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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 105<br />

Kapitel 2<br />

Goldpolitik der SNB genügen würden, nämlich <strong>die</strong> neutralitätsrechtliche Verpflichtung zu<br />

Goldkäufen unbesehen des Anbieters, wovon Deutschland als Nachbarstaat der <strong>Schweiz</strong><br />

profitiert habe, sodann <strong>die</strong> machtpolitischen Verhältnisse, <strong>die</strong> gewisse <strong>Die</strong>nstleistungen an das<br />

Reich für <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> zur Überlebensfrage gemacht hätten. 151 Weber vertrat des weiteren <strong>die</strong><br />

Auffassung, dass Deutschland über grosse Vorkriegsreserven an Gold verfüge. 152<br />

<strong>Die</strong> veränderte Kriegslage, vor allem aber der politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Druck der sich <strong>im</strong><br />

Aufwind befindenden Alliierten hatten zur Folge, dass sich <strong>die</strong> SNB eine auf einer politischen<br />

<strong>und</strong> juristischen Absicherung beruhende Rechtfertigungsstrategie zurechtlegen musste. Was <strong>die</strong><br />

rechtliche Seite betraf, liess sie zunächst in zwei Rechtsgutachten <strong>die</strong> Tragweite der<br />

angekündigten Konsequenzen sowie vor allem <strong>die</strong> Frage der Rechtmässigkeit des Erwerbs von<br />

Gold, «das <strong>die</strong> Achsenmächte in den besetzten Gebieten beschlagnahmt <strong>und</strong> weggenommen<br />

haben», 153 abklären. <strong>Die</strong> «Notiz betreffend <strong>die</strong> Goldoperationen der <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Nationalbank» wies eingangs darauf hin, dass <strong>die</strong> rechtliche Befugnis der Besatzungsmacht zur<br />

Inbesitznahme der Goldbestände der jeweiligen Notenbanken, soweit <strong>die</strong>se privatrechtlichen<br />

Status besassen, unklar sei. 154 Für <strong>die</strong> Rechtmässigkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> eventuellen Konsequenzen<br />

derartiger Goldgeschäfte sei deshalb der Tatbestand des gutgläubigen Erwerbs von zentraler<br />

Bedeutung. 155 Falls <strong>die</strong> SNB überhaupt ihre Goldoperationen mit der Deutschen Reichsbank<br />

fortsetzen wollen, empfahl das Rechtsbüro <strong>im</strong> Hinblick auf <strong>die</strong> mit <strong>die</strong>sen Transaktionen<br />

verb<strong>und</strong>enen Risiken eine «verbindliche generelle schriftliche Erklärung der Deutschen<br />

Reichsbank betreffend ihr einwandfreies, gegebenenfalls auch nachweisbares Eigentum an dem<br />

der Nationalbank zu liefernden Gold» einzuverlangen, ferner den Umfang allfälliger weiterer<br />

Ankäufe «erheblich» einzuschränken sowie ausschliesslich deutsche Barren mit «deutschem<br />

Stempel <strong>und</strong> Bordereau» zu erwerben. 156 Auch das kurz danach be<strong>im</strong> Zürcher Völkerrechtsprofessor<br />

<strong>Die</strong>trich Schindler in Auftrag gegebene externe Rechtsgutachten hielt fest, dass <strong>die</strong><br />

Aneignung von Gold gemäss Haager Landkriegsordnung von 1907 157 nur <strong>im</strong> Rahmen eng<br />

151 BAR E 2001 (E) 1, Band 131, Conférence à la Banque Nationale Suisse (anwesend Weber, Rossy, Hirs, Gautier,<br />

Keller, Rezzonico, Kohli, Reichenau, Junod) vom 27. Januar 1944; siehe auch DDS, Band 15, Nr. 75, S. 210.<br />

152 Ibid., S. 210. Siehe auch Perrenoud 1987/1988, S. 80.<br />

153 Archiv SNB B3/117.8 I, Notiz betreffend <strong>die</strong> Goldoperationen der <strong>Schweiz</strong>erischen Nationalbank <strong>im</strong> Hinblick auf <strong>die</strong><br />

Erklärungen der Alliierten über den Goldhandel mit den Achsenmächten des Rechtsbüros der SNB vom 5. April 1944.<br />

154 Ibid., S. 9–11, 30.<br />

155 Ibid., S. 16: Es «kommt dem guten Glauben des Erwerbers einer Sache entscheidende Bedeutung zu, denn Art. 936 [des<br />

Zivilgesetzbuches] best<strong>im</strong>mt ganz allgemein, dass, wer eine Sache nicht in gutem Glauben erwerben hat, vom früheren<br />

Besitzer jederzeit auf Herausgabe derselben belangt werden kann. Es ist somit für den Eigentumserwerb erforderlich,<br />

dass der Erwerber gutgläubig gehandelt hat, das heisst dass ihm nicht bekannt war oder nach den Umständen sein<br />

musste, dass der Veräusserer zur Übertragung des Eigentums gar nicht befugt war. … Der gute Glaube liegt be<strong>im</strong><br />

Erwerber gr<strong>und</strong>sätzlich dann vor, wenn er in der redlichen Überzeugung handelt, durch den Erwerb kein fremdes Recht<br />

zu verletzen; er fehlt nicht nur da, wo der Erwerber den Mangel in der Verfügungsberechtigung des Veräusserers kennt,<br />

sondern auch da, wo er nach der Aufmerksamkeit, wie sie der redliche Verkehr von ihm verlangt, den Mangel hätte<br />

kennen müssen (BGE XXI pag. 836). Eine Pflicht zu näherer Erk<strong>und</strong>igung hat der Erwerber expressis verbis nicht. Ein<br />

neueres Urteil [BGE vom 7.10.1943] hat jedoch … festgestellt, dass da, wo besondere Umstände einen Verdacht gegen<br />

das Eigentumsrecht des Veräusserers erwecken, man vom Erwerber verlangen kann, dass er <strong>die</strong> Berechtigung des<br />

Veräusserers nachprüft ... .»<br />

156 Ibid., S. 31f.<br />

157 Art. 42ff. der Anlage zum Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 betreffend <strong>die</strong> Gesetze <strong>und</strong> Gebräuche des<br />

Landkriegs («Landkriegsordnung»).

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