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NATION UND SPRACHE

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Ein deutsch-rumänisches Austriazismenlexikon …<br />

(2) Wörter, die in deutsch-rumänischen Lexika zwar vorkommen, jedoch lediglich mit deren<br />

bundesdeutschen Bedeutungspalette, wobei etwaiige zusätzliche österreichische Bedeutungsvarianten<br />

in der Beschreibung fehlen, z.B.: anschließen, das im deutsch-rumänischen Wörterbuch<br />

der Akademie nur mit den Bedeutungen 'festmachen; verbinden; folgen lassen' – auch mit<br />

dessen reflexiver Bedeutung – vorkommt, jedoch ohne die für die österreichische Behördensprache<br />

typische zusätzliche Bedeutung 'anfügen, beilegen (etwa Unterlagen)'.<br />

(3) Wörter, die hauptsächlich in Österreich verwendet werden, somit als "reine Austriazismen"<br />

zu bezeichnen sind, in den gängigen deutsch-rumänischen Wörterbüchern jedoch bestenfalls<br />

die Markierung reg. (= regional/Regionalismus) haben. Der Wörterbuchbenutzer bekommt<br />

somit dabei gar keine Information darüber, dass das betreffende Wort als typisch österreichisch<br />

zu verstehen ist zum Unterschied von anderen Lemmata, die gleichfalls die Markierung<br />

reg. haben, die aber norddeutsch, west- oder ostmitteldeutsch oder sonstwie sind (vgl.<br />

die Einträge Buchtel und Schmetten im Wörterbuch der Akademie: in beiden Fällen steht in<br />

Klammern der Vermerk reg., man erfährt aber nicht, dass der erstere österreichisch, der letztere<br />

ostmitteldeutsch ist).<br />

(4) Es fällt auf, dass bei vielen typischen Austriazismen in den meisten bisher in Rumänien<br />

erschienenen Wörterbüchern überhaupt keine diatopische Markierung steht, also kein Vermerk<br />

über den nur auf Österreich beschränkten Gebrauch – etwa beim Verb beheben i.S.v. 'Geld<br />

abheben', so dass der darauf nicht vorbereitete Benutzer den falschen Schluss ziehen kann,<br />

diese Bedeutung sei gesamtdeutsch. Aber ein im nordwestlichen Teil des deutschen Sprachraums<br />

lebender Sprecher verwendet beheben nur im Zusammenhang mit Fehlern. Solche<br />

Wörter werden in unserem Lexikon selbstverständlich zu Austriazismen gezählt und als solche<br />

behandelt.<br />

(5) Wörter, die im Österreichischen mit anderen Wortbildungsmitteln als im bundesdeutschen<br />

Sprachraum gebildet bzw. gebräuchlich sind, z.B. im Falle der Komposita andere<br />

Fugenelemente (Rindsbraten vs. Rinderbraten, aufnahmsfähig vs. aufnahmefähig), bei<br />

Derivaten andere Suffixe usw. (Ausbildner vs. Ausbilder, Wissenschafter vs. Wissenschaftler,<br />

Wörter auf -hältig/-haltig, -färbig/-farbig usw.), oder Wörter, die sich in ihrer grammatischen<br />

Beschaffenheit von ihren bundesdeutschen Entsprechungen unterscheiden (Verben mit festen<br />

Präpositionen, wobei die Präpositionen differieren – z.B. erinnern bzw. denken auf statt an –,<br />

Substantive mit unterschiedlichem Genus: österr. das – dt. die Vokabel, österr. der – dt. das<br />

Polster usw.)<br />

(6) Österreichische Spezifika, die "durchsichtig" zu sein scheinen, die aber sehr leicht zu<br />

Verwechslungen führen könnten, falls der Leser die Bildungen wörtlich nehmen oder sie mit<br />

deren bundesdeutschen Homographen gleichsetzen würde, etwa Bügelladen, das kein "Laden/Geschäft"<br />

ist, sondern ein 'Bügelbrett', bzw. Brötchen, das in Österreich 'ein kleines belegtes<br />

Brot' bezeichnet, in Deutschland aber ein kleines rundes oder längliches Brot, was in<br />

Österreich seinerseits eine Semmel ist, Gebäck, das in Österreich ein 'Oberbegriff für Semmel,<br />

We-ckerl usw.' ist, während in Deutschland das Gebäck klein und süß ist, betreten, das in<br />

Österreich auch im Sinne von 'ertappen, festnehmen' verwendet wird, nicht nur von 'in einen<br />

Raum treten'.<br />

(7) Das, woran uns am meisten gelegen war, ist die Markierung von Rumäno-Austriazismen,<br />

um eben die zahlreichen lexikalischen österreichisch-rumäniendeutschen Gemeinsamkeiten<br />

hervorzuheben. Die meisten davon kommen zwar auch in den bisher erschienenen deutschrumänischen<br />

Wörterbüchern vor, jedoch ist dabei überhaupt nicht zu ersehen, dass diese Wörter<br />

auch dem Rumäniendeutschen und nicht nur dem Österreichischen eigen sind. Rumänien-<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />

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