lastauto omnibus bus&coach 01/2016
lastauto omnibus e-Paper bus&coach mit einer großen Doppeldecker-Marktübersicht, einem Fahrbericht des Solaris-Gelenkbus Urbino 18, der Vorstellung des MAN Lion's Intercity und einer Historie der Büssing-Omnibusse.
lastauto omnibus e-Paper bus&coach mit einer großen Doppeldecker-Marktübersicht, einem Fahrbericht des Solaris-Gelenkbus Urbino 18, der Vorstellung des MAN Lion's Intercity und einer Historie der Büssing-Omnibusse.
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1 Auf der Autobahn überlassen wir den<br />
Systemen die Hoheit über das Fahren.<br />
2 Die Wahl des richtigen Abstands ist wichtig,<br />
um flüssiges Überholen zu ermöglichen.<br />
3 „Füße weg von den Pedalen!“. lautet das<br />
Motto, das wir auch durchhalten.<br />
Tempo um mindestens 10 km/h reduziert werden.<br />
Das höre sich zwar nach wenig an, aber<br />
der Vorgang dahinter sei nicht trivial, bestätigt<br />
Schumacher: „Ab einer Entfernung von 200 Metern<br />
vor dem Hindernis wird das System aktiv<br />
und sortiert rund 200 Signale nach deren Relevanz.<br />
Erst, wenn alles passt, wird die Notbremsung<br />
ausgelöst.“<br />
Schon wird es ernst. Schumacher konzentriert<br />
sich zu 100 Prozent auf den Monitor. Auf dem<br />
Tacho liegen genau 80 km/h an. Fahrer Bachus<br />
ist hochkonzentriert und doch tiefenentspannt –<br />
mangels natürlicher Reflexe. Plötzlich tut sich etwas<br />
auf dem Bildschirm, was auf eine unplausible<br />
Datenlage in der Auswertung hinweisen kann.<br />
„Abbruch!“, macht Schumacher eine sehr klare<br />
und deutliche Ansage. Noch ist Platz genug,<br />
um den rund 13 Tonnen schweren Reisebus elegant<br />
um die Pkw herum zu manövrieren, ohne<br />
jemanden ernsthaft in die Bredouille zu bringen.<br />
Was ist passiert? „Das System darf niemals<br />
eine Situation herbeiführen, die gefährlicher<br />
ist als die reale Verkehrssituation. Im<br />
Zweifelsfall tut es lieber nichts, als eine Notbremsung<br />
mit 6 bis 7 ms 2 an Verzögerung auszulösen.<br />
Das ist eben die hohe Kunst der Vermeidung<br />
von Fehlauslösungen.“ Irgendwie klingt<br />
das sehr beruhigend. Schon eine unplausible<br />
Bewegung des Fahrers am Lenkrad oder der<br />
Pedalerie kann das System so beeinflussen, dass<br />
es die Notbremse („Override“) zieht. Schließlich<br />
soll der Fahrer nur unterstützt und nicht<br />
entmündigt werden – auch wenn der eine oder<br />
andere genau das fürchtet.<br />
1<br />
2<br />
Szenenwechsel: von der abgeschlossenen Teststrecke<br />
in den realen Alltag auf der Autobahn. Es<br />
ist ein Wochentag auf der A 61 zwischen Rasthof<br />
Kirchheim/Weinstraße und Kaiserslautern, der<br />
Verkehr ist mäßig dicht. Wir wollen dem fahrerischen<br />
Urvertrauen in die Technik auf der Straße<br />
nachspüren. Natürlich ist der Ansatz hier ein<br />
anderer. Wir wollen hier nicht etwa den ABA3<br />
testen, der ist heute nur die Ultima Ratio im Fall<br />
der Fälle.<br />
Stattdessen werden wir versuchen, einen Autobahnabschnitt,<br />
so autonom wie nach heutigem<br />
Stand der Technik möglich, weitgehend ohne<br />
Fahrereingriffe zu absolvieren. Die Zutaten<br />
des teilautonomen Selbstversuchs neben ABA3:<br />
Abstandsregeltempomat (ART), Spurassistent<br />
(SPA), Aufmerksamkeitsassistent (ATA), prädiktive<br />
Getriebesteuerung (PPC) des automatisierten<br />
Powershift-8-Getriebes.<br />
Die Strategie: Wir fahren eine Runde der etwa<br />
60 Kilometer langen Strecke mit allen vorhandenen<br />
Systemen auf Normalmodus und greifen<br />
nicht ein. Die zweite Runde absolvieren wir<br />
völlig selbstbestimmt ohne Tempomat und Co.<br />
Los geht es! Wir biegen vom Autohof auf die<br />
Autobahn ein und starten den Versuch. Tempomat<br />
auf 100 km/h, Getriebe im Normalmodus,<br />
alle Systeme sind bereit und arbeitswillig.<br />
Im Daimler-typischen „Stack and Cards“-Display<br />
ist alles gut zu überblicken, auch die Distanz<br />
zum Vordermann. Schnell stellt sich heraus,<br />
dass der kürzeste einstellbare Abstand des ART<br />
im Sinne einer flüssigen Fahrweise ideal ist, da<br />
man sonst sehr früh beim Überholen ansetzen<br />
müsste, um eine ungewollte Bremsung zu vermeiden.<br />
Auch Bremsvorgänge, sollten sich auf<br />
der zweiten Spur mal Trucks in den Weg stellen,<br />
sind kaum spürbar und gehen fast nahtlos<br />
vonstatten. „Könnte man kaum besser“, schießt<br />
es dem Fahrer durch den Kopf. Überhaupt wird<br />
schnell deutlich, wie gut die Daimler-Systeme<br />
aufeinander und auf die Umwelt abgestimmt<br />
sind. Kein Ruckeln, Fehlauslösen ober übermütiges<br />
Übersteuern – das schafft schnell Vertrauen<br />
in die Technik und wirkt entspannend. Der<br />
Fuß bleibt bis zur Wende kurz vor Kaiserslautern<br />
Die Kunst der Vermeidung von Fehlauslösungen<br />
war ein wichtiger Entwicklungsbaustein<br />
3<br />
standhaft auf dem Boden. Der nächste Schritt der<br />
Sicherheitstechnik wird der aktive Lenkeingriff<br />
sein, der schon heute mit elektrisch parametrierbaren<br />
Systemen möglich ist. Wir würden uns<br />
nicht wundern, sollten wir in naher Zukunft ein<br />
solches System in einem Fahrzeug mit der gleichen<br />
Modellbezeichnung fahren dürfen.<br />
Aber noch ist es nicht so weit, die Ausfahrt<br />
naht und wir müssen unseren kleinen Autonomieversuch<br />
leider unterbrechen. Theoretisch<br />
würde auch die Wende ohne Eingriff funktionieren,<br />
aber dazu bräuchte es ein Führungsfahrzeug,<br />
an das sich der Radarstrahl des Busses<br />
„heften“ könnte. Zudem ist ein solches Manöver<br />
im Alltag nicht für verantwortungsvolles Testen<br />
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