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Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

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Zwischenbericht Gold 114<br />

Kapitel 2<br />

«Aus wirtschaftlichen Gründen legen wir auf jeden Fall auf Verständigung mit <strong>Schweiz</strong> über<br />

neues Warenabkommen grossen Wert. … Delegation ist ermächtigt, einer Verringerung des<br />

Volumens in dem erforderlich werdenden Ausmass zuzust<strong>im</strong>men. … Da Frage der Aufteilung<br />

der Kürzungen auf <strong>die</strong> verschiedenen Warenpositionen nicht von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung<br />

ist, halten wir Entscheidung hierüber von Berlin aus nicht für erforderlich.» 202<br />

Damit wird deutlich, dass <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>er Seite <strong>die</strong> Bedeutung der Kriegsmaterialausfuhren für<br />

Deutschland klar überschätzte – das Reich hätte zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt eine Streichung der unter<br />

Kriegsmaterial subsumierten Warenkategorien offensichtlich akzeptiert. Man muss sich aus<br />

heutiger Sicht <strong>die</strong> Frage stellen, ob schweizerischerseits <strong>die</strong> Neutralität nicht in erster Linie als<br />

Argument vorgeschoben wurde, um zwecks Speisung des Transferfonds (zusätzlich zur<br />

Belieferung mit Kohle <strong>und</strong> Eisen) einen möglichst umfangreichen Handel mit Deutschland<br />

aufrechterhalten zu können.<br />

<strong>Die</strong> deutschen Interessen an den Wirtschaftsverhandlungen lagen in anderen, der schweizerischen<br />

Delegation weniger wichtigen Bereichen: dem Transitverkehr von <strong>und</strong> nach Italien, der<br />

freien Reichsbankspitze 203 sowie <strong>im</strong> Gold- <strong>und</strong> Devisenverkehr. Insbesondere in letzterer Frage<br />

war es Deutschland angelegen, «<strong>die</strong> kürzlich von dem Vizepräsidenten Puhl getroffene<br />

günstige Regelung gegenüber dem von den Feindmächten auf <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> ausgeübten Druck<br />

zu erhalten». 204 Lediglich in bezug auf <strong>die</strong> <strong>Goldtransaktionen</strong> der Reichsbank war auf <strong>Schweiz</strong>er<br />

Seite gegenüber den letzten Verhandlungen ein gewisser Gesinnungswandel zu verzeichnen.<br />

Denn obschon nach deutscher Auffassung keine Koppelung von Warenabkommen <strong>und</strong><br />

Goldtransaktionsmöglichkeit bestand, der Umtausch von Gold in Devisen zeitlich somit unbegrenzt<br />

bleiben sollte, 205 bedeutete Homberger, der noch wenige Monate zuvor «als Gr<strong>und</strong> für<br />

<strong>die</strong> Zulassung der Gold-Transaktionen der Reichsbank das eigene schweizerische Interesse an<br />

der Aufrechterhaltung des freien Goldmarktes in der <strong>Schweiz</strong> in den Vordergr<strong>und</strong> stellte, <strong>und</strong><br />

es ablehnte, <strong>die</strong>se Transaktionen von Rücksichten auf <strong>die</strong> kriegführenden Mächte [i.e. <strong>die</strong><br />

Alliierten] abhängig zu machen», nun der deutschen Delegation, dass <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> «ihre Hilfsstellung<br />

auf <strong>die</strong>sem Gebiet ... als eine der wesentlichsten Leistungen ... uns gegenüber<br />

[betrachte], <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> aus eigenem Interesse am liebsten abbauen möchte, aber nur<br />

unsretwegen aufrechterhalte». 206<br />

Der Wegfall der deutschen Blockade war Gr<strong>und</strong> genug zur vorzeitigen Kündigung des Juni-<br />

Abkommens durch <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>die</strong> damit in den nun folgenden Verhandlungen vom 20. bis<br />

29. September in Bern 207 eine ungleich stärkere Ausgangsposition besass, was auch <strong>die</strong> deut-<br />

202 PA/AA Bonn, R 108101 Ha Pol II b: <strong>Schweiz</strong> 13A Band 6, Telegramm Ripken an Schnurre vom 19.6.1944<br />

(Hervorhebung durch Kommission).<br />

203 Siehe Fussnote 216.<br />

204 PA/AA Bonn, R 108101 Ha Pol IIb: <strong>Schweiz</strong> 13A Band 6, Aufzeichnung Schnurre zuhanden des<br />

Reichsaussenministeriums vom 2.6.1944, S. 2; PA/AA Bonn, R 108101 Ha Pol II b: <strong>Schweiz</strong> 13A Band 6, Schreiben an<br />

Präsident Kehrl, Reichsministerium für Rüstung <strong>und</strong> Kriegsproduktion, 18.6.1944.<br />

205 PA/AA Bonn, R 108101 Ha Pol II b: <strong>Schweiz</strong> 13A Band 6, Telegramm Ripken an Schnurre vom 19.6.1944.<br />

206 PA/AA Bonn, R 108101 Ha Pol II b: <strong>Schweiz</strong> 13A Band 6, Telegramm Schnurre Nr. 10 vom 14.6.1944.<br />

207 Siehe BAR E 1004.1 1, Band 450, Protokoll der B<strong>und</strong>esratssitzung vom 3. Oktober 1944: Deutschland-Verhandlungen;<br />

siehe auch DDS, Band 15, S. 642ff.

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