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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 62<br />

Kapitel 1<br />

über das Washingtoner Abkommen Verwendung finden sollten, erst auf <strong>die</strong> Zeit ab Anfang Mai 1940;<br />

sehr wahrscheinlich berücksichtigten sie sogar nur Lieferungen der Reichsbank ab dem 30. Juni 1940. 152<br />

In Tabelle V/1 sind <strong>die</strong> deutschen Goldtransfers in <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> nach Halbjahresperioden aufgeschlüsselt.<br />

Den Angaben ist zu entnehmen, dass vom Gesamtwert aller Lieferungen an <strong>die</strong> Grossbanken ein<br />

Betrag von 23,7 Tonnen Gold oder umgerechnet r<strong>und</strong> 26,6 Mio. $ (115,2 Mio. Fr.) in <strong>die</strong> Zeit vor Ende<br />

Juni 1940 fiel. Der Betrag umfasst eine Lieferung der Reichsbank an <strong>die</strong> SBG mit Gold sowjetischer<br />

Herkunft <strong>im</strong> Gewicht von r<strong>und</strong> 1 Tonne sowie sämtliche «Russengold»-Transfers aus Berlin an <strong>die</strong><br />

SBV-Filiale in Le Locle während des Kriegs (siehe Kommentar zu Tabelle II). Zieht man <strong>die</strong>se<br />

Reichsbanklieferungen des ersten Halbjahres 1940 von der Summe aller Goldsendungen aus Berlin ab,<br />

so ergibt sich auf Basis des hier verwendeten Dollarkurses 1945 ein Restbetrag von 29,7 Mio. $. <strong>Die</strong>ser<br />

Wert liegt <strong>im</strong>mer noch r<strong>und</strong> 9,4 Mio. $ über der Summe aller Reichsbanktransaktionen mit den<br />

<strong>Schweiz</strong>er Geschäftsbanken, den <strong>die</strong> Alliierten unmittelbar nach dem Krieg ermittelten. <strong>Die</strong> verbleibende<br />

Differenz lässt sich weitgehend erklären:<br />

Wie <strong>im</strong> Kommentar zu Tabelle II dargelegt, fanden über das erste Semester 1940 hinaus Lieferungen<br />

der Reichsbank mit Gold aus der Sowjetunion statt. Empfängerin war gemäss den Reichsbankbüchern<br />

neben der Nationalbank ab Mitte 1940 nur noch <strong>die</strong> SBG in Zürich, <strong>die</strong> – zusätzlich zu der bereits<br />

erwähnten Sendung <strong>im</strong> Umfang von 1 Tonne – Gold sowjetischer Provenienz <strong>im</strong> Umfang von 5,5<br />

Tonnen oder umgerechnet 6,2 Mio. $ (27 Mio. Fr.) erhielt. Eine interne Stu<strong>die</strong> der SBG, <strong>die</strong> der<br />

Kommission <strong>im</strong> März 1998 zugestellt wurde, analysiert <strong>die</strong> historischen Hintergründe jeder <strong>die</strong>ser<br />

Lieferungen <strong>und</strong> kommt zum Ergebnis, dass <strong>die</strong> Transfers des «Russengoldes» via Berlin ab Mitte 1940<br />

grösstenteils der Bezahlung von schweizerischen Warenlieferungen in <strong>die</strong> Sowjetunion <strong>die</strong>nten. 153<br />

Gemäss den Hinweisen <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> soll <strong>die</strong> SBG mehrere der erhaltenen Barrensendungen an <strong>die</strong> SNB<br />

weiter verkauft haben, <strong>die</strong> das Gold in Franken oder gegen Anschaffung von Dollars in New York<br />

zugunsten der SBG vergütete. Abklärungen der Kommission bestätigen <strong>die</strong>sen Sachverhalt. 154 Den<br />

amerikanischen Behörden blieben Transaktionen <strong>die</strong>ser Art nicht verborgen (siehe Kommentar zu<br />

Tabelle II). Da es sich offensichtlich nicht um Goldkäufe von der Reichsbank handelte, sondern um<br />

Transitgeschäfte mit sowjetischen Vertragspartnern via Berlin, wurden <strong>die</strong>se Operationen nach dem<br />

Krieg nicht als Goldübernahme aus Deutschland angesehen. In der Aufstellung der Alliierten<br />

(Tabelle V/3) fehlt denn auch der Name der SBG. In den Augen der amerikanischen Behörden trat sie<br />

also nicht als Käuferin von Gold aus Deutschland auf. Zieht man <strong>die</strong> 6,2 Mio. $ betragenden<br />

«Russengold»-Transfers via Berlin an <strong>die</strong> SBG nach Mitte 1940 vom gesamten Liefervolumen der<br />

Reichsbank an <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>er Geschäftsbanken ab, so reduziert sich <strong>die</strong> Differenz zwischen den<br />

Berechnungen der Alliierten von 1946 <strong>und</strong> jenen der Kommission auf 3,2 Mio. $. Durch zusätzliche<br />

Anstrengungen könnte <strong>die</strong>se Forschungslücke möglicherweise geschlossen werden. 155 Der Kommission<br />

ist bekannt, dass der SBV über eine interne Stu<strong>die</strong> verfügt, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser Hinsicht zusätzliche Erkennt-<br />

152 Als Stichtag für den Beginn der alliierten Ansprüche auf Rückerstattung von Gold durch <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> wurde der<br />

30.4.1940 gewählt. <strong>Die</strong> Berechnungen selbst erfolgten für <strong>die</strong> Zeit ab dem 30.6.1940, wie aus einem Bericht des<br />

Department of Treasury von 1946 hervorgeht. «For the purpose at hand June 30, 1940 has been chosen as the base date<br />

in order to make the case as favorable as possible to the Swiss and el<strong>im</strong>inate any uncertainty as to legit<strong>im</strong>ate<br />

acquisitions of gold by the Germans prior to their attack on the Low Countries», U.S. National Archives RG 59,<br />

800.515, 4201. Siehe dazu auch Durrer 1984, S. 268–269, besonders Anm. 225.<br />

153 Vertrauliches Schreiben der SBG an <strong>die</strong> Kommission vom 5.3.1998. Zu den Handelsbeziehungen zwischen der<br />

<strong>Schweiz</strong> <strong>und</strong> der Sowjetunion siehe DDS, Band 13, Nr. 323 <strong>und</strong> Nr. 420.<br />

154 Archiv SNB, Protokoll des Direktoriums, 22.8.1940, Nr. 727, S. 897; Protokoll des Bankausschusses, 21.11.1940,<br />

S. 653, 679, 680f; Archiv SNB, 110 (1940/42) mit Briefwechsel zwischen SBG <strong>und</strong> SNB.<br />

155 Im Mittelpunkt weiterer Nachforschungen dürften <strong>die</strong> deutschen Lieferungen an den SBV Zürich <strong>im</strong> Jahre 1941 stehen.<br />

Gemäss der Analyse der Reichsbankbücher durch <strong>die</strong> Kommission beliefen sich <strong>die</strong>se Goldübernahmen auf 8,3 Tonnen<br />

<strong>im</strong> Wert von umgerechnet 9,3 Millionen Dollar. Akten <strong>im</strong> Archiv des SBV lassen auf Goldkäufe von der Reichsbank<br />

durch den Zürcher Sitz <strong>im</strong> Umfang von r<strong>und</strong> 7,4 Tonnen schliessen (Archiv SBV, Dossier ZH 2077). Umgerechnet<br />

ergibt sich aus den unterschiedlichen Quellen eine Differenz von r<strong>und</strong> 1 Million Dollar.

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