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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 51<br />

Kapitel 1<br />

Be<strong>im</strong> Vergleich der Spalte 3 (Einfuhr von Gold in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> gemäss der schweizerischen Handelsstatistik)<br />

mit Spalte 2 (Zahlen der Reichsbank über <strong>die</strong> Lieferungen in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>) zeigt sich, dass für<br />

1942–1944 ungefähr Übereinst<strong>im</strong>mung besteht, für 1940 <strong>und</strong> 1941 aber nicht unbedeutende Differenzen<br />

vorhanden sind. 114<br />

Es gibt eine plausible Hypothese, welche den Unterschied zwischen den Zahlen der Reichsbank <strong>und</strong><br />

denjenigen der schweizerischen Handelsstatistik (gemäss Oberzolldirektion) erklärt: Auffällig ist, dass<br />

gerade in den Jahren 1940 <strong>und</strong> 1941 aussergewöhnlich viel Gold aus der Sowjetunion in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

gelangte. 115 <strong>Die</strong>se Goldeinfuhren gelangten nun aber nachweislich nicht direkt in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>, sondern<br />

nahmen den Umweg über Berlin. In den Büchern der Reichsbank sind solche «Russengold»-Lieferungen<br />

an <strong>Schweiz</strong>er Banken für 1940/41 <strong>im</strong> Gesamtwert von 166,3 Mio. Fr. verzeichnet. 116 Den weitaus<br />

grössten Teil davon, nämlich 22 653 Kilogramm Feingold <strong>im</strong> Wert von 110,3 Mio. Fr., erhielt der<br />

<strong>Schweiz</strong>erische Bankverein (SBV), während an <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>erische Bankgesellschaft (SBG) Gold<br />

«russischer Provenienz» <strong>im</strong> Umfang von total 6540 kgf (31,8 Mio. Fr.) ging. Aus den Reichsbankbüchern<br />

geht ausserdem hervor, dass eine Lieferung des deutschen Währungsinstituts an <strong>die</strong> SNB von<br />

4956 kgf (24,1 Mio. Fr.) <strong>im</strong> Transit via Berlin aus Moskau gesandt wurde. Ungeklärt ist, ob es sich in<br />

jedem Fall um <strong>im</strong> Besitz der UdSSR befindliches Gold <strong>im</strong> Transit via Berlin oder um von der<br />

Reichsbank in der UdSSR erworbenes Gold handelte, das in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> transportiert wurde.<br />

Nicht nur <strong>die</strong> schweizerischen Zollbehörden kannten <strong>die</strong> Herkunft <strong>die</strong>ser deutschen Lieferungen aus der<br />

mit Hitler verbündeten Sowjetunion. Auch <strong>die</strong> schweizerische B<strong>und</strong>esanwaltschaft <strong>und</strong> <strong>die</strong> Kantonspolizei<br />

Zürich waren <strong>im</strong> Bilde. 117 <strong>Die</strong> Haltung der SNB <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esrat zu <strong>die</strong>sen Vorgängen wird in<br />

Kapitel 2 erläutert. 118 Herkunft <strong>und</strong> Verwendung des Goldes waren ein offenes Gehe<strong>im</strong>nis: So verfügte<br />

<strong>die</strong> amerikanische Botschaft in Bern ebenfalls über <strong>die</strong> Angaben der Gold-Import-Exportstatistik <strong>und</strong><br />

informierte <strong>die</strong> US-Regierung über <strong>die</strong> Zusammenhänge. «There was an opportunity several days ago to<br />

mention this traffic in a further conversation on this subject with Mr. Rossy [Generaldirektor der<br />

SNB]», schrieb Minister Leland Harrison an den Secretary of State in Washington <strong>im</strong> April 1940.<br />

«The latter [Rossy] appeared to be somewhat embarrassed by the citation of the figures showing the large<br />

<strong>im</strong>ports by Switzerland of Russian gold and my assumption that the shipments proceeded almost <strong>im</strong>mediately to<br />

the United States. Mr. Rossy stated that the bulk of the Russian gold was assayed and resmelted at Le Locle, at<br />

114 <strong>Die</strong> Lieferungen <strong>im</strong> Jahre 1945 sind nicht mehr in <strong>die</strong> Bücher der Reichsbank eingegangen.<br />

115 Russland/Sowjetunion in der Jahresstatistik des Aussenhandels 1927–1946 (<strong>Schweiz</strong>erische Handelsstatistik): ab 1926<br />

inkl. Ukraine; 1941 inkl. Lettland, Litauen, Estland; ab 1942 ohne Lettland, Litauen, Estland. (Länderverzeichnis<br />

Aussenhandelsstatistik der <strong>Schweiz</strong> (1925–1950), erstellt durch <strong>die</strong> Eidg. Oberzolldirektion, Abt.<br />

Aussenhandelsstatistik). <strong>Die</strong> Importzahlen lauten (in Mio. Fr.; zur Vergleichbarkeit der Handelsstatistik mit den<br />

übrigen Quellen siehe Anmerkung zu Spalte 4 in Tabelle II):<br />

1937 0<br />

1938 0<br />

1939 12,3<br />

1940 121,9<br />

1941 38,4<br />

1942 0<br />

1943 keine Angaben<br />

1944 0<br />

1945 0<br />

116 U.S. National Archives, RG 56, Entry 66-A-816, Liste der abgesandten Goldtransporte, Mikrofilm-Rolle 62.<br />

117 Der Nachrichten<strong>die</strong>nst der Kantonspolizei Zürich <strong>und</strong> <strong>die</strong> B<strong>und</strong>esanwaltschaft führten 1940 Untersuchungen durch über<br />

Eisenbahntransporte mit «russischem Gold», <strong>die</strong> von Angestellten der Reichsbank begleitet wurden <strong>und</strong> an den SBV in<br />

Le Locle gingen. Der SBV schmolz <strong>die</strong> Barren um <strong>und</strong> versah sie mit schweizerischem Stempel. Siehe dazu näher<br />

DDS, Band 13, Nr. 242, S. 576.<br />

118 Siehe dazu Kapitel 2.3.1.

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