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NATION UND SPRACHE

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Akzent und Rhythmus im Deutschen und Rumänischen. Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten<br />

heit analysiert. Diese Kriterien betrachte ich als eine Zusammenfassung der oben angeführten<br />

Charakteristika.<br />

a. Die Isochronie herstellende rhythmische Grundeinheit bildet den ersten wesentlichen<br />

Unterschied zwischen dem Rhythmus im Deutschen und Rumänischen. Im Deutschen ist es<br />

theoretisch der Takt, in der gesprochenen Sprache die Akzentgruppe, im Rumänischen die Silbe,<br />

betonte oder unbetonte. Diese Einheiten kehren in zeitlich ungefähr gleichen Intervallen wieder.<br />

Für die Isochronie der rhythmischen Einheiten finden im Deutschen Reduktionen der unbetonten<br />

Silben und Wörter statt, die einen Dauerausgleich zwischen den Akzenten zur Folge<br />

haben. Auch im Rumänischen treten Ausgleichprozesse ein, sie betreffen aber nur die Silbe. Die<br />

höheren rhythmischen Einheiten entsprechen also hier der Länge der enthaltenen Segmente.<br />

Dieser Umstand führt im Deutschen zu einem akzentzählenden, im Rumänischen zu einem<br />

silbenzählenden Rhythmus.<br />

b. Die Analyse der Silbenstruktur und der sie beeinflussenden Faktoren ergibt zwischen den<br />

beiden Sprachen weitere Kontraste.<br />

- Obwohl auf den ersten Blick bezüglich der Silbenstruktur in den beiden Sprachen keine<br />

wesentlichen Unterschiede vorzuliegen scheinen, da in beiden Sprachen komplexe Konsonantensequenzen<br />

im on- und offset möglich sind, ergibt die Analyse der Häufigkeitsrate der<br />

Konsonantencluster in der Koda im Deutschen mehr Konsonantenanhäufungen (32 CCC-<br />

Verbindungen) als im Rumänischen (16 Konsonantencluster). Im Deutschen treten außerdem<br />

in flektierter Form infolge der Tempobeschleunigung auch 4 bis 5 Konsonanten auf, z. B. du<br />

strolchst, des Herbsts. In dieser Hinsicht kann behauptet werden, dass die Silbenstruktur im<br />

Deutschen komplexer ist. Immerhin weicht das Rumänische unter diesem Aspekt von den<br />

prototypischen silbenzählenden Merkmalen eindeutig ab.<br />

- Wird der Silbentyp in den beiden Sprachen verglichen, so sind laut Angaben von MEIN-<br />

HOLD/STOCK (1982: 204f.), ESSER (1960) im Deutschen die meisten Silben geschlossen,<br />

während im Rumänischen nach ROSETTI (1967: 82) die Mehrzahl offen ist.<br />

- Wird das Kriterium Erhaltung der Silbengrenze herangezogen, z. B. die Geminaten und ihre<br />

Konstanz, so treten andere Kontraste auf. Während im Deutschen ihre Zahl sehr groß ist und<br />

an der Silbengrenze eine Reduktion derselben stattfindet, sind im Rumänischen in der Hochsprache<br />

Doppelkonsonanten untypisch. In dieser Hinsicht weist das Rumänische intakte Silbengrenzen<br />

auf, während diese im Deutschen verwischt sind. Werden auch andere grenzsignalisierende<br />

Faktoren in Betracht gezogen, wie z. B. der Knacklaut, die Aspiration der an-<br />

und auslautenden Klusile oder die Auslautverhärtung im Deutschen, so fungieren sie als deutliche<br />

Signale für die Silbengrenze. Diese Grenzsymbole sind für das Rumänische uncharakteristisch,<br />

stimmhafte Verschlusslaute, z. B. glob, globului, bleiben ungeachtet ihrer<br />

Position immer stimmhaft. Für das Deutsche kann also sowohl von klaren als auch von verwischten<br />

Silbengrenzen gesprochen werden, besonders bei beschleunigtem Tempo, während<br />

sie im Rumänischen dominant intakt bleiben und deutlich zu erkennen sind.<br />

- Werden die auf der segmentalen Ebene stattfindenden koartikulatorischen Prozesse verglichen,<br />

die den Charakter des Rhythmus in den beiden Sprachen determinieren, so treten<br />

sowohl im Deutschen als auch im Rumänischen Assimilationen, Reduktionen, Elisionen auf.<br />

Wird hingegen der Charakter dieser Prozesse berücksichtigt, so ergeben sich wesentliche Unterschiede.<br />

So z. B. sind für den Rhythmus im Deutschen die quantitativen und qualitativen<br />

Modifikationen der Vokale in den unbetonten Silben von besonderer Relevanz, z. B. Kürzung<br />

und Entspannung der langen Vokale, Öffnung der geschlossenen, Reduktion oder Elision der<br />

E-Laute in Endungen, Zentralisierung der Endung -er. Die Akzentvokale heben sich durch Gespanntheit<br />

der Muskulatur und deutliche Artikulation ab. Wenn die den Silbenkern betreffenden<br />

phonetischen Prozesse im Rumänischen berücksichtigt werden, so können keine<br />

qualitativen oder quantitativen Veränderungen beobachtet werden. Im Rumänischen haben<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />

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