19.11.2013 Aufrufe

Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zwischenbericht Gold 46<br />

Kapitel 1<br />

auch in Konzentrationslagern inhaftierten Personen abgenommen, so vor allem Golduhren,<br />

Brilleneinfassungen, Eheringe, Schmuck, Kultgeräte <strong>und</strong> Zahngold.<br />

III/1. Vierjahresplan-Aktivitäten. <strong>Die</strong> deutsche Regierung erliess verschiedene Dekrete, <strong>die</strong> alle<br />

deutschen Staatsbürger aufforderten (<strong>und</strong> später auch <strong>die</strong> Bürger aller besetzten Länder), ihr Gold<br />

der Regierung gegen Papiergeld abzuliefern. <strong>Die</strong>sen Anordnungen folgten später allgemeinere<br />

Best<strong>im</strong>mungen über Vermögenswerte, einschliesslich Gold. <strong>Die</strong> Missachtung der Anordnungen zog<br />

strenge Strafen nach sich. Vom Direktorium des Vierjahresplanes verfasste Dokumente sprechen<br />

von 71,8 Mio. $, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong>se Weise von Privatpersonen konfisziert wurden. 96<br />

III/2. «Melmer-Gold». Gold aus den Konzentrations- <strong>und</strong> Vernichtungslagern <strong>im</strong> Osten: überwiegend<br />

Belzec, Sobibor, Treblinka sowie Auschwitz-Birkenau <strong>und</strong> Lublin-Maidanek. Vom<br />

August 1942 an lieferte SS-Hauptsturmführer Bruno Melmer (Leiter der Hauptabteilung AII-<br />

Amtskasse/Gebührnisstelle des SS-WVHA) Wertsachen, einschliesslich Gold, bei der Reichsbank<br />

ab. 97 Das Gold stammte aus dem Privatbesitz von in Auschwitz <strong>und</strong> anderen Vernichtungslagern<br />

<strong>im</strong> Osten inhaftierten <strong>und</strong> ermordeten Personen. <strong>Die</strong> Melmer-Lieferungen beliefen sich auf mehr als<br />

2,9 Mio. $. Es wäre hingegen falsch anzunehmen, dass das mit «Melmer» bezeichnete Gold das<br />

gesamte in den östlichen Vernichtungs- <strong>und</strong> Konzentrationslagern geraubte Gold umfasst. Ein Teil<br />

des Melmer-Goldes wurde von der Preussischen Münze umgeschmolzen <strong>und</strong> ins Ausland<br />

gebracht. 98<br />

III/3. Andere Vermögenswerte (Residualgrösse). <strong>Die</strong> Summe von 7,3 Mio. $ ist der Restsaldo, der<br />

nötig ist, um <strong>die</strong> beiden Seiten der Übersicht über <strong>die</strong> Reichsbankoperationen ins Gleichgewicht zu<br />

bringen. Aufgr<strong>und</strong> vorliegender Informationen kann angenommen werden, dass in <strong>die</strong>sem Betrag<br />

Gold enthalten ist, das sich <strong>die</strong> Reichsbank zusätzlich zu den in den Positionen III/1 <strong>und</strong> III/2<br />

genannten Werten aneignete. Es handelt sich um Gold, das von Einzelpersonen, <strong>die</strong> nicht unter <strong>die</strong><br />

Jurisdiktion des Vierjahresplans fielen, durch Dekrete, Anordnungen <strong>und</strong> Gesetze konfisziert wurde<br />

sowie um Gold, das von Opfern der Konzentrationslager beschlagnahmt wurde <strong>und</strong> das in den oben<br />

erwähnten Kategorien nicht erfasst ist. 99 Dazu kommt, dass das NS-Reg<strong>im</strong>e Gold auch auf den<br />

Schwarzmärkten erwarb – <strong>im</strong> besetzten Europa ebenso wie in neutralen Ländern –, indem es Wertsachen<br />

verkaufte (besonders Diamanten), <strong>die</strong> Opfern gestohlen worden waren <strong>und</strong> unter anderm als<br />

«Judenschmuck» bezeichnet wurden. Auch Banknoten wurden verkauft.<br />

IV. Goldkäufe <strong>im</strong> Ausland / Transithandel. <strong>Die</strong> Reichsbank kaufte während des Kriegs eine<br />

relativ geringe Menge von Gold von ausländischen Banken. Sie führte ausserdem Transithandel<br />

für <strong>die</strong> Staatsbank der Sowjetunion durch.<br />

96<br />

97<br />

98<br />

99<br />

Vierjahresplanakten.<br />

Siehe BAB (BDC), SS-Offiziersakte Bruno Melmer.<br />

Reichsbankbücher, U.S. National Archives. <strong>Die</strong> hier zitierte Zahl von 2,9 Millionen Dollar schliesst nur Goldmünzen<br />

<strong>und</strong> Barren ein, <strong>die</strong> der Reichsbank gemäss den Eintragungen der Reichsbank-Edelmetallabteilung von Melmer<br />

geliefert wurden. Der Wert des aus Auschwitz <strong>und</strong> anderen östlichen Lagern gebrachten Opfergoldes, wie zum Beispiel<br />

Zahngold, Uhren <strong>und</strong> Ringe, ist unter «Andere Vermögenswerte (Residualgrösse)» aufgeführt. Keine <strong>die</strong>ser Zahlen<br />

berücksichtigt nicht-goldene Wertsachen wie Papiergeld. Siehe III/3 des Kommentars zu <strong>die</strong>ser Tabelle. Infolge einer<br />

zweiten Untersuchung der sehr schlecht lesbaren Mikrofilme war es hier möglich, eine Korrektur der in der<br />

Statistischen Übersicht vom Dezember 1997 publizierten Zahl vorzunehmen. <strong>Die</strong> Frage des in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> gelieferten<br />

«Melmer-Golds» wird in Abschnitt 1.5 <strong>die</strong>ses Kapitels behandelt.<br />

Genauere Angaben für <strong>die</strong>ses Gold fehlen. <strong>Die</strong> in der vorliegenden Übersicht ausgewiesene Zahl ergibt sich<br />

buchhalterisch aus der Regel, dass <strong>die</strong> Soll- <strong>und</strong> Habenseite der «Bilanz» sich ausgleichen müssen. Daher entspricht<br />

der mit «Andere Vermögenswerte (Residualgrösse)» umschriebene Restposten der Differenz zwischen allen<br />

Goldabgaben <strong>und</strong> allen bekannten Goldübernahmen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!