NATION UND SPRACHE
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VERB <strong>UND</strong> AUSSAGE<br />
Elemente eines integrierten Valenz-Modells 1<br />
Klaus Fischer<br />
1. Problemstellung<br />
Das Ziel dieses Aufsatzes ist es, Elemente einer Valenztheorie (VT) vorzustellen. Die VT ist in<br />
den letzten 20 Jahren unter besonderen Rechtfertigungszwang geraten. Dieser entstand aus<br />
einer Reihe von unbeantworteten Fragen:<br />
Wie kann Valenz definiert werden? Dies ist zugleich die Frage nach der Abgrenzung von Ergänzungen<br />
und Angaben (im Folgenden E/A-Abgrenzung), die bekanntlich nicht eindeutig zu<br />
beantworten ist. Die Frage ist mit dem Namen J. Jacobs und dessen intelligenter und amüsanter,<br />
aber methodisch problematischer Polemik „Kontra Valenz“ (1994) verbunden.<br />
Wie ist das Verhältnis von Lexem und Textrealisierung zu sehen? Ich denke hier an R.<br />
Sadzińskis „dynamische Valenz“ (1989), an A. Storrers (1992) pragmatische Auflösung der<br />
Valenz und an V. Ágels „kontextuell-situative Valenzrealisierung“ (2000).<br />
Wie ist das Verhältnis von Valenz und Typologie? Diese Frage wurde erst relativ spät und zunächst<br />
auch nur am Rande gestellt, was angesichts der typologischen Ausrichtung von L.<br />
Tesnière (1966) und des kontrastiven Programms der VT etwas überraschend ist. Zu nennen sind<br />
hier u.a. F. Pasierbsky (1981), der den Begriff der Mikrovalenz eingeführt hat, S. László (1988),<br />
die den Begriff kontrastiv angewandt hat, und V. Ágel (2000), der verschiedene Ansätze zusammengeführt<br />
hat und eine strukturelle Valenzrealisierung von der kontextuell-situativen<br />
unterscheidet. Als Einflüsse auf die VT sind u.a. Milewski (1967), Fourquet (1970) und Nichols<br />
(1986) zu nennen.<br />
Die drei Fragen hängen offensichtlich zusammen. Ich werde sie kurz kommentieren:<br />
ad a) Valenzdefinition. Jacobs hatte Valenz mangelnden begrifflichen Inhalt attestiert und<br />
durch eine Reihe von Einzelrelationen ersetzt. An dem unten stehenden Beispiel sind drei der<br />
Relationen angezeigt (Form, Notw, Syn):<br />
1 (Thema: Die prekäre Situation der Gebäude Venedigs)<br />
Esub: PAT Esit: LOC / Asit: LOC Esub: PAT<br />
Aber noch stand alles fest auf seinen hölzernen Beinen, und Victor lehnte<br />
+Form -Form +Form<br />
+Notw -Notw +Notw<br />
+Syn -Syn +Syn<br />
Esit: LOC Edir: PATH DIR<br />
an seinem Fenster und blickte durch die staubige Scheibe nach draußen.<br />
-Form -Form<br />
1 Ich danke Ruxandra Cosma und Speran]a St`nescu für Diskussionen und Hinweise. Dank aussprechen möchte ich<br />
auch der London Metropolitan University und dem britischen Arts and Humanities Research Board, die meine Arbeit<br />
durch zwei Forschungstrimester unterstützt haben (Research Leave Scheme Award RL/AN6564/APN 16978).