Vorab-Fassung
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Drucksache 18/10170 – 64 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />
Bestandssanierung und<br />
Gewerbe ansiedlung als<br />
Hauptaufgaben<br />
73 % der Gemeinden geben an, dass die<br />
Sanierung des Bestands aktuell zu den wichtigen<br />
Aufgaben zählt. Vor allem die Kleinstädte,<br />
Landgemeinden sowie die (stark)<br />
schrumpfenden Gemeinden, sehen hier eine<br />
Hauptaufgabe, während in Mittelstädten<br />
und wirtschaftlich prosperierenden Gemeinden<br />
die Gewerbeansiedlung an Bedeutung<br />
gewinnt. K2<br />
Ortsbild als Standortfaktor<br />
und Identitätsstifter<br />
96 % der Gemeinden erachten das Ortsbild<br />
als (sehr) wichtig für die lokale und regionale<br />
Identität. 95 % der Gemeinden betrachten<br />
es zudem als wichtigen Standortfaktor für das<br />
Wohnen, 69 % meinen dies mit Blick auf die<br />
Wirtschaft. K8<br />
Ortskern nicht mehr überall<br />
zentraler Treffpunkt<br />
Für 23 % der Bevölkerung hat der Ortskern<br />
seine ursprüngliche Bedeutung bereits<br />
erkennbar verloren und nur für 59 % ist er<br />
noch ein zentraler Treffpunkt für Jung und<br />
Alt. Am deutlichsten wird diese Funktion<br />
noch in den Mittelstädten gesehen. B5<br />
Identität für die Nutzergruppen und Einwohner dar und bildet mit der Einbettung<br />
in die umgebende Kulturlandschaft – soweit vorhanden – auch das touristische<br />
Potenzial für Gäste und Besucher.<br />
Bedeutungsverlust und Wiedererfindung Im gesamten Bundesgebiet<br />
wurden in den vergangenen Jahrzehnten Neubaugebiete an Ortskerne angelagert.<br />
Die Konsequenz war bzw. ist vielerorts die Verschiebung und Aufsplitterung<br />
des ehemaligen Zentrums: Familien zieht es in Einfamilienhausgebiete am Rand<br />
des Orts, der Einzelhandel wandert in peripher gelegene Nahversorgungszentren,<br />
die Arbeit in Gewerbegebiete, die Verwaltung in Bürogebäude außerhalb<br />
des Zentrums. Die Ausdünnung der zentralen Nutzungen im Ortskern lässt das<br />
bauliche Gefüge nicht unbehelligt. Ein vermehrter Leerstand der Erdgeschosszonen<br />
oder auch ganzer Gebäude führt zur Ausbreitung von Tristesse im Zentrum<br />
und läutet oft den Verfall der Bausubstanz ein. Fallende Mietpreise ziehen Nutzungen<br />
an, die sich zusätzlich negativ auf das städtebauliche Umfeld auswirken.<br />
Ein allein auf seine bauhistorische Repräsentation reduzierter Ortskern mag<br />
seine identitätsstiftende Rolle eine Weile bewahren, seine Lebendigkeit und<br />
Funktionsfähigkeit aber auf Dauer nicht aufrechterhalten. Damit kommt der<br />
baulichen Restrukturierung des Ortskerns durch Sanierung, Rückbau, Neubau<br />
und Umgestaltung des öffentlichen Raums eine Schlüsselfunktion zu. Eine nach<br />
innen gerichtete Siedlungsentwicklung ist Voraussetzung für die Vitalität des<br />
Ortskerns und der ganzen Gemeinde. In diesem Zusammenhang gilt es, sowohl<br />
den vorhandenen Leerstand zu beheben als auch die Flächenreserven im Siedlungszusammenhang<br />
zu nutzen.<br />
Vor allem die Programmkommunen der Städtebauförderungsprogramme<br />
von Bund und Ländern füllen den Grundsatz der Innenentwicklung mittlerweile<br />
mit Leben. Die bayerische Gemeinde Güntersleben hat ihre Ortskernsanierung<br />
im Programm Städtebaulicher Denkmalschutz in einen integrierten Planungsprozess<br />
mit Bürgerbeteiligung eingebunden und Handlungsfelder wie „Lebendige<br />
Ortsmitte“ und „Ortsbild“ definiert, die in der weiteren Bearbeitung Berücksichtigung<br />
finden. Die 15.000 Einwohner zählende brandenburgische Stadtumbaustadt<br />
Wittstock/Dosse konnte den Leerstand in der historischen Innenstadt von<br />
22 % im Jahr 2003 auf neun Prozent im Jahr 2012 senken, indem sie die kommunalen<br />
Wohnungsunternehmen für die Aktivierung der leerstehenden Altbauten<br />
gewinnen konnte. Eine große Zahl von Gemeinden im bayerischen Landkreis Rhön-<br />
Grabfeld hat ein gemeindeübergreifendes Immobilienportal eingerichtet, das<br />
sowohl für die Altbauten des gesamten Landkreises als auch für die Baulücken<br />
in den jeweiligen Ortskernen wirbt. „Gotha lebt“ heißt die Strategie der Stadt<br />
Gotha in Thüringen, bei der für innerstädtische Grundstücke, die für eine Bebauung<br />
zur Verfügung stehen, beispielhafte Entwürfe von Planern aus der Region<br />
erarbeitet werden. Sie bilden die Grundlage für eine fundierte Beratung und<br />
gezielte Vermittlung an interessierte Bauherren. Auch alle Gemeinden des Baukulturgemeindepreises<br />
Allgäu 2015/16 haben vitale Ortskerne erhalten oder neu<br />
geschaffen und sind als Konsequenz dessen wieder Zuwanderungsgemeinden<br />
geworden. Die Beispiele stehen für viele weitere Gemeinden im Bundesgebiet,<br />
die – über entsprechende Förderprogramme oder aber in Eigeninitiative – den<br />
Ortskern in den Fokus ihrer Aktivitäten stellen. Übergeordnetes Ziel ist stets,<br />
Interesse, Neugier und Begeisterung in der Bevölkerung für das Leben und Wohnen<br />
in der Ortsmitte und für das „Innenleben“ der Ortschaften zu schaffen.<br />
<strong>Vorab</strong>-<strong>Fassung</strong> - wird durch lektorierte Verison ersetzt.