Vorab-Fassung
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Drucksache 18/10170 – 80 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />
Touristen übernachten selten<br />
Der Tagestourismus hat deutlich mehr<br />
Gewicht als der Übernachtungstourismus:<br />
Durchschnittlich rund 75 % der Gemeinden<br />
profitieren von Tagesbesuchern, rund<br />
55 % von Übernachtungsgästen. Nur in Landgemeinden<br />
ist das Verhältnis ausgewogen:<br />
58 % der Landgemeinden haben Tagesbesucher,<br />
53 % verzeichnen Übernachtungsgäste.<br />
K11a<br />
Zweit- und Ferienwohnungen in<br />
Kleinstädten<br />
In 22 % der Landgemeinden, 27 % der Kleinstädte<br />
und 20 % der Mittelstädte haben<br />
Zweit- und Ferienwohnsitze einen nennenswerten<br />
Anteil im Ort. Mit 43 % sind es vor<br />
allem Kleinstädte in der Peripherie, deren<br />
Wohnungsmarkt stark von Zweit- und<br />
Ferienwohnsitzen mitbestimmt wird. K12<br />
macht sich Tourismus zum Beispiel dann bemerkbar, wenn in touristischen Zentren<br />
kaum noch bezahlbarer Wohnraum zu finden ist und das Preisniveau zur<br />
Verdrängung von Alltagsnutzungen führt. Das baukulturell oftmals hochwertige<br />
Ortsbild wird dann zur leeren Kulisse. Gemeinden können mit einer Fremdenverkehrssatzung<br />
nach § 22 BauGB Gebiete räumlich festlegen, in denen die Funktion<br />
des Ortes als Fremdenverkehrsgebiet gesichert werden soll, ohne dass die örtliche<br />
Wohnraumversorgung der Bevölkerung dadurch beeinträchtigt wird.<br />
Ohnehin sollte es Ziel sein, dass die lokale Bevölkerung einen Wert aus dem<br />
Tourismus zieht, nicht nur durch Arbeitsplätze sondern auch durch die Aufwertung<br />
ihrer gebauten Umwelt. Hotels, Gasthöfe und Pensionen können wichtige<br />
Funktionen für die Gemeinde und die Bevölkerung übernehmen. Gastronomische<br />
Angebote einschließlich der Vorhaltung eines Festsaals für Familienfeiern bereichern<br />
das lokale Nutzungsangebot und wären oftmals ohne den Tourismus<br />
nicht rentabel. In ortsbildprägenden Gebäuden untergebracht, dient ein guter<br />
Erhaltungszustand der Bausubstanz dabei nicht nur dem Geschäftsinteresse,<br />
sondern wirkt sich darüber hinaus auf Repräsentativität und Attraktivität des<br />
Erscheinungsbildes der Gemeinde aus.<br />
Fernab der typischen Urlaubsregionen kann touristische Nachfrage zum<br />
Rettungsanker für die Baukultur vor Ort werden. In Regionen, die von starken<br />
Bevölkerungsrückgängen gekennzeichnet sind, gleichzeitig aber über historisch<br />
wertvolle Bausubstanz verfügen, zählt die Vermarktung von Leerstand als Zweitund<br />
Ferienwohnungen zu den gängigen kommunalen Strategien. Damit besteht<br />
zwar die Gefahr, dass Potemkinsche Dörfer entstehen, doch beinhaltet die<br />
Nutzung der Leerstände als Feriensitz zumindest die Chance, schützenswerte<br />
oder denkmalgeschützte Bausubstanz vor dem Verfall oder Abriss zu bewahren.<br />
Die hessische Gemeinde Wanfried konnte beispielsweise einen Teil ihrer Fachwerkbestände<br />
durch das Engagement von privaten Investoren aus den Niederlanden<br />
retten. Der zunehmend multilokale Lebensstil einiger Bevölkerungsgruppen<br />
kann vor allem im weiteren Umfeld von Metropolen zu einer Chance für<br />
Gemeinden werden – aber nur wenn die Attraktivität auch im baukulturellen<br />
Sinne gegeben ist. Touristen und Wochenendausflügler suchen vitale Gemeinden,<br />
in deren lokalspezifisches Leben sie temporär eintauchen können. Gastronomische<br />
Besonderheiten einer Region sind besonders gefragt und auch<br />
geeignet, Besucher an die Orte zu binden. Die regionale Selbstvermarktung von<br />
Bauernhöfen, der Honig vom heimischen Imker, die frische Milch und der Käse<br />
aus der Schaukäserei und die gesamte bayerische Küche locken zahlreiche<br />
Besucher in die Urlaubsregionen Bayerns. Aber auch die Weinregionen setzen<br />
neben ihrer baukulturellen Qualitäten stark auf ihr kulinarisches Potenzial.<br />
Egal, welcher Tourismus sich für eine Gemeinde, eine Region eignet: Immer<br />
ist Voraussetzung, dass es eine meist baulich wahrnehmbare Attraktion gibt.<br />
Das ist das, was man seinen Gästen zeigt und was für die Bewohner selbst die<br />
Identität ihres Ortes bildet. Baukultur ist somit auch Bürgerstolz auf den eigenen<br />
Ort und wichtige Voraussetzung für bürgerliches Engagement.<br />
Fazit: Baukultur als Schlüssel für eine vitale Gemeinde<br />
Die verschiedenen Regionen Deutschlands weisen erhebliche wirtschaftliche,<br />
soziale und kulturelle Unterschiede auf. Die lokale Identität manifestiert sich<br />
darüber hinaus oftmals jenseits von statistisch erfassbaren Größen. Das Lokal-<br />
<strong>Vorab</strong>-<strong>Fassung</strong> - wird durch lektorierte Verison ersetzt.