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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 83<br />

Kapitel 2<br />

des Briefes umgehend an <strong>die</strong> beiden B<strong>und</strong>esräte Wetter <strong>und</strong> Pilet-Golaz weiter, begleitet mit<br />

einem persönlichen Schreiben, indem er nochmals <strong>die</strong> Bedeutung des Frankens als einzige freie<br />

Währung in Europa hervorhob:<br />

«Wie Sie wissen, hat sich <strong>die</strong> Nationalbank aus währungspolitischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Gründen stets gegen <strong>die</strong> Einführung einer Devisenzwangswirtschaft ausgesprochen. <strong>Die</strong><br />

Stellungnahme der Nationalbank war ausschliesslich bedingt durch <strong>die</strong> schweizerischen<br />

Bedürfnisse. Es besteht aber kaum ein Zweifel, dass das Vorhandensein einer freien Währung,<br />

wie sie der <strong>Schweiz</strong>erfranken in Europa noch allein darstellt, auch für andere Länder unseres<br />

Kontinents von Nutzen sein kann.» 63<br />

Weber verknüpfte sein Bekenntnis zur Konvertibilität auf geschickte Weise mit dem Hinweis<br />

auf den Nutzen, den deren Aufrechterhaltung für Deutschland hatte. <strong>Die</strong> beiläufige Äusserung<br />

Puhls brachte <strong>die</strong> willkommene Bestätigung, dass es <strong>im</strong> Interesse der Unabhängigkeit des<br />

Landes lag, auch <strong>im</strong> veränderten politischen Kontext an den hergebrachten währungspolitischen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen festzuhalten. Wie weit <strong>die</strong> Kooperationsbereitschaft gegenüber dem<br />

militärisch erfolgreichen Deutschland ging, kommt auch in einer Rede von SNB-Generaldirektor<br />

Rossy zum Ausdruck, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser <strong>im</strong> Juli 1940 in seiner Funktion als Präsident der<br />

Sektion Bern des Stadtbernischen Handels- <strong>und</strong> Industrievereins hielt. Rossy plä<strong>die</strong>rte dafür,<br />

sich nicht auf «<strong>die</strong> passive Anpassung [zu] beschränken», sondern «bewusst seinen Platz in<br />

<strong>die</strong>ser neuen Welt [zu] suchen». 64<br />

Zwar hatte <strong>die</strong> auf Vorstellungen von einer autarken Grossraumwirtschaft ausgerichtete<br />

deutsche Finanzpolitik ursprünglich angestrebt, sich vollständig vom Gold als metallischer<br />

Basis der Währung zu lösen. 65 <strong>Die</strong> schweizerische Währungsverfassung, <strong>die</strong> strikte an der<br />

Goldbindung des Frankens festhielt, stand dazu aber nicht <strong>im</strong> Widerspruch. Vielmehr war <strong>die</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>, gerade weil sich deren Währungssystem zum deutschen komplementär verhielt, ein<br />

63<br />

64<br />

65<br />

Zitiert nach Perrenoud 1987/88, S. 53. Siehe auch Universitätsbibliothek Basel, Handschriftenabteilung, Nachlass Per<br />

Jacobsson, Diary, 27.11.1940.<br />

«<strong>Die</strong> Ereignisse <strong>die</strong>ser letzten Wochen haben <strong>die</strong> Ordnung der Dinge in Europa vollständig aus dem Gleichgewicht<br />

gebracht <strong>und</strong> <strong>die</strong>s, wie mir scheinen will, nicht nur vorübergehend. <strong>Die</strong> Welt, <strong>und</strong> mit ihr natürlich auch unser Land,<br />

sehen sich vor neue Verhältnisse gestellt, an <strong>die</strong> man sich wird gewöhnen müssen. Ich bin zwar der Meinung, dass wir<br />

mit der Gewöhnung <strong>und</strong> Anpassung allein nicht zum Ziele kommen werden. Unser Land wird vielmehr bewusst seinen<br />

Platz in <strong>die</strong>ser neuen Welt suchen <strong>und</strong> bestrebt sein müssen, darin eine aktive Rolle zu spielen. Keinesfalls dürfen wir<br />

uns lediglich auf <strong>die</strong> passive Anpassung beschränken. Ich glaube kaum, dass wir unserer Aufgabe gerecht werden,<br />

wenn wir versuchen, uns eine neue Ideologie zu schaffen. Nur durch unsere Arbeit werden wir <strong>die</strong> uns zukommende<br />

Stellung behaupten können. ... Zu <strong>die</strong>sem Zwecke wird es notwendig sein, rechtzeitig unsere Mitarbeit in dem Kreise<br />

vorzubereiten, in dem wir mitzuwirken berufen sein werden. <strong>Die</strong>se Vorbereitung scheint um so schwieriger zu sein, als<br />

sie nicht nur von uns allein abhängt, sondern hauptsächlich von der Industrie-, Handels- <strong>und</strong> Finanzpolitik, <strong>die</strong> das<br />

Europa von morgen beherrschen wird. Es ist möglich, dass <strong>die</strong>se Vorbereitung schwerwiegende Umstellungen nach<br />

sich ziehen wird. Vorgängig <strong>die</strong>ser aktiven Vorbereitung für unseren Eintritt in das Wirtschaftsgebilde des neuen<br />

Europa werden wir jedoch noch eine mit grossen Schwierigkeiten durchsetzte Übergangsperiode durchmachen müssen,<br />

wo es sich darum handeln wird, den Mut nicht zu verlieren. Denn, vergessen wir nicht, dass wir der Schaffung einer<br />

neuen Welt beiwohnen <strong>und</strong> bekanntlich ist jede Geburt mit Wehen verb<strong>und</strong>en. Es wird von seiten unserer Behörden<br />

<strong>und</strong> unserer Wirtschaftsführung eine Initiative erwartet werden müssen, <strong>die</strong> kühn, aber auch weise abgewogen ist.<br />

Nicht zuletzt wird es einer starken Hand bedürfen, <strong>die</strong> in der Lage ist, alle <strong>die</strong>se Anstrengungen zu koordinieren.»<br />

Archiv des Handels- <strong>und</strong> Industrievereins des Kantons Bern, Protokoll der Hauptversammlung der Sektion Bern,<br />

12.7.1940, S. 2–3. <strong>Die</strong> Ähnlichkeiten zwischen <strong>die</strong>ser Rede <strong>und</strong> der bekannten Radioansprache von B<strong>und</strong>esrat Pilet-<br />

Golaz vom 25. Juni 1940 sind auffälllig. Siehe DDS, Band 13, Nr. 318, S. 760–762. Siehe auch Bonjour 1970–1976,<br />

Band IV, S. 115–137.<br />

Siehe Boelcke 1994, S.13–26.

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