, daß er Kreativität einmal „a mysterious<br />

ability“ genannt hat.

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