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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 75<br />

Kapitel 2<br />

dem zuständigen B<strong>und</strong>esrat, Ernst Wetter, Fühlung <strong>und</strong> diskutierte intern verschiedene<br />

Modelle zur Kontrolle der Devisenausfuhr. Für den Präsidenten des SNB-Direktoriums, Ernst<br />

Weber, unterlag es «keinem Zweifel mehr, dass wir früher oder später in den sauren Apfel<br />

beissen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Devisenbewirtschaftung einführen müssen». 26 Das Nationalbankdirektorium<br />

liess es jedoch vorläufig bei den getroffenen Weisungen an <strong>die</strong> Geschäftsbanken zur<br />

Einschränkung von Dollarverkäufen an Inländer bleiben <strong>und</strong> wartete mit der Forderung nach<br />

einer gesetzlichen Beschränkung der Devisenausfuhr einstweilen ab. 27 Nach der Niederlage<br />

Frankreichs wechselten <strong>die</strong> Kapitalströme <strong>im</strong> Juni 1940 dann sehr rasch ihre Richtung, so dass<br />

sich das Problem der Devisenabflüsse für <strong>die</strong> SNB nahezu vom einen auf den anderen Tag<br />

erledigt hatte. 28 <strong>Die</strong> Diskussion über eine umfassende Devisenkontrolle hatte damit an<br />

Dringlichkeit verloren. 29 Im zweiten Halbjahr 1940 führte <strong>im</strong> Gegenteil <strong>die</strong> Sorge über eine<br />

befürchtete Finanzblockade in den USA bereits zu umfangreichen Dollarliquidationen. 30 <strong>Die</strong><br />

Gold- <strong>und</strong> Devisenreserven der Nationalbank begannen sich <strong>im</strong> Spätsommer 1940 spürbar zu<br />

erholen. 31<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 23./24.5.1940, Nr. 433, S. 433. Siehe auch Archiv SNB, Protokoll des<br />

Bankausschusses, 28.5.1940, S. 309. <strong>Die</strong> Diskussion innerhalb des Direktoriums verlief kontrovers. Rossy <strong>und</strong> Weber<br />

waren zur Einführung der Kontrollen bereit, während Schnorf sich entschieden dagegen aussprach.<br />

Siehe <strong>Schweiz</strong>erische Nationalbank 1957, S. 122–123; siehe auch DDS, Band 13, Nr. 296, S. 703, Weisung der SNB,<br />

24.5.1940.<br />

Am 26. Juni hiess es dazu <strong>im</strong> internen Wochenbericht der SNB: «Zwischen Deutschland, Italien <strong>und</strong> Frankreich ist ein<br />

Waffenstillstand abgeschlossen worden. In anderthalb Monaten ist <strong>die</strong> deutsche Wehrmacht mit den Armeen von<br />

Holland, Belgien <strong>und</strong> Frankreich fertig geworden. Wahrscheinlich kommt es nun zu einem entscheidenden Kampfe mit<br />

dem englischen Imperium. Durch <strong>die</strong> neue Lage befindet sich <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> ganz umgeben vom Einfluss der<br />

Achsenstaaten. ... In der <strong>Schweiz</strong> haben sich <strong>die</strong> Verhältnisse am Geld- <strong>und</strong> Devisenmarkt vollständig gewandelt. Der<br />

Anstoss ging vom Devisenmarkt aus. Schon in der letzten Maiwoche <strong>und</strong> in den ersten beiden Juniwochen waren <strong>die</strong><br />

Devisenabzüge auf ein bescheidenes Mass zurückgegangen. ... Im Moment, da Frankreich ein Gesuch um<br />

Waffenstillstand stellte, vollzog sich <strong>die</strong> Umkehr der Tendenz. ... Da <strong>und</strong> dort änderte <strong>die</strong> Einstellung zu den<br />

Dollarreserven. <strong>Die</strong> Aussichten der <strong>Schweiz</strong> stiegen <strong>im</strong> Kurs, verglichen mit den Aussichten der Vereinigten Staaten<br />

von Amerika. Man wurde sich stärker bewusst, dass wir vor allem <strong>Schweiz</strong>erfranken besitzen müssen, um in der<br />

<strong>Schweiz</strong> zu leben.» Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 26.6.1940, Nr. 578, S. 690, 692.<br />

Archiv SNB, Protokoll des Bankausschusses, 21. 11.1940, S. 687–688. Siehe Fior 1997, Anm. 217. Siehe auch <strong>die</strong><br />

rückblickende Schilderung der Situation von Mai 1940 in DDS, Band 15, Nr. 371. Gezielte Beschränkungen des<br />

Kapitalverkehrs wurden über <strong>die</strong> Wende von Juni 1940 hinaus <strong>im</strong> SNB-Direktorium diskutiert. So sprach sich Rossy<br />

<strong>im</strong> Juli 1940 gegen <strong>die</strong> unbeschränkte Aufnahme von Dollars <strong>und</strong> Gold gegen Franken aus. Er machte auf <strong>die</strong> damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Inflationsgefahr aufmerksam <strong>und</strong> richtete sich ausserdem dagegen, den spekulativen Kapitalströmen freien<br />

Lauf zu lassen: «Jedenfalls kann es nicht Aufgabe der Notenbank sein, als Wechselstube <strong>und</strong> Kassen- <strong>und</strong><br />

Devisenhalter für das Finanzkapital zu funktionieren, das bald vom <strong>Schweiz</strong>erfranken in das Gold <strong>und</strong> in den Dollar<br />

hinüberwechselt, bald sich wieder in unsere Währung zurückverwandelt, je nach Lage <strong>und</strong> Laune. Es gilt <strong>die</strong>sem Hin<br />

<strong>und</strong> Her nach Möglichkeit Einhalt zu gebieten.» Mit seinen Forderungen drang Rossy innerhalb des Direktoriums nicht<br />

durch. Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 15.6.1940, Nr. 623, S. 755. Zum Beschluss, auf harte Kontrollen zu<br />

verzichten, siehe ibid., S. 757. Von der Diskussion um eine Devisenzwangswirtschaft, <strong>die</strong> den Abfluss von Devisen<br />

hätte unterbinden sollen, müssen andere Beschränkungen des freien Devisen- <strong>und</strong> Zahlungsverkehrs unterschieden<br />

werden, <strong>die</strong> mit einem Überangebot an fremden Zahlungsmitteln zu tun haben konnten. Siehe zum Thema der<br />

Dollarbewirtschaftung Kapitel 3.<br />

Eine zusammenfassende Darstellung des Geschehens <strong>im</strong> Kapitalverkehr mit den USA findet sich in DDS, Band 15, Nr.<br />

371: «Rapport sur les relations financières avec les Etats-Unis d’Amérique» vom 20.2.1945. Zur drohenden<br />

Finanzblockade siehe auch Durrer 1984, S. 42–43.<br />

Im seinem wöchentlichen Bericht zum Geldmarkt <strong>und</strong> der Valutalage führte SNB-Direktoriumsmitglied Schnorf am 31.<br />

Juli lakonisch aus: «<strong>Die</strong> Tendenz, <strong>die</strong> ungefähr am 15. Juni begonnen hat, setzt sich fort. Der <strong>Schweiz</strong>erfranken bleibt<br />

gut behauptet. Pro Saldo verzeichnen wir <strong>im</strong>mer noch bescheidene Zuflüsse. Sie sind <strong>im</strong>merhin nicht so gross, dass<br />

damit <strong>die</strong> total 4000 kg Gold-Abzüge der Reichsbank bis heute ersetzt werden konnten. Besassen wir einmal<br />

Währungsreserven in der Höhe von Fr. 2753,7 Millionen Franken [sic], so machen sie heute Fr. 2746 Millionen aus. In<br />

New York bleibt unser Franken <strong>im</strong>mer fest.» Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 31.7.1940, Nr. 667, S. 818. Bei<br />

den <strong>im</strong> Zitat erwähnten Goldkäufen der Reichsbank handelte es sich um jene 4 Tonnen <strong>im</strong> Wert von 19,5 Millionen

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