07.10.2013 Aufrufe

NATION UND SPRACHE

NATION UND SPRACHE

NATION UND SPRACHE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Akzent und Rhythmus im Deutschen und Rumänischen. Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten<br />

ger, der Kontrast zwischen dem prä- und postakzentuellen Teil der Wortgruppe weniger auffällig<br />

als im Deutschen. Zwar treten im Rumänischen in der ungepflegten Sprache phonetische<br />

Wörter auf, z. B. du-su-mi-s-a, usw., wo die Selbständigkeit der einzelnen Formative vom lautlichen<br />

Gesichtspunkt aufgegeben wird und die Formativ- und Silbengrenzen verwischt werden,<br />

die schwachen Formen im Deutschen, z. B. im (in dem), usw. sind aber auch in der Standardsprache<br />

gestattet.<br />

b. Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen betreffen weiterhin den Einsatz der<br />

phonetischen Mittel. Während im Deutschen, wie im Falle des Wortakzents, bei der Konstituierung<br />

des Wortgruppen- und Satzakzents alle Mittel beteiligt sind, kommen im Rumänischen<br />

primär die Intensitäts- und Tonhöhenmodifikationen in Frage. Der Akzent ist auch auf dieser<br />

Ebene dezentralisierend, während im Deutschen der zentralisierende Charakter stark ausgeprägt<br />

ist.<br />

c. Unterschiedlich ist auch der Tonhöhenverlauf am Wortgruppen- und Satzende. Zwar bestehen<br />

in beiden Sprachen progrediente, terminale und interrogative Verläufe, im Rumänischen<br />

ist aber die Amplitüde geringer, was einen tieferen Höhepunkt, bzw. höheren Tiefpunkt des<br />

Tonhöhenverlaufs zur Folge hat. Im Deutschen ist das Steigerungs- und Gefälleintervall größer,<br />

ADRIAENS (1984) zufolge von zehn Halbtönen. Im Rumänischen erreicht die Melodie am Satzende<br />

nicht die Lösungstiefe, was im Deutschen eine Fortsetzung und kein Ende der Äußerung<br />

signalisiert.<br />

Die Kontraste zwischen den beiden Sprachen betreffen auch die Akzentplatzierungsregeln:<br />

a. In beiden Sprachen gilt das Prinzip des Fortschreitens der Information vom Bekannten<br />

zum Unbekannten. Unterschiede ergeben sich aber infolge der systembedingten Wortfolge in<br />

der jeweiligen Sprache. Während im Rumänischen keine Verbalklammer vorhanden ist und in<br />

der sachlich-neutralen Rede das am weitesten rechts befindliche Inhaltswort betont wird (z. B.<br />

Attribute, Umstandsbestimmungen, Objekte), liegt im Deutschen der Wortgruppen- und Satzakzent<br />

nicht immer final, sondern kann eine leichte Linkstendenz aufweisen, das finite Verb<br />

erhält einen Nebenakzent, z. B.<br />

Martin Luther wurde im Jahre 1483 in Eisleben als Sohn eines BERGmanns geboren.<br />

Martin Luther s-a n`scut în anul 1483 în Eisleben ca fiu de minER.<br />

b. Unterschiede ergeben sich auch bezüglich der Regeln zur Betonbarkeit der Formwörter.<br />

Prinzipiell gilt für beide Sprachen die Akzentlosigkeit derselben. Die Situationen aber im Rumänischen,<br />

wo ein Kontrastakzent gesetzt wird, sind sehr häufig. Außerdem haben die Einsilber<br />

einen variablen Status, sie treten mal betont, mal unbetont auf (vgl. SFÎRLEA 1970: 193), z. B.<br />

Dac` tu socote[ti c` sunt vinovat`?<br />

Dar în ce situa]ie ai pus-o?<br />

c. In beiden Sprachen tritt ein rhythmischer Akzent auf, der auf einer Alternation von betonten<br />

und unbetonten Silben/Einheiten basiert. Wegen des mobilen Wortakzents, der Akzentdubletten<br />

ohne bedeutungsdifferenzierenden Charakter ist aber der rhythmische Akzent im<br />

Rumänischen häufiger als im Deutschen, wo er hauptsächlich in Sätzen mit geringem Informationsgehalt<br />

auftritt, in denen keine Fokusalternative zur Debatte steht. Untersuchungen von<br />

LÖTSCHER (1983: 52) geben für das Deutsche als präferierte Stellen den Satzanfang, den thematischen<br />

Teil an, oder das Mittelfeld nach stark hervorgehobenem Element im Vorfeld.<br />

Die angeführten systembedingten Unterschiede zwischen dem Deutschen und Rumänischen<br />

führen zu potenziellen Fehlern bei rumänischen Deutschlernenden, denen im DaF-Unterricht<br />

aus Rumänien Rechnung getragen werden muss.<br />

ZGR 1-2 (21-22) / 2002, 1-2 (23-24) / 2003<br />

459

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!