lastauto omnibus bus&coach 01/2016

TITEL | Doppeldecker in der Übersicht [ 9 ]
Neoplan Skyliner – Hoffungsträger mit Starthemmung
Derzeit ist der Skyliner der fünften Generation
wohl der exklusivste Vertreter der Königsklasse,
auch wenn er rund fünf Jahre gebraucht hat,
um stabil in Produktion zu gehen. Verwunderlich
ist die mangelnde Strategie von MAN bei dem
bisher letzten, echten Neoplan-Prestigeprojekt
„Made in Germany“ und dessen Entstehung
aber schon. Zum Glück haben sich die Planer in
München und Wolfsburg besonnen und lassen
den Bus auf Wunsch mit hochwertigen Innenausstattungen
im BMC in Plauen versehen, der
hier abgebildete Messewagen von 2015 ist hierfür
ein Paradebeispiel. Alles aus einer Hand (siehe
lastauto omnibus 3/2016) – das kann derzeit
in dieser Form kein Anbieter leisten.
Ebenso einzigartig ist das Design des Busses,
die nach Starliner und Cityliner dritte Emanation
des Neoplan-eigenen Sharp-Cut-Designs aus
der Feder von Michael Streicher. Nicht nur, dass
die massige Erscheinung des 14 Meter langen
Kolosses durch die gekonnt geschliffenen Kanten
und Ecken um einiges graziler daherkommt,
auch die Sichtverhältnisse in der ersten Reihe
oben – immer noch die spannendste überhaupt
im Busmarkt derzeit – sowie die auf den Fensterplätzen
sind dank der oberen „Skylights“
hervorragend und sicher aus Kundensicht ein
echtes Argument für den Premium-Liner aus
Ankara, der bis zu 83 Passagieren Platz bietet.
Freuen werden die sich auch über einen der
größten Kofferräume der Königsklasse, der bis
zu elf Kubikmeter verschluckt. Praktisch auch
der Sondernutzungsraum links hinter der Toilette.
Weniger üppig geht es im Cockpit zu, obwohl
Neoplan den Mittelboden insgesamt nach oben
etwas anschrägt, was der Sicht in die weit herunterragenden
Spiegel zuträglich ist. Aber wegen
der konzeptionell nur links orderbaren Treppe wird es hinter dem Fahrer
schon arg knapp, auch wenn man hier etwas nachgearbeitet hat. Nacharbeiten
sollten die MAN-Mannen auch beim Armaturenträger, der zwar von
einem edlen Multifunktionslenkrad und hochwertigen Materialen gekrönt
wird, aber dem Bauteil selbst und der Elektronik sieht man seine Genese
aus dem Jahr 2004 und dem Zwillingsbruder Starliner schon deutlich an.
Auch der Begleitersitz wirkt eher wie zufällig eingebaut, viel Luxus sollte
der zweite Mann oder die zweite Frau an Bord nicht erwarten. Toll dagegen
die Atmosphäre im Kommandostand,
wenn die
WERTUNG
Exklusives und gleichzeitig
passagierfreundliches Design
Größter Kofferraum seiner Klasse,
gut zugänglich und weitgehend geglättet
Exklusives Fahrwerksystem CDS zur
effizienten Aufbaustabilisierung
Cockpit nicht ganz auf aktuellen Technik-
Stand, Displays zu klein, schwer ablesbar
Platzverhältnisse hinter Fahrer sehr knapp
1
2
1 Hochwertige Sitze, Skylights und bis zu vier Dachfenster verleihen
dem Oberdeck echte Luxusliner-Atmosphäre.
2 Im Unterdeck lässt sich eine separate Welt einrichten, die
Gepäckablagen taugen maximal für Damen-Handtaschen.
3 Träume von Küchen wie diese werden in der MAN-Tischlerei im
Plauener Bus Modification Center (BMC) auf Wunsch gefertigt.
MAN bietet diesen Service als einziger Hersteller aus einer Hand.
Milchglastür zum Passagierbereich
geordert
wird. Die Sitzreihe hinter
dem Begleiter wird in ein
weitgehend abgeschlossenes,
ruhiges Abteil
ähnlich einem Unterflurcockpit
einbezogen. Das
hat vor allem im Fernlinienverkehr
enorme Vorteile (siehe lastauto omnibus 7/2014). Kaum mäkeln
kann man auch am Antriebstrang, der weitgehend auf Elementen der neuen
Lion’s-Chassis-Generation basiert. Der bärige D26-Motor ist auch mit „nur“
2.300 Newtonmetern über fast jeden Zweifel erhaben. Ebenso geht die AS-
Tronic, auch MAN Tip-Matic genannt, gekonnt ihrem Sortierwerk nach. Neu
im Angebot ist die topografische Steuerung Efficient-Cruise mit Efficient-
Roll, was MAN zuerst nicht anbieten konnte. Kleiner Wermutstropfen beim
Fahrwerk: die Nachlaufachse ist zwar starr, aber trotzdem elektrohydraulisch
gelenkt. Der Wendekreis von etwas über 23 Meter bleibt zudem im Rahmen.
Ein anderes Schmankerl zeichnet den Skyliner aus: das elektronische Dämpfersystem
CDS bewahrt den Aufbau vor allzu heftigen Nicken und Wanken.
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