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NATION UND SPRACHE

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Klaus Fischer<br />

eine Teilmikrorealisierung der Direktivergänzung darstellt: an repräsentiert den Kontakt, nicht<br />

den Gegenstand, mit dem der Kontakt stattfindet. Nicht umsonst sind PP exozentrisch.<br />

4.3 Appositive Interpretation<br />

Nichols und Ágel verbinden mit der Mikrovalenz in pro-drop-Sprachen eine auf F. Boas’ Analyse<br />

amerikanischer Sprachen 5 fußende funktionale Interpretation, die sich gegen die<br />

Kongruenzinterpretation richtet. Die Personalendung sei phorisch-deiktisch, da sie allein die<br />

Referenz sichern kann. Werde ein Subjekt realisiert, sei dieses appositiv zur Personalendung:<br />

494<br />

21 Puer laborat. ‘der/ein Junge arbeitet’<br />

––––––→<br />

„Apposition“ Personalendung sichert Referenz<br />

Die appositive Interpretation ist m.E. aus einer Reihe von Gründen nicht haltbar 6 :<br />

Laborat für sich kann nur eine definite, nicht eine indefinite Referenz besitzen. Für eine indefinite<br />

Lesart ist immer ein Makrosubjekt oder eine Passivkonstruktion nötig:<br />

22 Aliquis laborat. / Laboratur.<br />

‘jemand arbeitet’ / ‘es wird gearbeitet’<br />

Eine funktionale Teilung zwischen indefiniter und definiter Subjektphrase ist aber absurd.<br />

b) NP referieren, sobald sie im Redefluss auftreten. Ein Hörer des Lateinischen würde mit<br />

der Referenz von puer nicht warten, bis das Verb auftritt.<br />

c) Es ist unwahrscheinlich, dass sich bei einem Registerwechsel wie z.B. dem ins „Telegrammdeutsch“<br />

die funktionalen Bezüge im Satz verändern.<br />

Ich möchte der appositiven Sichtweise den Versuch einer einheitlichen funktionalen der ide.<br />

Verbflexion in Form eines Imperativs gegenüberstellen:<br />

„Suche nach einem valenzkonformen Subjekt“, ausführlicher: „Suche nach einer valenzkonformen<br />

Subjektphrase im Kotext oder, wenn nicht vorhanden, nach einem passenden<br />

Subjektreferenten im Kontext zwecks Formung einer Aussage (die zu verschiedenen Sprechakten<br />

benutzt werden kann)“. Diese Funktionsbestimmung der finiten Verbflexion hat den Vorteil, dass<br />

sie sowohl auf Sprachen mit obligatem Subjekt und auf pro-drop-Sprachen passt. Die finite<br />

Flexion verändert nicht ihre Funktion je nach Typ der Valenzrealisierung.<br />

5. Die Aussagedimension<br />

Bisher haben wir das Wesen der Valenz als Sachverhaltskonstitution bestimmt. Dies ist die<br />

lexikalische Forderung nach Valenzpartnern, die ein Verb mit dem entsprechenden Nomen teilt:<br />

laufen → der Lauf (vgl. Eichinger 1995). Verben haben aber auch eine grammatische Bedeutung,<br />

die sie von anderen Wortarten unterscheidet. Diese grammatische Bedeutung wurde in der VT<br />

meist nicht explizit benannt. Sie besteht darin, Aussagen zu ermöglichen (vgl. Bossong 2001).<br />

Unter Aussage verstehe ich das Einbringen eines Sachverhaltsentwurfs in einen Satz. Der<br />

Terminus ist sprechaktneutral gemeint. In diesem Sinne beinhalten auch Fragen und Anweisungen<br />

„Aussagen“, d.h. jeweils wird ein von der Verbsemantik bestimmter Sachverhaltsent-<br />

5 Boas 1911: 29, s.a. 74f.<br />

6 Genaueres in Fischer (2003b). Zur Referenzialität und (In-)Definitheit von Personalpronomen, personalen Affixen<br />

(Klitika) und Personalflexiven vergleiche Lyons 1999, insbesondere 26-32, 311; Corbett 2003: 173, 184f. und Mithun<br />

2003: 239ff.<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003

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