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NATION UND SPRACHE

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Forum Sonderaspekte verbaler Kommunikation Ioana Hermine Fierbin]eanu<br />

langt wird. Die ursprüngliche Assertion wird in eine Entscheidungsfrage transformiert. In T19<br />

findet die Präzisierung statt, der Kandidat nimmt zur Kenntnis, daß er keine richtige Antwort<br />

gegeben hat, er macht einen weiteren Versuch in T20, die Antwort erfolgt als Quästiv. In T21<br />

entscheidet sich der Prüfer den Wissensdefizit als solchen zu akzeptieren und die von ihm<br />

erwünschte Antwort zu bringen. In den darauffolgenden Turns (T22-T24) beantwortet der<br />

Kandidat die Frage (Entscheidungsfrage) des Prüfers, ob ihr der Fachterminus bekannt sein oder<br />

nicht u.zw. dadurch, daß derselbe in ihrer Literatur, die sie vorbereitet hat, nicht gewesen wäre,<br />

sehr höflich und hebt hervor, daß sie den Terminus auch nicht in dem Wortbildungsseminar,<br />

daß sie während des Studiums besucht hat, gehört hat. Durch den Turn 25 wird von dem Prüfer<br />

auf ein weitere Thema hingewiesen.<br />

Aus dem dargestellten Beispiel geht hervor, daß die Prüfungsdiskurse nicht immer „problemlos“<br />

verlaufen. Es treten Situationen auf, in denen bei den Kandidaten ein Wissensdefizit<br />

aufkommt, den diese nicht gleich zugeben, sondern zu verbergen versuchen. Der Prüfer handelt<br />

unterschiedlich. In dem von mir behandelten Beispiel bemüht sich der Prüfer, sobald er das<br />

Nichtwissen des Prüflings erkannt hat die Wissenslücke desselben durch helfende Fragen zu<br />

beheben. Zu einem Wissensdefizit, kommt es, wenn die mentale Wirklichkeit π des Prüfers und<br />

des Kandidaten nicht übereinstimmt. Theoretisch hat der Prüfling für die Themen, die er vorgeschlagen<br />

hat, Aufsätze und Bücher gelesen und verarbeitet. Diese sind dem Prüfling bekannt,<br />

daher sollte die mentale Wirklichkeit der beiden Aktanten die gleiche sein. Die Texte werden zu<br />

Diskursen von dem Kandidaten verarbeitet. Der Kandidat hat die Texte im Kopf aus deren<br />

Gesamtmenge er wissenschaftlich herausnimmt, um die entsprechende Fragen / Aufgaben<br />

beantworten bzw. erfüllen zu können. Eine Textverflechtung findet statt, die Texte werden<br />

reduziert und gefiltert und ein Diskurs entsteht, der die Beantwortung der Fragen des Prüfers<br />

darstellt.<br />

Aus dem Beispiel geht hervor, daß der Kandidat nicht nur Texte im Kopf hat, sondern auch<br />

Unterrichtsdiskurse, das Wissen, das er während des Studiums, beim Besuchen der Seminare<br />

und Vorlesungen sich angeeignet hat. Der Kandidat beantwortet die Fragen des Prüfers aufgrund<br />

einer Verflechtung von Texten und Unterrichtsdiskursen, dank des erworbenen Grundwissens,<br />

der Fähigkeit und Fertigkeit zu abstrahieren, zu filtern und zu reduzieren, die dazu<br />

beitragen, daß ein wissenschaftlicher Diskurs entsteht. Der Prüfer ist darum bemüht den Wissensdefizit<br />

des Kandidaten zu beheben, er formuliert Stützfragen, helfende Fragen, die seine<br />

Strategien darstellen, dadurch diese der Prüfer ein eigenes Ziel und zwar dem Kandidaten zu<br />

helfen, verfolgt und nicht einen Zweck. Zum Unterschied von dem Frage-Antwort-Muster, bei<br />

dem der Sprecher, sobald er eine Antwort nicht erhalten hat einen anderen Hörer aussucht, von<br />

dem er annimmt, daß er seine Fragen beantworten kann, versucht der Prüfer durch seine Examensfragen<br />

die Antwort von ein- und demselben Hörer, nämlich dem Kandidaten zu bekommen.<br />

Der Kandidat formuliert auch Fragen, zwar sind es Antworten, sie beginnen als Assertionen,<br />

werden in Entscheidungsfragen ungewandelt, durch die Struktur „meinen Sie“, mittels derer<br />

eine Präzisierung – ob die Antwort richtig oder falsch ist – verlangt wird. Es wird sowohl vom<br />

Prüfer als auch vom Kandidaten das Frage-Antwort-Muster initiiert, der Prüfer setzt es als eine<br />

Strategie ein, durch die er dem Kandidaten helfen kann sein Wissensdefizit zu beheben, dem<br />

Kandidaten dient es auch als Strategie durch die er von dem Prüfer erfährt, ob seine Antwort<br />

die erwünschte ist oder nicht.<br />

542<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003

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