NATION UND SPRACHE
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Der funktionale Ansatz. Zielsetzung und literarhistorische Textvorlage<br />
Diese doppelte Bindung einer Übersetzung wird aber von der in 1978 von Vermeer gegründeten<br />
Skopostheorie erweitert. Er gründetete eine allgemeine Theorie der Translation, die<br />
durch einen funktionsorientierten Ansatz die Grundlage für ein neues Paradigma in der Translationswissenschaft<br />
bildet. Der Schwerpunkt wird auf das Ziel des translatorischen Handelns 6<br />
(Begriff, der von Holz-Mänttäri in 1984 festgelegt wurde) und auf den Translator als Experten,<br />
der für ein optimales Erreichen dieses Ziels verantwortlich ist, verlagert<br />
Wie jedes Handeln folgt auch das translatorische Handeln einem Ziel. Dieses Ziel, das man<br />
im Fall einer Übersetzung als Untersorte des translatorischen Handelns als Skopos bezeichnen<br />
kann 7 , wird als oberstes Primat der Translation betrachtet. (Man muss hier noch erwähnen, dass<br />
Skopos synonim mit den Ausdrücken Zweck, Ziel oder Funktion verwendet wird.) In diesem Fall<br />
stellt man sich nicht die Frage ob man handeln (übersetzen/dolmetschen), sondern wie und mit<br />
welchem Ziel man das tun soll.<br />
Wenn wir die Übersetzung als eine Aktion betrachten, können wir im Sinne der Skopostheorie<br />
auch über das „Glücken“ der Handlung und über den „Protest“ gegen sie sprechen 8 .<br />
Reiß und Vermeer (1991:108) sprechen von geglückter Aktion wenn kein Protest erfolgt gegen:<br />
➧ die Übermittlung (als Ereignis) und gegen die Art der Übermittlung<br />
➧ den gemeinten Sachverhalt als Informationsangebot<br />
➧ die Interpretation (d.h. Protest seitens des Produzenten gegen die Reaktion des Rezipienten)<br />
Interessant ist dabei, dass sich der Protest nicht nur gegen das Translat richten kann, sondern<br />
auch gegen das ausgangssprachliche Informationsangebot. Wenn man die obengenannten<br />
Fälle aus der Hinsicht der Skopostheorie analysiert, dann kann man im ersten Fall<br />
bemerken, dass der Protest nicht nur gegen den Übersetzer gerichtet werden kann, sondern<br />
auch gegen den Auftraggeber. Der letzte trifft z.B. die Entscheidung, ob die Übersetzung der AK<br />
oder ZK angepasst sein wird. Nur nachher wird der Übersetzer unter die Lupe genommen,<br />
wenn man die Übermittlungsart des Auftrags überprüft. Jetzt sprechen wir über den exklusiven<br />
Bereich des Fachmanns, in dem er gemäß Auftrag die, seiner Meinung nach, richtigen Mittel<br />
und Verfahren für das Glücken der Übersetzung ausgewählt hat. Der Protest gegen das<br />
Informationsangebot (der AT an sich) kann aber sowohl gegen den Übersetzer als auch gegen<br />
den Auftraggeber gerichtet sein. Man kann Kritik am ausgangssprachlichen Informationsangebot<br />
üben oder an der Art und Weise wie es erfolgt. Die letzte Art von Protest könnten wir als<br />
„inversen Protest“ bezeichnen. Das heißt, dass im Gegensatz zu den anderen Protesttypen, die<br />
vom Rezipient zum Auftraggeber oder Produzent erfolgten, ist diese Art eine, die sich gegen<br />
den Rezipienten richtet seitens des Produzenten. In diesem Falle ist es möglich, dass die Reaktion<br />
des Lesers nicht den ursprünglichen Absichten des Übersetzers entspricht.<br />
Falls kein Protest erfolgt, dann kann man eine Übersetzung als geglückt betrachten. Im<br />
Rahmen der Skopostheorie kann man schlussfolgern, dass das Ziel, der Skopos der Translation<br />
erreicht wurde.<br />
6 Über die Handlung sprechen Reiß/Vermeer in ihrer “Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie”, 1991:95:<br />
“Eine Handlung bezweckt die Erreichung eines Zieles und damit die Änderung eines bestehenden Zustandes. Die Motivation<br />
für eine Handlung besteht darin, dass das angesterbte Ziel höher eingeschetzt wird als der bestehende Zustand.”<br />
7 vgl. Vermeer 1992:82.<br />
8 vgl. Reiß/Vermeer 1991:106.<br />
ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />
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