NATION UND SPRACHE
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Emilia Muncaciu-Codarcea<br />
bringen nur vielleicht eine stärkere Bewußtmachung. Der Fragebogen enthielt 25 Fragen, betreffend<br />
die sprachlichen, semantischen und soziologischen Unterschiede zwischen Männern<br />
und Frauen.<br />
Auf die 1. Frage: „Männliche Dominanz wird besonders bei Berufs- und Titelbezeichnungen<br />
deutlich. Viele traditionell männliche Berufe sind inzwischen von Frauen 'erobert' worden, ohne<br />
daß die Bezeichnungen dafür auch immer motiviert oder neue geschaffen worden sind. Was ist<br />
Ihnen dabei aufgefallen?“ empfanden die meisten Studenten, darunter 10 Studenten und 20<br />
Studentinnen, daß es ein Ergebnis der Emanzipation und Selbständigkeit der Frauen sei, und<br />
daher eine positive Sache, daß auch typisch männliche Berufe von Frauen ausgeübt werden<br />
und umso besser wenn diese auch eine feminine Bezeichnung haben. 15 Stimmen, darunter 5<br />
weiblichen und 10 männlichen, waren dagegen und meinten, daß es eine blöde Frage sei, weil<br />
es eigentlich sinnlos wäre, daß typisch männliche Berufe von Frauen „erobert“ werden sollten<br />
und eine feminine Bezeichnung haben, da die Männer jahrtausendelang diese Berufe ausgeübt<br />
hätten. 5 Studenten waren unentschieden.<br />
Die 2. Frage: „Gibt es Ihrer Meinung nach eine feminine Form von folgenden 10 Berufsbezeichnungen?<br />
Geschäftsmann, Tierarzt, Kaufmann, Pilot, Kapitän, Torwart, Minister, Professor,<br />
Magister, Doktor.“ Alle Studenten haben erkannt, daß nicht alle Berufsbezeichnungen eine<br />
feminine Form haben, z.B. Torwart hat keine feminine Form. Die anderen lauten: Geschäftsfrau,<br />
Tierärztin, Kauffrau, Pilotin, Kapitänin, Ministerin/Frau Minister, Professorin. Pusch meint, daß<br />
selbst die motivierten Formen zur Bezeichnung weiblicher Menschen eine sprachliche Diskriminierung<br />
darstellen. Denn das Suffix -in (Kunde — Kundin) „konserviert im Sprachsystem<br />
die jahrtausendealte Abhängigkeit vom Mann, die es endlich zu überwinden gilt. Auch sprachlich“.<br />
6 Als Therapievorschlag wird die Verwendung des geschlechtsneutralen Feminins<br />
empfohlen, zum Beispiel: Sie ist eine gute Student oder Männer sind Bürgerinnen erster Klasse.<br />
Als Gegenargument gilt folgendes Urteil: "Wenn Ute Schülerin ist und Uwe Schüler, dann sind<br />
Ute und Uwe Schüler, nicht Schülerinnen — denn Uwe verträgt das Femininum nicht" 7 .<br />
Was die 3. Frage betrifft: “Kennen sie traditionelle Frauenberufe, die jetzt auch von Männern<br />
ausgeübt werden, etwa: Putzmann, Hausmann, Kindergärtner, Erzieher?” haben die Studenten<br />
zahlreiche Beispiele genannt: Krankenschwester- Krankenpfleger, Striptease Tänzer, Babysitter,<br />
Prostituierte- Gigollo, Koch, Verkäufer, Näher, Weber, Bibliothekar, Schneider, Lehrer, Sekretär,<br />
Friseur, Kosmetiker, Geburtshelfer u.a. 10 der Befragten wußten keine andere Beispiele oder<br />
haben nur allgemein auf die Frage geantwortet.<br />
Die 4. Frage: “Kennen sie typisch männlich/weibliche Personen- und Berufsbezeichnungen?”<br />
wurde auch unterschiedlich beantwortet. 5 Studentinnen und 5 Studenten meinten, daß es in<br />
unserem Jahrhundert keine typisch männliche/ weibliche Personen- und Berufsbezeichnungen<br />
gibt und geben sollte oder, daß sie keine wüßten. Die anderen Studenten haben zahlreiche Beispiele<br />
dafür genannt: typisch weiblich: Nonne, Hexe, Sekretärin, Verkäuferin, Putzfrau, Krankenschwester,<br />
Hausfrau, Hebamme, Au-Pair-Mädchen, Stewardess, Dienstmädchen, Jungfrau,<br />
Hure, Prostituierte, Weberin, Näherin, u.a.; typisch männlich: Hirte, Priester, Jäger, Förster, Feuerwehrmann,<br />
Polizist, Wissenschaftler, Elektroniker, Schuster, Maurer, Mönch, Bischof, Papst,<br />
Pilot, Bergarbeiter, Minister, Schmied, Handwerker, Mechaniker, Taxifahrer, Schornsteinfeger,<br />
6 Luise F. Pusch 1984: Das Deutsche als Männersprache, Frankfurt/ M., S. 59.<br />
7 L. Pusch 1984: 11 urteilt etwas provozierend: „Weibliche Bezeichnungen sind für Männer genauso untragbar wie<br />
weibliche Kleidungsstücke.“<br />
ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />
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