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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 143<br />

Kapitel 2<br />

B<strong>und</strong>esbehörden von einer intensiveren Koordination auch deshalb absahen, weil <strong>die</strong>s mit einer<br />

Beeinträchtigung ihrer jeweiligen Entscheidungsautonomie verb<strong>und</strong>en gewesen wäre.<br />

<strong>Die</strong> Vorstellung der SNB, mit einem Rückzug auf <strong>die</strong> Position des business as usual könne<br />

man sich heil über <strong>die</strong> R<strong>und</strong>en bringen, sollte sich als Illusion erweisen. Vielmehr schränkte<br />

<strong>die</strong>se Haltung <strong>die</strong> Fähigkeit zur Entwicklung alternativen Handelns <strong>und</strong> somit den eigenen<br />

Handlungsspielraum zusehends ein. <strong>Die</strong> SNB wurde nun erst recht zum Gegenstand politischer<br />

Konflikte. <strong>Die</strong>ser Prozess kulminierte in den Verhandlungen von Washington, wo sie durch ihr<br />

Verhalten zum Spielball heftigster politischer Auseinandersetzungen wurde <strong>und</strong> <strong>die</strong> Initiative<br />

vollends aus der Hand geben musste. 349<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend zeigt sich, dass <strong>die</strong> SNB mit ihrem Rechtfertigungsbericht vom 16. Mai<br />

1946 ein Ensemble von Argumenten vorlegte, das aus schweizerischer Binnensicht einen hohen<br />

Grad an Kohärenz aufwies <strong>und</strong> das geeignet war, das Verteidigungsdispositiv der <strong>Schweiz</strong><br />

gegenüber den Forderungen der Alliierten zu unterstützen. Aus heutiger Sicht <strong>und</strong> unter<br />

Berücksichtigung des Forschungsstands sowie aus einer internationalen Perspektive war <strong>die</strong><br />

Argumentation der SNB in bezug auf <strong>die</strong> ersten beiden Punkte nicht stichhaltig.<br />

1. <strong>Die</strong> Nationalbank konnte zum Zeitpunkt der Goldübernahmen von der Reichsbank nicht<br />

davon ausgehen, nur Währungsmetall aus deutschen Vorkriegsbeständen zu erhalten.<br />

2. Neutralitätspolitisch war sie zu den Operationen nicht verpflichtet.<br />

In bezug auf <strong>die</strong> nächsten beiden Punkte drängt sich eine differenzierende Bewertung der<br />

SNB-Argumentation auf.<br />

3. <strong>Die</strong> <strong>Goldtransaktionen</strong> nützten sowohl der <strong>Schweiz</strong> als in starkem Mass auch Deutschland.<br />

Auch wenn <strong>die</strong>ser Faktor schwierig zu gewichten ist, muss davon ausgegangen werden,<br />

dass dadurch <strong>die</strong> Wahrscheinlichkeit eines deutschen Angriffs auf <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> vermindert<br />

wurde. Bis Anfang 1943, also bis zu dem Zeitpunkt, als sich <strong>die</strong> SNB mit Rücksicht auf<br />

<strong>die</strong> drohenden Restitutionsforderungen der Alliierten zur Reduktion der Übernahmen<br />

veranlasst sah, ist ein Kalkül der SNB-Leitung, das bewusst auf <strong>die</strong> dissuasive Wirkung<br />

der Goldgeschäfte abstellte, jedoch nur schwer nachzuweisen.<br />

4. Das Direktorium der Nationalbank pflegte regelmässige Kontakte zu politischen<br />

Führungsebene. Sie zog es dennoch vor, <strong>die</strong> Absprachen über ihre Goldpolitik mit dem<br />

B<strong>und</strong>esrat in engen Grenzen zu halten <strong>und</strong> damit auch ihre währungspolitische Autonomie<br />

zu bewahren. Erst unter dem massiven Druck von aussen suchte sie festeren Rückhalt bei<br />

der Landesregierung, <strong>die</strong> ihrerseits mit den «Goldsterilisierungen» <strong>die</strong> Währungspolitik der<br />

SNB unterstützte (siehe dazu Kapitel 3).<br />

349 Siehe Kapitel 6.

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