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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 178<br />

Kapitel 4<br />

<strong>die</strong>se Vorgänge zu bewerten? Moralische Bedenken oder politisch motivierte Vorsichtsmassnahmen<br />

seitens der <strong>Schweiz</strong>er Geschäftsbanken sind in den untersuchten Quellen nicht<br />

feststellbar. Der Umstand, dass <strong>die</strong> Transaktionen <strong>im</strong> Wissen der SNB-Verantwortlichen<br />

durchgeführt wurden, kann als Begründung nicht befriedigen. Es stellt sich daher <strong>die</strong> Frage,<br />

was <strong>die</strong> Verantwortlichen der <strong>Schweiz</strong>er Banken dazu motivierte, den Goldhandel fortzusetzen,<br />

vor allem ab Sommer 1943, als es nur noch um relativ kleine Mengen ging, <strong>die</strong> Herkunft<br />

des Goldes aber offenk<strong>und</strong>ig problematisch war.<br />

<strong>Die</strong> SNB zog <strong>die</strong> direkten Goldlieferungen der Reichsbank in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> ab 1942 weitgehend<br />

an sich. In beschränktem Mass gab es für <strong>die</strong> Geschäftsbanken dennoch <strong>die</strong> Möglichkeit, Gold<br />

aus Berlin anzunehmen, wenn auch nicht direkt von der Reichsbank. Ein interessanter Fall ist in<br />

<strong>die</strong>sem Zusammenhang das Golddepot der rumänischen Zentralbank bei der SBG, über das<br />

verschiedene deutsche Lieferungen innerhalb der <strong>Schweiz</strong>er Grenzen abgewickelt wurden. 50<br />

Bekanntlich bestand während des Krieges für ausländische Notenbanken gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>die</strong><br />

Möglichkeit, Gold an <strong>die</strong> SNB zu senden <strong>und</strong> von dort aus an andere ausländische Notenbanken<br />

weiterleiten zu lassen. <strong>Die</strong>sen Umweg über das Berner Depot nahmen Goldzessionen<br />

der Reichsbank an <strong>die</strong> Notenbanken Portugals, Spaniens, Schwedens <strong>und</strong> ab Mai 1944 auch<br />

Lieferungen an <strong>die</strong> Rumänische Nationalbank. 51 Im Unterschied zu anderen Notenbanken<br />

verfügte das rumänische Noteninstitut indes nicht nur über ein Goldkonto bei der SNB,<br />

sondern, was unüblich war, auch über eines bei der SBG. 52 In den Monaten nach April 1941<br />

kaufte <strong>die</strong> SBG für <strong>die</strong> Rumänische Nationalbank auf dem schweizerischen Goldmarkt<br />

Barrengold, durchaus mit Wissen der SNB. 53 Von besonderem Interesse sind <strong>die</strong> Transaktionen<br />

der SBG für Rumänien gut drei Jahre später: Von Mai bis August 1944 nahm <strong>die</strong> Bank<br />

in drei Lieferungen Goldbarren <strong>und</strong> Münzen <strong>im</strong> Wert von insgesamt 51 Millionen Franken aus<br />

dem Berner SNB-Depot der Reichsbank zu sich ins Depot auf Rechnung der Rumänischen<br />

Nationalbank. 54 Sehr wahrscheinlich standen <strong>die</strong>se Transaktionen in Zusammenhang mit dem<br />

deutsch-rumänischen Wirtschaftsabkommen vom 9. Februar 1944, das rumänische Getreidelieferungen<br />

an Deutschland gegen Bezahlung in <strong>Schweiz</strong>erfranken vorsah. 55 Ein weiterer<br />

50<br />

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52<br />

53<br />

54<br />

55<br />

Es bedarf dringend weiterer Forschung, um <strong>die</strong> D<strong>im</strong>ensionen sowie <strong>die</strong> wirtschafts- <strong>und</strong> handelspolitischen<br />

Hintergründe der über <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> laufenden <strong>Goldtransaktionen</strong> nach Rumänien auszuleuchten. Rumänien spielte als<br />

militärischer Verbündeter <strong>und</strong> als Rohstofflieferant (vor allem von Erdöl) eine wichtige Rolle für <strong>die</strong> Kriegswirtschaft<br />

des Dritten Reichs. Rumänien war auch ein bedeutender Handelspartner der <strong>Schweiz</strong>. Zur Rolle Rumäniens: Boelcke<br />

1976, besonders S. 306; Boelcke 1994, S. 106–111, S. 158–166; siehe auch Fior 1997, S. 79.<br />

Für eine tabellarische Übersicht: Fior 1997, S. 136–137.<br />

Zu den Bewegungen auf dem Depot der Rumänischen Nationalbank bei der SNB siehe Archiv SNB, Lagerbuchhaltung<br />

der K<strong>und</strong>en-Golddepots, 1939–1945, 4.3.1997; Fior 1997, Tabellen S. 136–137. Zum rumänischen Depot bei der SBG<br />

siehe Archiv SNB, 117.0, Brief an <strong>die</strong> Generaldirektion der <strong>Schweiz</strong>erischen Bankgesellschaft, Bern 15. August 1941;<br />

sowie <strong>die</strong> Umfrage der SNB bei den Grossbanken <strong>im</strong> November 1941: Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums,<br />

27.11.1941, Nr. 877, S. 1099–1100.<br />

Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 9.4.1941, Nr. 307, S. 370.<br />

663 Barren <strong>im</strong> Wert von 38 782 148 Franken sowie Lator-Münzen zum Kassawert von 12 167 000 (nominal:<br />

8 660 000) Franken. Archiv SNB, Lagerbuchhaltung der K<strong>und</strong>en-Golddepots, 1939–1945, 4.3.1997; Archiv SNB, ohne<br />

Signatur, Quartalsrapporte über Goldoperationen, 1944; siehe auch Archiv SNB, 117.1, «Goldverkehr des<br />

Reichsbankdirektoriums Berlin mit der <strong>Schweiz</strong>erischen Nationalbank», 7.2.1945, S. 3.<br />

DDS, Band 15, Nr. 89, Brief der SNB an das Politische Departement vom 24.2.1944; BAR 2001 (E) 2, Band 617.

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