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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 77<br />

Kapitel 2<br />

Ursprungszeugnis auszustellen hatte, beschlossen <strong>die</strong> Generaldirektoren dann aber, «<strong>die</strong> von<br />

Deutschland erhaltenen Goldbarren vorläufig in der <strong>Schweiz</strong> zu behalten das heisst nicht zum<br />

Versand zu bringen». 38<br />

Den grösseren Teil ihrer Goldgeschäfte wickelte <strong>die</strong> Reichsbank anfänglich ohnehin nicht über<br />

<strong>die</strong> schweizerische Notenbank, sondern über <strong>die</strong> kommerziellen Bankinstitute ab (siehe<br />

Kapitel 4). <strong>Schweiz</strong>er Geschäftsbanken nahmen allein <strong>im</strong> ersten Halbjahr 1940 von der Reichsbank<br />

Goldsendungen <strong>im</strong> Wert von insgesamt 115,2 Millionen Franken an. 39 Über <strong>die</strong>se Transaktionen<br />

ist insgesamt wenig bekannt. Wie in Kapitel 1 erläutert (siehe Kommentar zu Tabelle<br />

II), handelte es sich bei den Barrensendungen der Reichsbank an schweizerische<br />

Geschäftsbanken <strong>im</strong> ersten Semester 1940 unter anderem um Gold der sowjetischen Staatsbank.<br />

40 <strong>Die</strong>ses Gold – oder zumindest ein Teil davon – wurde für den Zahlungsverkehr mit den<br />

USA verwendet <strong>und</strong> passierte <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> <strong>im</strong> Transit. 41<br />

Im Februar 1940 war <strong>die</strong> SNB bereits von der schweizerischen B<strong>und</strong>esanwaltschaft darauf<br />

angesprochen worden, dass der <strong>Schweiz</strong>erische Bankverein (SBV) in Le Locle 5000 kg russisches<br />

Gold aus Berlin übernommen habe. Das Direktorium orientierte <strong>die</strong> Geschäftsbank<br />

darüber, «dass solche Goldgeschäfte nicht gerne gesehen werden». 42 Wie SNB-Direktoriumspräsident<br />

Weber vom damaligen Vizepräsidenten des Bankvereins, Armand Dreyfus, erfuhr,<br />

handelte es sich<br />

«... um ein Goldgeschäft, das früher über Holland getätigt worden sei. Es berühre <strong>die</strong><br />

Valutalage der <strong>Schweiz</strong> keineswegs, da es gegen Dollars abgewickelt werde. Das<br />

I. Departement [Weber] ist der Meinung, dass <strong>die</strong>se Transaktionen, obwohl sie vom mehr<br />

politischen Gesichtspunkt aus vielleicht nicht sehr erwünscht sind, nicht verboten werden<br />

können, da <strong>die</strong> Rechtsgr<strong>und</strong>lage hierzu fehlen würde. <strong>Die</strong> Sache soll aber weiter <strong>im</strong> Auge<br />

behalten werden.» 43<br />

<strong>Die</strong> Leiter der SNB waren besorgt darüber, dass <strong>die</strong> besagten Goldverschiebungen über <strong>die</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> in den USA auf Misstrauen stiessen. <strong>Die</strong> amerikanische Gesandtschaft in der <strong>Schweiz</strong><br />

wurde in der Angelegenheit tatsächlich zwischen Februar <strong>und</strong> April 1940 bei Generaldirektor<br />

38<br />

39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

43<br />

Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 7. Mai 1940, Nr. 368, S. 440.<br />

Siehe Tabelle V/1 in Kapitel 1.<br />

Sämtliche Lieferungen der Reichsbank an <strong>die</strong> Filiale des <strong>Schweiz</strong>erischen Bankvereins in Le Locle während des Kriegs<br />

waren sowjetischer Provenienz. Das geht aus entsprechenden Eintragungen in den Reichsbankbüchern hervor. <strong>Die</strong><br />

Transfers fielen in den Zeitraum vom Januar bis April 1940. U.S. National Archives II, RG 56, Entry 66-A-816, Liste<br />

der abgesandten Goldtransporte, Mikrofilm Rolle 62. <strong>Die</strong> Angaben <strong>im</strong> sogenannten Herzog-Bericht von 1957 zu den<br />

dort ebenfalls verzeichneten Transaktionen sind hinsichtlich der Herkunftsangabe des Goldes aus der Sowjetunion<br />

unvollständig. Historisches Archiv der Deutschen B<strong>und</strong>esbank in Frankfurt am Main, Herbert Herzog, Dokumentation<br />

über das <strong>im</strong> Kriege nach Deutschland verbrachte Münzgold Italiens, Wien 1957, Annex III, S. 83–84. Siehe dazu auch<br />

den Kommentar zu Tabelle II in Kapitel 1. Siehe auch <strong>die</strong> Ausführungen von Trepp über <strong>die</strong> Umschmelzung von<br />

russischem Gold bei der Goldscheideanstalt des <strong>Schweiz</strong>erischen Bankvereins in Le Locle. Trepp 1993, S. 55.<br />

<strong>Die</strong> «Russengold»-Transaktionen nach Mitte 1940 mit der <strong>Schweiz</strong>erischen Bankgesellschaft (SBG) <strong>die</strong>nten dann vor<br />

allem der Finanzierung schweizerischer Warenexporte in <strong>die</strong> Sowjetunion. Siehe dazu Kommentar zu Tabelle V/1 <strong>und</strong><br />

V/2 in Kapitel 1.<br />

Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 29.2./1.3.1940, Nr. 164, S. 171.<br />

Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 7.3.1940, Nr. 191, S. 211.

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