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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 35<br />

Kapitel 1<br />

bestand, bezifferte der Angeklagte für das Jahr 1942 auf r<strong>und</strong> 180 000 RM. <strong>Die</strong> Goldgegenstände<br />

liess er zum Kr<strong>im</strong>inaltechnischen Institut bringen, wo sie wie das Zahngold der Nachlassabteilung<br />

verschmolzen wurden. Das verschmolzene Gold wurde an <strong>die</strong> Degussa verkauft<br />

....» 48<br />

Ungeklärt ist, ob das Zahngold von Opfern der T4-Aktion in den Besitz der Reichsbank<br />

gelangte.<br />

In der Sowjetunion 49 führten unmittelbar nach dem deutschen Überfall von 1941 Einsatzkommandos<br />

öffentliche Massenerschiessungen durch. Danach wurden Ghettos errichtet, in <strong>die</strong> man<br />

<strong>die</strong> zur Ermordung best<strong>im</strong>mten Juden brachte. <strong>Die</strong>se Ghettos wurden später «geräumt», <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> dort zusammengetriebenen Menschen wurden vor Ort ermordet oder weiter deportiert.<br />

Von den ersten Monaten der deutschen Besetzung bis in das Jahr 1942 wurden den jüdischen<br />

Gemeinden sowie anderen Bevölkerungsgruppen Kontributionen in enormer Höhe abgepresst,<br />

<strong>die</strong> häufig in Edelmetallen zu erbringen waren. <strong>Die</strong> Beschlagnahmung des jüdischen Eigentums<br />

oblag in militärverwalteten Gebieten den militärischen Wirtschafts<strong>die</strong>nststellen, in den sogenannten<br />

Reichskommissariaten Ostland <strong>und</strong> Ukraine zivilen <strong>Die</strong>nststellen, namentlich den<br />

Gebietskommissaren. <strong>Die</strong> Sicherheitspolizei beanspruchte allerdings den Zugriff auf <strong>die</strong><br />

wertvollsten Gegenstände. Ob <strong>die</strong>s erfolgreich war, hing von der Machtkonstellation vor Ort<br />

ab.<br />

Opfergold gelangte in Form von Schmuck wie Ringen oder Uhren, als Münzen, aber auch als<br />

Zahngold nach Berlin. <strong>Die</strong> Zivilverwaltung unterhielt Konten mit entsprechender Bezeichnung<br />

50 <strong>und</strong> rechnete offenbar direkt mit der Reichsbank ab. Schmuck ging an <strong>die</strong> Städtische<br />

Pfandleihanstalt Berlin, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gegenstände verwertete beziehungsweise unter der Aufsicht<br />

der Reichsstelle für Edelmetalle einschmelzen liess, wenn sie nicht verkauft werden konnten.<br />

Militärische <strong>Die</strong>nststellen (Feldkommandanturen) überwiesen an <strong>die</strong> Reichshauptkasse, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong>se Einlieferungen laufend <strong>im</strong> «Beutebuch Russland» eintrug. 51 <strong>Die</strong> beschriebenen Verfahren<br />

galten übrigens genauso für Gold, das nichtjüdischen Einwohnern abgenommen wurde.<br />

Es ist allerdings davon auszugehen, dass vermutlich nur ein geringer Teil der Beute aus der<br />

Sowjetunion <strong>die</strong> vorgesehene Instanz erreichte. <strong>Die</strong> Sicherheitspolizei beispielsweise war an<br />

sich verpflichtet, beschlagnahmte Edelmetalle an <strong>die</strong> Zivilverwaltung abzugeben. Was mit<br />

48<br />

49<br />

50<br />

51<br />

Landesgericht Frankfurt, Urteil Hans-Joach<strong>im</strong> Becker <strong>und</strong> Friedrich Robert Lorent, Ks 1/69 (GStA), 27.5.1970, S. 115.<br />

Weitere Verfahren, in denen Informationen über <strong>die</strong> Beraubung von Opfern <strong>und</strong> <strong>die</strong> Umschmelzung von Goldzähnen zu<br />

Goldbarren dokumentiert werden, sind: Staatsanwaltschaft Düsseldorf, Verfahren Albert Widmann, 8 Ks 1/61 (8 Js<br />

(7212/59), Interrogation Widmann 15.1.1960, S. 5, sowie Staatsanwaltschaft Stuttgart, Verfahren Albert Widmann, Ks<br />

19/62 (19 Js 328/60), Zeugenvernehmung Klara Mattmüller in der T4-Wirtschaftsabteilung in Berlin (Freiburg,<br />

17.2.1966, StA Frankfurt Js 7/63 <strong>und</strong> Js 15/63 GStA). <strong>Die</strong>se zwei Bestände sowie der in der obigen Anmerkung<br />

genannte Bestand finden sich in der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg.<br />

Für Hinweise zu den Verhältnissen in der Sowjetunion danken wir Christoph <strong>Die</strong>ckmann, Frankfurt a. M., <strong>und</strong><br />

Christian Gerlach, Berlin.<br />

Es gab «J»-Konten oder -«Fonds» unter der Aufsicht der Reichsstelle für Edelmetalle sowie Konten unter der<br />

Bezeichnung «J» <strong>und</strong> vergleichbaren Namen bei den Treuhand- <strong>und</strong> Finanzabteilungen der besetzten sowjetischen<br />

Gebiete, welche <strong>die</strong> entsprechenden Beträge an <strong>die</strong> Reichsbank überweisen.<br />

BAB, R 2104/84–88. Vom Militär beschlagnahmtes Münzgold traf auch aus anderen Besatzungsgebieten (Polen,<br />

Frankreich etc.) ein <strong>und</strong> wurde in solchen Beutebüchern registriert.

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