lastauto omnibus bus&coach 01/2016
lastauto omnibus e-Paper bus&coach mit einer großen Doppeldecker-Marktübersicht, einem Fahrbericht des Solaris-Gelenkbus Urbino 18, der Vorstellung des MAN Lion's Intercity und einer Historie der Büssing-Omnibusse.
lastauto omnibus e-Paper bus&coach mit einer großen Doppeldecker-Marktübersicht, einem Fahrbericht des Solaris-Gelenkbus Urbino 18, der Vorstellung des MAN Lion's Intercity und einer Historie der Büssing-Omnibusse.
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TITEL | Doppeldecker in der Übersicht [ 15 ]<br />
Van Hool Astromega – flexible Handwerksarbeit<br />
Zu ähnlicher Zeit wie Setra, nämlich 1982, stieg<br />
der belgische Hersteller Van Hool in den wachsenden<br />
Doppeldeckermarkt ein. Die Spezialität der<br />
Belgier: sie bieten für Europa zwei Längen und<br />
zwei Drivelines an: den DAF/MAN-Triebstrang mit<br />
Vollintegralbauweise auf der einen Seite, der immer<br />
noch den Löwenanteil der Lieferungen ausmacht,<br />
sowie eine „Body on Chassis“-Lösung mit<br />
einem Scania-Fahrwerk und -Motor. Mehr als 30<br />
Prozent werden allerdings vom 14 Meter langen<br />
Integralwagen TDX27 verkauft. Die 13-Meter-<br />
Variante spielt im Absatz dagegen kaum eine Rolle.<br />
Sicher auch ein Grund dafür, dass der Scania<br />
Van Hool Astromega ausschließlich in der langen<br />
Version mit bis zu 89 oder sogar 93 Sitzen zu<br />
bekommen ist (siehe <strong>lastauto</strong> <strong>omnibus</strong> 7/2<strong>01</strong>5).<br />
Für den 13-Meter-Wagen bieten die Belgier sogar<br />
eine etwas moderatere Motorisierung mit 462<br />
PS/2.300 Newtonmeter statt 510 PS/2.500 Newtonmeter<br />
und zudem mit Mercedes-Sechsgang-<br />
Schaltgetriebe an. Als Schmankerl gibt es das<br />
automatische Allison-Wandlergetriebe (siehe <strong>lastauto</strong><br />
<strong>omnibus</strong> 6/2<strong>01</strong>6). Ein um rund einen Meter<br />
gekürzter Radstand wirkt sich auf den Wendekreis<br />
positiv aus, der Kofferraum für die bis zu 59 Passagiere<br />
schrumpft damit auf schmale 6,5 Kubikmeter,<br />
gegenüber den 7,2 Kubikmeter des großen<br />
Bruders. Die sprichwörtliche Flexibilität der Belgier<br />
ist der Trumpf der Busbauers. Zudem hat sich<br />
Van Hool über die Jahre den Ruf des handwerklich<br />
fokussierten Premiumherstellers par excellence<br />
erarbeitet und verteidigt diesen tapfer. So wird im<br />
Innenausbau noch viel mit Holz gearbeitet, zum<br />
Beispiel bei den kompletten Dachablagen, die<br />
oben sogar mit Klappen ausgestattet sind – eine<br />
Seltenheit im Markt. Zudem ist wie bei Setra ein<br />
durchgehendes Glasdach zu bekommen. Vieles<br />
wirkt wir aus dem Vollen gefräst – bis hin zum<br />
Edelstahl-Mülleimer im Treppenaufgang hinten.<br />
Freilich geht das teilweise zu Lasten des Leergewichtes.<br />
Van Hool will hier zeitnah nachlegen und<br />
bis zu 500 Kilogramm abspecken.<br />
Ein paar Abstriche muss der Kunde naturgemäß<br />
bei der Elektrik/Elektronik im Cockpit hinnehmen.<br />
Generell wirkt der Arbeitsplatz etwas altbacken,<br />
positiv muss aber immer wieder der Dreh-Drück-<br />
Steller à la BMW hervorgehoben werden, der direkten<br />
Zugriff auf die Aufbaufunktionen erlaubt.<br />
Ein Multifunktionslenkrad kann Van Hool bei der<br />
Integralversion als einziger Hersteller derzeit nicht<br />
bieten. Das Geräuschniveau des Busses ist gerade<br />
im Cockpit sehr niedrig, Knarzen und Klappern ist<br />
nicht das Handwerk des Belgiers. Die Antriebsachse<br />
aus kombinierter DANA/MAN-Fertigung ist<br />
nicht ganz so leise wie die des Scania-Fahrwerkes.<br />
Aber für eine Entscheidung hierzu werden<br />
1<br />
2<br />
wohl eher gesamtstrategische Überlegungen Ausschlag<br />
geben als die ein oder zwei Dezibel Singen<br />
des Differenzials. Vorbildlich wie eh und je zeigt<br />
sich der Begleiterplatz, der auch und gerade auf<br />
Betreiben der belgischen Busverbände immer<br />
stark im Fokus stand. Vom eigenen Medienmonitor<br />
bis zu beleuchteten Ablage ist alles da und<br />
hochwertig verarbeitet – so sollte es sein. Auch<br />
die Möglichkeit, die Küche über der Vorderachse<br />
hinter dem Begleiterplatz und toilettenfern zu<br />
platzieren ist eine sinnvolle belgische Tradition.<br />
Bei der Sicherheit zeigt sich, dass auch kleine<br />
Hersteller durchaus liefern können. Auf Wunsch<br />
gibt es neben den mittlerweile verbindlichen<br />
Helferlein auch Innovatives wie einen Aufmerksamkeitsassistenten<br />
oder eine Infrarotkamera zur<br />
besseren Nachtsicht. Geht nicht – gibt’s nicht.<br />
1 Geschlossene Gepäckablagen oben gibt es<br />
nur bei Van Hool. Bald soll es auch Kiel-<br />
Sitze zusätzlich zu den hauseigenen geben.<br />
2 Im Unterdeck lassen sich auch luxuriöse<br />
2+1-Bestuhlungen für echtes Lounge-<br />
Ambiente realisieren.<br />
WERTUNG<br />
Hohe Flexibilität mit zwei Längen und zwei<br />
Triebsträngen<br />
Hohe Verarbeitungsqualität<br />
Aufmerksamkeitsassistent und Infrarotkamera<br />
lieferbar.<br />
Etwas lauterer DAF-Triebstrang als Scania<br />
Design nicht ganz auf der Höhe der Zeit<br />
Kein Multifunktionslenkrad<br />
Stehende Pedale schlecht bedienbar<br />
<strong>lastauto</strong> <strong>omnibus</strong> e-Paper bus & <strong>coach</strong> 2<strong>01</strong>6