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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 155<br />

Kapitel 3<br />

zwei verschiedene Dollarkategorien fest: den «Warendollar» 22 <strong>und</strong> den «Finanzdollar». <strong>Die</strong><br />

«Warendollars» erhielten ihren Namen durch <strong>die</strong> «Dollarspitzen», <strong>die</strong> aus dem Exportgeschäft<br />

stammten. Schon <strong>im</strong> Mai 1940 hatte <strong>die</strong> SNB <strong>im</strong> Einverständnis mit den B<strong>und</strong>esbehörden <strong>die</strong><br />

Banken aufgefordert, Devisen nur noch für den Bedarf des Aussenhandels <strong>und</strong> für<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen abzugeben. Mit dem Gentlemen’s Agreement wurde <strong>die</strong>se Politik durch eine<br />

informelle Absprache, wie sie <strong>im</strong> schweizerischen politischen System häufig waren,<br />

sanktioniert. 23 Rechnerisch ging <strong>die</strong> SNB davon aus, dass sich das Exportdollarangebot <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Importdollarnachfrage nahezu <strong>die</strong> Waage halten würden. 24 Damit hätte sich auch ihr aus der<br />

«Dollarspitze» resultierendes Engagement in engeren Grenzen gehalten. Im Gegenzug strebte<br />

<strong>die</strong> Übereinkunft mit den Banken, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Bewilligungspolitik der Sektion Ein- <strong>und</strong><br />

Ausfuhr des EVD flankiert wurde, <strong>die</strong> Unterbindung der konzessionswidrigen Geschäfte der<br />

Importeure an. Letztere sollten dazu veranlasst werden, <strong>im</strong> Zahlungsverkehr nur jene Dollars<br />

zu verwenden, <strong>die</strong> bei der Konvention X unterstellten Geschäftsbanken zum offiziellen Kurs<br />

erworben wurden.<br />

<strong>Die</strong> «Warendollars» umfassten aber auch jene Dollars, welche <strong>die</strong> SNB zur Zahlung<br />

diplomatischer Vertretungen in der <strong>Schweiz</strong>, zur Unterstützung humanitärer <strong>Die</strong>nste sowie<br />

gemeinnütziger Aufgaben <strong>und</strong> <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Versicherungsverkehr zum<br />

offiziellen Kurs in Franken umgewandelt hatte. Deshalb wurde auch vorgeschlagen, es sei von<br />

«offiziellen Dollars» zu sprechen. <strong>Die</strong> «Finanzdollars» stellten demgegenüber eine Residualkategorie<br />

dar, <strong>die</strong> sich auf alle Dollarguthaben in schweizerischer Hand bezog, <strong>die</strong> «ausser in<br />

Ausnahmefällen» 25 nicht zum bevorzugten offiziellen Wechselkurs bei der SNB umgewandelt<br />

werden konnten. Es handelte sich um Dollars, <strong>die</strong> aus dem Kapitaltransfer stammten oder <strong>die</strong><br />

aus Zinsen, Vermögenserträgen, Dividenden, Lizenzen, Patentrechten, aber auch aus dem<br />

Versicherungsgeschäft anfielen. Um zu verhindern, dass <strong>die</strong> De facto-Abwertung des Dollars<br />

nicht zu weit ging, hielt das Gentlemen’s Agreement fest, <strong>die</strong> Banken müssten sich be<strong>im</strong><br />

Handel mit Finanzdollars an eine Marge halten, <strong>die</strong> nicht unter 4.23 liegen solle. 26 Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>die</strong>ser Verpflichtung entstand alsbald ein Dollarmarkt ausserhalb des Geschäftsbankenbereichs,<br />

auf dem <strong>die</strong> Kurse teilweise stark unter <strong>die</strong>ser L<strong>im</strong>ite lagen. <strong>Die</strong>s wurde aus drei Gründen<br />

negativ bewertet: Erstens spielten politische Überlegungen eine Rolle, weil eine solche Politik<br />

in den USA auf Kritik stiess; zweitens wirkte sich <strong>die</strong> Überbewertung des Frankens via<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

<strong>Die</strong> Warendollars wurden auch Kommerzdollars <strong>und</strong> Exportdollars genannt.<br />

<strong>Schweiz</strong>erische Nationalbank 1957, S. 240.<br />

Nach der offiziellen Jahresstatistik betrug allerdings das Verhältnis Import/Export der <strong>Schweiz</strong> gegenüber den USA <strong>im</strong><br />

Jahr 1942 235,245 Millionen Franken zu 102,233 Millionen Franken, <strong>im</strong> Jahr 1943 bereits 56,412 Millionen Franken<br />

zu 152,803 Millionen Franken <strong>und</strong> <strong>im</strong> Jahr 1944 21,184 Millionen Franken zu 140,824 Millionen Franken.<br />

<strong>Schweiz</strong>erischer Bankverein 1945, S. 72f. Zu den regulären Warenexporten kamen ab Winter 1944/45 <strong>die</strong> Warenkäufe<br />

(vor allem Medikamente) der in Nähe der <strong>Schweiz</strong>er Grenze kämpfenden alliierten Truppen; siehe Ordner<br />

«Frankenabgabe an <strong>die</strong> amerikanische Regierung <strong>und</strong> Dollartransfer, 1944–45», BAR E 7110 1973/135, Band 31; siehe<br />

auch DDS, Band 15, S. 930.<br />

Gentlemen’s Agreement zwischen der <strong>Schweiz</strong>erischen Nationalbank <strong>und</strong> den <strong>Schweiz</strong>er Banken, Beilage zu Brief<br />

Robert la Roche, A. Caflisch an <strong>die</strong> in der SBVg vertretenen Banken, Basel 24.9.1941, BAR E 2001 (D) 2, Band 253.<br />

Ibid.

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