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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 161<br />

Kapitel 3<br />

hätte nämlich wiederum einen Abwertungsdruck für den Franken <strong>und</strong> damit einen<br />

inflationsfördernden Preisauftrieb für Importprodukte zur Folge gehabt. 49<br />

<strong>Zweiten</strong>s war es möglich, eine Aufstockung der Bilanz dadurch zu verhindern, dass <strong>die</strong><br />

Übernahme von Gold oder Devisen abgelehnt wurde. Solche Gegenmassnahmen bezogen sich<br />

zunächst auf <strong>die</strong> Flüchtlingspolitik <strong>und</strong> waren faktisch eng synchronisiert mit der Politik des<br />

B<strong>und</strong>es, <strong>die</strong> <strong>im</strong> August 1942 zur Asylverweigerung gegenüber jüdischen Verfolgten <strong>und</strong> damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Rückweisungen <strong>und</strong> Ausschaffungen geführt haben. So begann <strong>die</strong> SNB <strong>im</strong> April<br />

1942 <strong>die</strong> Übernahme blockierter Dollars zum offiziellen Warendollarkurs für <strong>die</strong> aus Amerika<br />

kommende Flüchtlingshilfe zu verweigern. 50 Sie erklärte sich zum Beispiel nicht mehr bereit,<br />

den Betrag von 90 000 Dollar an amerikanischen Spendegeldern für den <strong>Schweiz</strong>erisch<br />

Israelitischen Gemeindeb<strong>und</strong> (SIG) anzunehmen, um weitere Frankenzessionen gegen in<br />

Amerika blockiert liegende Dollars zu verhindern. Erst <strong>im</strong> November 1943 konnte der<br />

Hilfsgeldertransfer weitergeführt werden, wenn auch in einem Wechselkursverhältnis, welches<br />

fast 50 Prozent unter dem offiziellen lag. 51<br />

Ab 1. August 1943 wurden dann Uhren- <strong>und</strong> Länderkontingente eingeführt, 52 <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Exportaktivität in Richtung Westalliierte quantitativen Einschränkungen unterwarf. Im März<br />

1944 mussten <strong>die</strong>se von monatlich 8,5 Millionen Franken auf 16 Millionen Franken aufgestockt<br />

werden. Um <strong>die</strong> Auswirkungen <strong>die</strong>ser Aufstockung auf <strong>die</strong> Geldversorgung zu verringern,<br />

wurden nun auch Sperrkonten eingerichtet <strong>und</strong> <strong>die</strong> Preiskontrolle für Exportgüter verschärft. 53<br />

<strong>Die</strong>s drängte sich insbesondere durch <strong>die</strong> innenpolitischen Prioritäten <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

den sich intensivierenden Diskussionen um <strong>die</strong> Nachkriegsplanung auf, ging es doch mehr denn<br />

je darum, eine monetär verursachte <strong>und</strong> damit dysfunktionale Inflation zu verhindern <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Wiederanhebung der Reallöhne auf den Stand von 1939 durch eine angemessene Geldpolitik<br />

zu unterstützen.<br />

Das Gentlemen’s Agreement von 1941 blieb auch nach Kriegsende in Kraft. Als es 1947 durch<br />

<strong>die</strong> SBVg gekündigt wurde, bildete sich innerhalb des Bankensektors ein regulärer Geldmarkt<br />

für Finanzdollars heraus, der erst verschwand, als <strong>im</strong> September 1949 schliesslich auch auf<br />

49<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

Siehe dazu unter anderem Fior 1997, S. 32.<br />

Picard 1994, S. 384f.<br />

American Jewish Joint Distribution Committee (JDC), SM-7, Aufzeichnungen Mayer vom 1.4.–11.8.1942; JDC, Nr. 4,<br />

Mayer an EPD, 18.11. <strong>und</strong> 30.12.1943; Leavitt an Bruggmann, 30.12.1943; EPD an Mayer, 7.11.1944; JDC, Nr. 974-<br />

975, Schwartz an JDC, 17.3.1944; Financial reports 1943–44; <strong>Schweiz</strong>erischer Israelitischer Gemeindeb<strong>und</strong>, Dossier<br />

«Joint», Braunschweig an Bruggmann vom 2.7.1943. Vergleiche auch <strong>die</strong> Tatsache, dass jüdische Flüchtlinge in der<br />

<strong>Schweiz</strong> <strong>die</strong> in ihrem Besitz befindlichen Dollarnoten in der Regel nicht in Franken wechseln durften. Erst <strong>im</strong> Sommer<br />

1945 wurde ein monatliches Kontingent von 100 Dollar pro Person zur Zahlung der Unterhaltskosten erlaubt. Zentrales<br />

Firmenarchiv CSG, SVB, Aktennotiz 4.6.1945; Zentrales Firmenarchiv CSG, Aktennotiz 8.11.1944.<br />

Neben der Kontingentierung der Exporte in <strong>die</strong> Dollarländer gab es Länderkontingente in Nichtdollarländern (Naher<br />

Osten). Auf <strong>die</strong> Wiedergabe von Detailinformation wird an <strong>die</strong>ser Stelle verzichtet. Ebenso bedarf <strong>die</strong> Frage, welche<br />

Produkte <strong>die</strong> «Uhrenindustrie» in den alliierten Raum lieferte, weiterer Abklärungen.<br />

<strong>Die</strong> direkt an <strong>die</strong> Exporteure ausbezahlte Dollarsumme wurde durch <strong>die</strong>se Regelung nicht verändert, weil sie nur 50%<br />

betrug. 40% der Forderungen wurden für drei Jahre unverzinslich auf Sperrkonto I einbezahlt. Weil <strong>die</strong>ses jedoch mit<br />

einer B<strong>und</strong>esgarantie versehen war, konnten <strong>die</strong> entsprechenden Forderungen bei Geschäftsbanken diskontiert werden.<br />

<strong>Die</strong> verbleibenden 10% gingen auf das Sperrkonto II. Siehe zum Beispiel Durrer 1984, S. 74f.; Mächler 1952.

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