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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 98<br />

Kapitel 2<br />

Schliesslich war <strong>die</strong> Münzabgabe auch ein währungspolitisches Instrument, um Liquidität<br />

abzuschöpfen <strong>und</strong> den «Symptomen der Inflation entgegenzutreten». 123 <strong>Die</strong> Münzabgaben<br />

dürfen als geldpolitisches Instrument der SNB allerdings nicht überschätzt werden. <strong>Die</strong><br />

Inflation während des Kriegs war zu Beginn pr<strong>im</strong>är durch Warenverknappung bedingt <strong>und</strong><br />

nicht monetären Ursprungs. 124 Im weiteren Kriegsverlauf begannen <strong>die</strong> Goldübernahmen der<br />

SNB einen expansiven Effekt auf <strong>die</strong> Geldmenge auszuüben, der durch <strong>die</strong> Sterilisierungspolitik<br />

des B<strong>und</strong>es aber weitgehend ausgeglichen werden konnte. 125 <strong>Die</strong> Münzabgaben an den<br />

Markt wirkten, was <strong>die</strong> Inflationsbekämpfung anbetraf, unterstützend, können aber nicht als<br />

das wichtigste Mittel zur Geldmengensteuerung der Nationalbank bezeichnet werden.<br />

Insgesamt übernahm <strong>die</strong> Nationalbank von der Reichsbank von Februar 1943 bis April 1944<br />

5 033 000 Lator-Münzen für nominal r<strong>und</strong> 101 Millionen Franken auf eigene Rechnung. Bei<br />

einem Kaufpreis von Fr. 28.10 pro 20-Franken-Stück entsprach <strong>die</strong>s einer Summe von<br />

141 Millionen Franken, <strong>die</strong> der Reichsbank von der SNB gezahlt wurden. Wie sich nach dem<br />

Krieg herausstellte, kamen sämtliche <strong>die</strong>ser Lator-Münzen aus dem Notenbankschatz Belgiens,<br />

den sich Deutschland angeeignet hatte. 126 Zwar war den Münzen bei der Übernahme durch <strong>die</strong><br />

Nationalbank <strong>die</strong> genaue Herkunft nicht anzusehen. Dennoch hätte den Verantwortlichen bei<br />

der SNB klar sein sollen, dass <strong>die</strong> Lator nicht – oder höchstens zu einem sehr geringen Teil –<br />

aus deutschen Vorkriegsbeständen stammen konnten.<br />

<strong>Die</strong> Vermutung liegt nahe, dass es das Direktorium durchaus begrüsste, <strong>die</strong> fremden<br />

Goldstücke an den Markt weitergeben zu können, um sich auf <strong>die</strong>se Weise rasch von den<br />

fragwürdigen Beständen zu trennen. Im Verlauf des Jahres 1943 sollte <strong>die</strong>ses Motiv in den<br />

Besprechungen <strong>im</strong>mer klarer hervortreten. Im September hiess es <strong>im</strong> Protokoll dazu, es gehe in<br />

Genf «das Gerücht um, <strong>die</strong> Nationalbank habe Gold nur deshalb abgegeben, weil sie davon<br />

zuviel von Deutschland erhalten habe <strong>und</strong> deshalb darnach trachte, <strong>die</strong>ses Gold wieder<br />

abzustossen». 127 Mit dem Kampf gegen <strong>die</strong> damals herrschende Tendenz zur Notenhortung gab<br />

es durchaus ein währungspolitisches Anliegen, für dessen Zwecke man den Weiterverkauf der<br />

Lator-Stücke einsetzen konnte. Dazu kam, dass <strong>die</strong> SNB damals mit den Umsätze in Münzen<br />

zu bringen. Sie sind an ihre K<strong>und</strong>en herangetreten <strong>und</strong> beunruhigten damit den Markt, den sie eigentlich hätten<br />

beruhigen sollen.» Archiv SNB, Protokoll des Bankausschusses, 25./26.11.1943, S. 375.<br />

123 Archiv SNB, Protokoll des Bankausschusses, 25./26.11.1943, S. 375.<br />

124 Siehe <strong>Schweiz</strong>erische Nationalbank 1957, S. 102–103.<br />

125 Siehe dazu Kapitel 3. Siehe auch Tanner 1986, S. 243–257.<br />

126 Archiv SNB, 117.1 Les opérations d’or entre la Banque nationale suisse et la Reichsbank durant la guerre, 6.4.1946.<br />

Siehe auch Fior 1997, S. 89.<br />

127 «Seit Anfang <strong>die</strong>ses Jahres hat <strong>die</strong> Nationalbank Goldmünzen an den Markt abgetreten, um damit eine gewisse<br />

Enthortung der Noten zu bewirken. In Genf läuft zwar das Gerücht um, <strong>die</strong> Nationalbank habe Gold nur deshalb<br />

abgegeben, weil sie davon zuviel von Deutschland erhalten habe <strong>und</strong> deshalb darnach trachte, <strong>die</strong>ses Gold wieder<br />

abzustossen. <strong>Die</strong> Begehren um Abgabe von Goldmünzen mehren sich. <strong>Die</strong> Eidg. Bank A. G. wäre in der Lage, für ein<br />

paar Millionen Franken Goldmünzen abzusetzen. <strong>Die</strong> <strong>Schweiz</strong>erische Kreditanstalt <strong>und</strong> der <strong>Schweiz</strong>erische Bankverein<br />

möchten zum nämlichen Zwecke Goldmünzen je für 5–10 Millionen Franken haben; dabei reklamieren <strong>die</strong> privaten<br />

Banken, namentlich auch des Platzes Genf, indem sie sich darüber beschweren, dass das Goldgeschäft bei den<br />

Grossbanken konzentriert werde. Das II. Departement [Rossy] fragt sich, ob es nicht möglich wäre, auf diskrete Weise<br />

<strong>die</strong> Banken wissen zu lassen, dass <strong>die</strong> Nationalbank bereit wäre, ein weiteres Quantum fremder Goldmünzen<br />

abzutreten, sofern <strong>die</strong>se Münzen dazu <strong>die</strong>nen würden, in den Safes verwahrte Banknoten herauszubringen.» Archiv<br />

SNB, Protokoll des Direktoriums, 2.9.1943, Nr. 860, S. 920.

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