01.11.2016 Aufrufe

Vorab-Fassung

MZ9FBD

MZ9FBD

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Drucksache 18/10170 – 46 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Geschäfte auf der grünen Wiese<br />

schlecht für den Ortskern<br />

In knapp 60 % der Gemeinden werden die<br />

Auswirkungen von großflächigem Einzelhandel<br />

negativ gesehen: 42 % sehen Beeinträchtigungen<br />

für den Ortskern durch<br />

großflächigen Einzelhandel im eigenen<br />

Gemeindegebiet, 17 % geben an, dass die<br />

Beeinträchtigungen von der Nachbargemeinde<br />

ausgehen. K14<br />

Interessante Angebote im<br />

Ortskern fehlen<br />

36 % der befragten 18- bis 29-Jährigen und<br />

46 % der 45- bis 59-Jährigen kritisieren, dass<br />

der Ortskern nicht genügend interessante<br />

Geschäfte bereithält. B5<br />

Gastronomie nur auf dem Land<br />

bemängelt<br />

33 % der Landgemeinden und 30 % der<br />

kleinen Kleinstädte bis 10.000 Einwohner<br />

beklagen das lokale Angebot. Auch 31 % der<br />

Einwohner von Landgemeinden sowie von<br />

kleinen Kleinstädten sind (sehr) unzufrieden<br />

mit der Gastronomie vor Ort. B4 + K13<br />

zelhandel. Planungsrechtlich sind die zunehmend großflächigen Betriebsformen<br />

ohnehin nur in bestimmten Gebieten zulässig – ab einer Verkaufsfläche von 800<br />

m² bzw. 1.200 m² Geschossfläche nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten<br />

Sondergebieten. Im Rahmen der Bauleitplanung werden die Auswirkungen<br />

auf die zentralen Versorgungsbereiche und die Nahversorgungsstrukturen<br />

geprüft. Tatsächlich wäre der ungeregelte Markt für die Siedlungsentwicklung<br />

noch viel problematischer, wie in Spanien, Frankreich oder Russland sichtbar.<br />

In einer Studie zur städtebaulichen Wirkungsweise des § 11 Abs. 3 BauNVO – den<br />

Regelungen für Sondergebiete für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe<br />

und sonstige großflächige Handelsbetriebe – hat das Difu festgestellt,<br />

dass die derzeitige Regelung einen wichtigen Beitrag sowohl für den<br />

Schutz und die Erhaltung zentraler Versorgungsbereiche als auch für den Schutz<br />

der verbrauchernahen Versorgung leistet – sofern die Kommunen den Paragrafen<br />

anwenden.<br />

Ein Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf der derzeitigen Gesetzeslage<br />

besteht im Zusammenhang mit der Entwicklung von „Einzelhandelsagglomerationen“,<br />

bei der sich einzelne Discounter und Nahversorger räumlich zu einem<br />

großflächigen Marktstandort konzentrieren. Außerhalb oder am Rand der Ortschaften,<br />

autogerecht an der Ortsumfahrung gelegen, ist ein Einzugsbereich<br />

von etwa 10.000 Kunden als wirtschaftliche Basis erforderlich. Supermarkt,<br />

Discounter, Drogeriemarkt und Apotheke wirken in Kombination als Nahversorgungszentrum<br />

zusammen – laut Empfehlung des Kölner Handelsforschungsinstitut<br />

EHI Retail Institute ideale Voraussetzungen für den Einzelhandel. Die<br />

Mischung entspricht dem Erfolgskonzept der ursprünglichen Ortsmitte, aber<br />

als ein künstliches „Zentrum“ für umliegende Einfamilienhausgebiete. Da alle<br />

Läden mit Auto und Einkaufswagen rollend erreichbar sein müssen, ist die<br />

Fläche zwischen den eingeschossigen Schlichtbauten in der Regel großflächig<br />

und fugenlos mit Formsteinen versiegelt. Zunehmend werden auch bereits<br />

bestehende Fachmarktzentren auf der grünen Wiese, wie sie vor allem in den<br />

1990er-Jahren entstanden sind, zu sogenannten Hybriden Centern mit einem<br />

weit aufgefächerten Angebot entwickelt. Genehmigungsbehörden und Gemeinden<br />

können durch restriktives Planungsrecht oder zumindest eine Sortimentsgliederung<br />

verhindern, dass die zentrenschädigende Wirkung weiter zunimmt.<br />

Zu befürchten ist allerdings, dass durch eine zunehmende europäische Marktliberalisierung<br />

den Erweiterungsanträgen von z. B. Möbelmärkten zu Vollsortimente<br />

bietenden Shoppingcentern entsprochen werden wird. In Russland entwickelt<br />

IKEA vielerorts diese Tandems aus Möbelmärkten und Mega-Malls. Vor<br />

allen Dingen politische Entscheidungsträger sollten diesen Fehlentwicklungen<br />

konsequent entgegentreten.<br />

Wie die Nahversorgung ist die örtliche Gastronomie elementar für einen<br />

lebendigen Ortskern. Nicht nur das Gemeindeleben, sondern auch die Anbindung<br />

„an die Welt“ und das touristische Potenzial hängen von den gastronomischen<br />

Angeboten vor Ort ab. Doch auch hier zeigt sich, dass viele Einrichtungen<br />

aufgegeben werden, da sie sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen.<br />

Als Folge des demografischen Wandels fürchtet der Branchenverband<br />

DEHOGA allein in Hessen ein massives Gasthaussterben: Von derzeit 1.800<br />

meist familiengeführten Gasthäusern werden bis zum Jahr 2020 voraussichtlich<br />

rund 40 % schließen – mit spürbaren negativen Folgen für das Leben einer<br />

Gemeinde.<br />

<strong>Vorab</strong>-<strong>Fassung</strong> - wird durch lektorierte Verison ersetzt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!